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Kein trauriger Saitenquäler

Christoph Weiherer will unterhalten und mit seinen Lieder die Welt ein kleines bisschen verändern.

Christoph Weiherer will unterhalten und mit seinen Lieder die Welt ein kleines bisschen verändern.

Von Redaktion idowa

"Viele Leut' meinen, dass ich kurz vorm Selbstmord steh'", sagt Christoph Weiherer. Der junge bayerische Liedermacher starrt aus dem Zugfenster auf die vorbei wischenden Laubbäume. Dann grinst er. "Das ist natürlich Schmarrn." Wer Weiherer munter erzählen hört und lachen sieht, merkt schnell, dass ihm Selbstmord etwa so nah steht, wie dem Teufel der Rosenkranz. Aber er wird darauf angesprochen. Weil er, wie es sich für einen Liedermacher geziemt, oft ernste und kritische Texte singt. "Aber g'rad deswegen bin ich ja glücklich. Ich schreib' alles raus."

Unterhalten = Welt verändern
Warum wird nun ein junger, bühnentauglicher Musiker Liedermacher? Warum nicht Popstar, Rockstar oder Mitglied einer Coverband? Weiherer wiegt den Kopf hin und her. Ja, es sei schwierig geworden. "Liedermacherei ist aus den Medien verschwunden. Protest ist aus den Medien verschwunden. Kritische Meinungen sind nicht mehr gefragt." Aha. Warum ist er dann, was er ist? "Lieder machen ist mein Handwerk. Und ich mache es mit Herz und Seele - nicht unter Zwang."

Und will er als Liedermacher auch die Welt verändern? "Ja. Aber ich bin relativ schnell draufgekommen, dass ich nicht die ganze Welt ändern kann. Also ist mein erstes Begehr, die Leute zu unterhalten." Denn mit Unterhaltung könne er die Welt verändern. Er will keine fliegenden BHs, keine kreischenden Groupies, nein. Er will gut unterhaltene, glückliche Zuhörer, die nach seinem Konzert nachdenken und etwas ändern. Und sei es sich selbst und ihre (Gedanken)-Welt. "Vielleicht isst einer dann am Sonntag mal eine Kartoffelsuppe und keinen Schweinebraten. Oder vielleicht geht einer mal kurze Strecken zu Fuß und fährt nicht mit dem Auto."

Ein Zwitter und das Chaos
Eigentlich ist er ein Zwitterwesen, erklärt Weiherer. "Ich gehöre nämlich beiden Szenen an und bin in beiden eine Ausnahme." Er sei einer der jungen Generation (Liedermaching), aber er singe nicht übers Kiffen oder über Trinkgelage. Andererseits sei er natürlich Liedermacher. "Aber nicht verbissen und ohne erhobenen Zeigefinger." Solche Zwitter, sagt Weiherer, gebe es mehrere. Zum Beispiel Rüdiger Bierhorst, der unter anderem Bandmitglied der "Monsters of Liedermaching" ist.

Außerdem ist er wohl ein Zwitter, weil er zwischen meistens ernsten Liedern witzige Geschichten erzählt, bei denen seine Zuhörer schon mal Tränen lachen. Zum Beispiel erklärt er, wie man sich für die Verspätung der Bahn selbst entschädigen kann. "Bringt ein bisschen Chaos in die Welt, das macht Spaß", sagt er am Ende. Chaos, das ist kein Punkprivileg? Chaos, das ist Spaß? Weiherer nickt und sieht wieder aus dem Fenster. Die Bäume sind weg, stattdessen rattert der Zug an weiten Feldern vorbei. "Chaos ist immer spontan. Also witzig. Jemand, der seine Socken nicht findet, kann furchtbar witzig sein."

Nervös?

Bald muss Weiherer nun auf die Bühne. Ist er nervös? Ist ihm schlecht? Schwitzt er wenigstens ein bisschen? "Ich bin nie nervös." Weiherer zieht seine braune Jacke an und grinst. "Na ja, fast nie. Die Bühne fällt mir nicht schwer."

Dort steht er dann und erzählt lustige Geschichten und spielt kritische Lieder. Es scheint fast, als schüttle er sich alles einfach aus dem Handgelenk. Nein, Weiherer schüttelt seine langen, blonden Haare. "Falsch. Das kommt alles mit der Erfahrung. Mit sieben Jahren Erfahrung." Früher, beim Erfahrungen sammeln, da musste er schon auch mal schlechte Lieder spielen. "Weil ich keine guten mehr hatte", sagt er ganz offen und grinst wieder. Klar grinst er, schließlich hat sich das nach sieben Jahren "ganz natürlich geändert und entwickelt."

Und weil Weiherer eine Frohnatur mit Witz und Charme ist, beantwortet er auch ungewöhnliche Fragen, wie: "Mit wem würdest du gern wippen?" Der junge Liedermacher überlegt kurz, dann lächelt er. Mit Karl Valentin. "Weil er so lange Hax'n hatte und so lustig war. Der würd' gleich einen Sketch daraus machen."

Veranstaltungshinweis:

Wer Christoph mal live sehen möchte, sollte sich am 27. November ab 21 Uhr im Sommerkeller in Straubing einfinden. Dort könnt ihr selber entscheiden, ober Liedermacherei oder Liedermaching.

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