Leben retten
Stabile Seitenlange, Wiederbelebung: Was bei einem Notfall zu tun ist
Situation 1: Verletzt, bei Bewusstsein
Wenn ein Verletzter ansprechbar ist und normal atmet, frage ihn, was passiert ist, wo er Schmerzen hat und wie stark sie sind. Bis die Rettungskräfte da sind, bleibst du bei der verletzten Person. Beruhige und versorge sie, wenn nötig. Markus Wolkner rät, sich dem Verletzten auch selbst vorzustellen, das schaffe Vertrauen und könne beruhigen. „Im normalen Leben stellt man sich ja auch erst einmal vor“, sagt der 52-Jährige. Dann rufst du den Notruf. Wenn der Rettungsdienst übernommen hat, kannst du fragen, ob du noch helfen kannst.
Situation 2: Bewusstlos, aber atmet
Was aber, wenn jemand vor deinen Augen zusammenbricht oder bereits auf dem Boden liegt und nicht reagiert? Sprich die Person als Erstes laut an und rüttle sie an den Schultern. Wenn derjenige immer noch nicht reagiert, ist er bewusstlos. Dann ist es entscheidend, die Atmung zu kontrollieren. „Hier gilt: sehen, hören, fühlen“, sagt Wolkner. Den Atem kannst du an der Nase oder am Mund hören und fühlen. Sehen kannst du ihn außerdem an Wange und Bauch. Überprüfe die Atmung fünf bis zehn Sekunden. Wenn die Person atmet, rufst du den Rettungsdienst und legst den Bewusstlosen in die stabile Seitenlage. Auch in einer solchen Situation bleibst du bei dem Verletzten und wartest, bis die Rettungskräfte eintreffen.

Kevin Ciosk (links), VectorStock/Imago
Notfallsanitäter Markus Wolkner rät, sich als Ersthelfer selbst Hilfe zu suchen. Vor allem wenn man eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen muss, braucht es Unterstützung.
Situation 3: Bewusstlos, atmet nicht
Wenn jemand bewusstlos ist und du festgestellt hast, dass er oder sie nicht mehr atmet, rufst du sofort den Notruf. Das ist wichtig, damit keine Zeit verloren geht. Danach beginnst du mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung. Die ist für den Verletzten überlebenswichtig, wird mit der Zeit aber sehr anstrengend für denjenigen, der sie durchführt. Und auch wenn die Rettungskräfte ihr Bestes geben, um so schnell wie möglich da zu sein, dauert es oft trotzdem mehrere Minuten, bis sie eintreffen. In einem solchen Fall ist es besonders wichtig, dass du dir Hilfe holst, damit dich jemand bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung ablösen kann. „Man sollte die Frage nach Hilfe nicht an eine Gruppe richten, da sich Menschen dann weniger angesprochen fühlen“, sagt Markus Wolkner. Stattdessen rät er, Leute direkt einzeln anzusprechen. Während du den Notruf wählst, kann jemand anderes zum Beispiel mit der Wiederbelebung beginnen. Vor allem beim Alarmieren der Rettungskräfte würden oft ungenaue Angaben gemacht oder aufgelegt werden, obwohl die Leitstelle noch Informationen braucht. Das kostet wertvolle Zeit, sagt der Notfallsanitäter.
Zwei wichtige Techniken
Notfallsanitäter Markus Wolkner mahnt, dass die richtige Technik zur Wiederbelebung nur in einem Erste-Hilfe-Kurs erlernt werden kann. Er empfiehlt, mehrere Kurse zu besuchen, denn das Gelernte würde sonst vergessen.
Stabile Seitenlage
Bewusstlose könnten an ihrer Zunge, Blut oder Erbrochenem ersticken. Damit das nicht passiert, müssen sie in die stabile Seitenlage gebracht werden. So gelingt das: Wenn die Person auf dem Rücken liegt, kniest du dich neben sie. Den nahen Arm der bewusstlosen Person winkelst du so an, dass die Handfläche nach oben zeigt. Den fernen Arm kreuzt du vor der Brust und legst die Hand an die nahe Wange. Dann greifst du den fernen Oberschenkel, beugst das Bein und ziehst die Person zu dir rüber. Das obere Bein sollte an Knie und Hüfte rechtwinklig gebeugt sein. Dann öffnest du den Mund der bewusstlosen Person und überstreckst den Kopf.
Wiederbelebung
Für die Herz-Lungen-Wiederbelebung sollte der Bewusstlose mit freiem Oberkörper auf festem Untergrund liegen. Du kniest dich daneben. Dann legst du beide Hände übereinander mittig ins untere Drittel des Brustkorbes. Deine Schultern sollten über dem Brustkorb des Bewusstlosen sein. Du drückst den Brustkorb fünf bis sechs Zentimeter nach unten, etwa 100-mal pro Minute, also etwa zweimal pro Sekunde. Nach jedem Drücken musst du den Brustkorb vollständig entlasten, aber ohne deine Hände zu lösen, damit sich das Herz mit Blut füllen kann, erklärt Markus Wolkner.
„Der Patient kann ohne Sauerstoff nicht überleben“, sagt der Notfallsanitäter. Deshalb musst du zusätzlich beatmen, per Mund-zu-Mund oder per Mund-zu-Nase. Mund oder Nase – wodurch du nicht beatmest – hältst du zu, sonst entweicht die Luft wieder. Nach 30-mal Drücken, beatmest du zweimal. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist wichtig, dass vor der Wiederbelebung fünfmal beatmet und danach nochmals der Atem kontrolliert wird. Danach beginnst du mit der Wiederbelebung. Egal, bei wem, du drückst, solange bis deutliche Lebenszeichen zu erkennen sind oder der Rettungsdienst eintrifft. Die Wiederbelebung sollte niemals unterbrochen werden.
Was bei einem Notfall immer gilt
Jeder Notfall ist anders, aber ein paar Dinge solltest du immer beachten, erklärt Sanitäter Markus Wolkner:
- Verschaffe dir einen Überblick: Ist die Unfallstelle sicher? Wie viele Menschen sind verletzt?
- Bring dich nicht selbst in Gefahr: Wenn du dich beim Retten verletzt, kannst du niemandem mehr helfen.
- Bleib ruhig: „Es ist immer sehr komisch, den Leuten das zu raten, denn Ersthelfer haben keine Ruhe“, sagt Markus Wolkner. Viele hätten Angst, etwas falsch zu machen. Der Notfallsanitäter empfiehlt deshalb, kurz bewusst durchzuatmen.
- Telefoniere richtig: Die europaweite Notrufnummer ist die 112. Zuerst nennst du deinen Namen und wo du gerade bist. Danach sind folgende Fragen zu beantworten: Was ist passiert? Wie viele Personen sind betroffen? Welche Verletzungen liegen vor? Nenne deine Telefonnummer und lege nicht auf – die Leitstelle stellt dir Fragen und beendet das Gespräch.
- Hol dir Hilfe: Markus Wolkner rät, andere Passanten direkt anzusprechen. Denn als Ersthelfer wird man Unterstützung benötigen, bis die Rettungskräfte da sind.
- Schick einen Einweiser: Das ist jemand, der die Rettungskräfte zur Stelle lotsen kann, wo der Notfall ist.
- Denk mit: Wenn es zum Beispiel kalt ist und ein Verletzter auf der Straße liegt, deck die Person zu und halte sie warm.
- Du bist verpflichtet, zu helfen: Wer einem Verletzten nicht hilft, macht sich strafbar.
- Hab ein Herz für Retter: Und zwar nicht nur als Ersthelfer, sondern immer. Markus Wolkner und seine Kollegen seien schon öfter bei der Arbeit angegangen worden. „Dabei wollen wir nur helfen.“











