KI-Update

Künstliche Intelligenz schadet der Musikindustrie

Für viele Musiker ist es schwer genug, mit Streaming Geld zu verdienen. KI auf Spotify und Co. sorgt nur für neue Probleme und verschlimmert alte.

Musik vom Roboter komponiert? Das ist keine Science-Fiction mehr.

Musik vom Roboter komponiert? Das ist keine Science-Fiction mehr.

Deine Lieblingsband hat ein neues Lied und du findest es ziemlich schlecht? Keine Sorge, vielleicht stammt der Song gar nicht wirklich von ihr. Der Vormarsch von künstlicher Intelligenz sorgt auch auf Streaming-Diensten wie Spotify für Probleme – und raubt vor allem Ressourcen von kleinen Künstlern, die von den Plattformen eh kaum bezahlt werden.

KI-Songs fluten die Accounts von Künstlern

Aufmerksamkeit für seine Musik zu generieren ist auf Spotify das Wichtigste. Doch aktuell werden die Streaming-Services mit schnell hergestellter KI-Kunst überflutet, die vielleicht im Hintergrund nett klingt, aber bei genauerem Hinhören schlecht produziert und geschrieben ist. Oft landen diese Songs auf den Profilen von echten Künstlern: Denn es ist überraschend leicht, über Plattformen wie „Distro Kid“ Musik auf Accounts zu veröffentlichen, mit denen man eigentlich nichts zu tun hat. Der Ersteller eines KI-Songs kann danach für sich werben, indem er sich als zusätzlichen Künstler markiert. Vor allem kleinere oder verstorbene Musiker können sich schwer gegen solche Aktionen wehren.

Spotify geht gegen solche fragwürdigen Songs nur vor, wenn der echte Künstler den Dienst dazu zwingt. So beschwerte sich zum Beispiel der Bassist des Neo-Soul-Quartetts „Haitus Kaiyote“, dass es viele Wochen Arbeit und ein virales, wütendes TikTok gebraucht hat, bis ein KI-Song von dem Profil eines seiner Nebenprojekte verschwunden ist.

Spotify stört sich wohl nicht an KI-Kunst

Warum hat Spotify aber kein Problem damit, dass ihre Plattform mit KI-Musik zugemüllt wird? Ein möglicher Grund: Viele Kunden hören nicht mehr bewusst Lieder, sondern suchen nur eine Playlist mit einem bestimmten Vibe. Und das kann KI gut: Musik mit einer bestimmten Stimmung en masse produzieren und billiges Playlist-Futter schaffen. Das führte dazu, dass die KI-Band „The Velvet Sundown“ Millionen Klicks sammeln konnte und Schlagzeilen machte. Denn: Werbematerial, Albumcover und auch die Musik sind nur vom Algorithmus erstellt. Der Hörer bemerkt das kaum, denn Spotify markiert nicht, was KI-generiert ist.

Viele Künstler probieren auch die Möglichkeiten von KI aus

KI in der Musikindustrie ist nichts Neues. Etliche Künstler nutzen sie auf unterschiedliche Weisen: Hip-Hop-Produzent The Alchemist, R&B-Sängerin Erykah Badu, oder auch Pop-Star Kesha bauten damit Albencover und Musikvideos. Als das aufflog, haben sich alle drei dafür entschuldigt.

Auch im K-Pop wird KI genutzt: Das Quartett Blackpink veröffentlichte zum Beispiel vor Kurzem das Musikvideo zu ihrem Song „Jump“. Vieles darin bewegt sich auf unecht wirkende Weise, der Hintergrund ist ein verschmiertes Großstadt-Chaos.

Andere Künstler gehen noch weiter: Der Produzent Timbaland, der viele Hits für Justin Timberlake oder Nelly Furtado mitschrieb, eröffnete sein eigenes KI-Label. Er schwört auf das Programm „Suno AI“, das in der Kritik steht, weil die Macher für ihre Trainingsdaten urheberrechtlich geschütztes Material benutzt haben sollen. Und er kündigte bereits eine Sängerin namens TaTa an, bei der alle Elemente von KI erstellt wurden. Damit ist er nicht allein: Auch der US-Rapper Gunna sagte in Interviews, einen KI-Künstler unter Vertrag nehmen zu wollen.

Der Produzent Timbaland schwört auf KI und nahm schon seine erste künstliche Künstlerin, Tata, unter Vertrag.

Der Produzent Timbaland schwört auf KI und nahm schon seine erste künstliche Künstlerin, Tata, unter Vertrag.

In bestimmten Genres kann man bereits sehen, wie menschliche Künstler ersetzt werden. Zum Beispiel: Lo-Fi-Musik. Das Genre ist bekannt für entspannte Beats, die gut als Hintergrundmusik passen, zum Beispiel beim Lernen für die Schule.

Manche Musikrichtungen leiden mehr unter KI-Kunst

Da Lo-Fi-Songs oft einen eher simplen Aufbau haben und kaum aktives Zuhören verlangen, lässt sich der Sound leicht mit KI nachmachen. Die Musik-Website „Pitchfork“ sprach für eine Reportage mit zahlreichen Musikern, die mit diesem Stil arbeiten: Viele berichten, dass sie durch künstliche Intelligenz weniger Geld verdienen und viele Aufträge verloren haben. Währendessen kritisieren auch Fans, dass Lo-Fi-Musik im Internet deutlich seelenloser wird.

KI wird wohl immer schlauer und früher oder später auch andere Musikrichtungen problemlos kopieren können. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ein algorithmus-gesteuerter Musiker einen großen Radio-Hit erzielt. In dieser Hinsicht haben Timbaland und ähnlich denkende Musiker vermutlich recht, vor allem solange KI-generierte Songs nicht als solche markiert werden müssen.

Ob die Technologie allerdings wirklich nachhaltig Hits produzieren kann? Aktuell überflutet sie nur Streaming-Anbieter mit billigen Liedern. Kritiker befürchten, dass Musik dadurch noch mehr an Wert verliert und es unmöglich wird, mit ihr Geld zu verdienen. Musiker, die jetzt KI als die Zukunft anpreisen, könnten sich damit selbst überflüssig machen.

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