Kurzgeschichte

In „Urlaubs(un)einigkeit“ ist die Zeit am Strand nicht so entspannt

Die Kurzgeschichte „Urlaubs(un)einigkeit“ unserer Freischreiben-Autorin Stefanie Schambeck beschreibt eine Situation, durch die der Sommer-Trip auch mal echt anstrengend werden kann.

Die Kurzgeschichte „Urlaubs(un)einigkeit“ unserer Freischreiben-Autorin Stefanie Schambeck beschreibt eine Situation, durch die der Sommer-Trip auch mal echt anstrengend werden kann.

Die Kurzgeschichte „Urlaubs(un)einigkeit“ unserer Freischreiben-Autorin Stefanie Schambeck beschreibt eine Situation, durch die der Sommer-Trip auch mal echt anstrengend werden kann.

Die Sonne brannte auf den kleinen Strandabschnitt. Selbst im Schatten war es so drückend, dass die einzig mögliche Tätigkeit war, mit mindestens einem Kilogramm Sonnencreme auf der Haut dösend da zu liegen.

Ich hätte mich in den kühleren Indoor-Poolbereich des Hotels zurückziehen können, doch ich liebte das Rauschen der Wellen viel zu sehr. Konnte mich nicht an dem Geräusch satthören, das sich wie ein beruhigender Teppich über den Körper legte. Maren war es bereits nach einer halben Stunde zu viel geworden, woraufhin sie nach drinnen verschwunden war.

Ihre Eltern verbrachten den diesjährigen Urlaub an der italienischen Küste, und weil sie uns beiden eine Freude machen wollten, hatten sie mich eingeladen, sie zu begleiten. Voller Vorfreude hatten wir uns sogleich in die Planung gestürzt, wobei die nur aus zwei Punkten bestand: faul am Strand liegen und Eis essen.

Maren und ich waren seit der Grundschule befreundet und ein unzertrennliches Duo – bis Maren irgendwie ... komisch geworden war. Seit Kurzem interessierte sie sich viel mehr für Beautyvideos statt Kinofilme oder Festivals statt Zeltpartys. Nichts schien ihr mehr gut genug, an allem hatte sie was zu meckern. Das sollte unser Mega-Urlaub werden, stattdessen war es ihr abwechselnd zu heiß, zu schattig, zu windig, zu langweilig, zu laut, zu leise.

Ihre Eltern machten heute einen Ausflug in einen nahegelegenen Ort. Sie hätten uns mitgenommen. Wir wären schön Essen gegangen und hätten das Dorf erkundet, was mir sehr gefallen hätte – doch Maren schmollte, weil sie viel lieber in eine größere Stadt hätte fahren wollen. Der Ort sei „hinterwäldlerisch“ und langweilig und sie hatte das Angebot entschieden abgelehnt. Da es mir komisch vorgekommen wäre, alleine mit ihren Eltern in dem Dorf herumzulaufen, hatte ich also ebenfalls kapituliert.

Zu Beginn des Urlaubs hatte ich ihre Stimmungsschwankungen noch halbwegs ertragen, doch als sie sich beschwerte, dass ihr Cocktail mit zu wenig Eiswürfeln gefüllt war, war es mir zu bunt geworden. Was zur Folge hatte, dass ich jetzt alleine am Strand lag, während Maren entweder am Hotelzimmer fernsah oder sich im Spa herumtrieb.

Ich warf einen Blick auf die Uhr. Ich seufzte. Ich sollte aufs Zimmer gehen, mich duschen und umziehen, bevor es Zeit fürs Abendessen war. Warum rauschte die Zeit im Urlaub nur so dahin? Schwerfällig erhob ich mich, packte Strandtuch, Buch und Handy in meine Tasche und schlurfte in meinen Flip-Flops zu unserem Zimmer.

Dort lag Maren, alle viere von sich gestreckt, mit einer lächerlichen Tuchmaske im Gesicht auf dem Bett.
„Da bist du ja endlich“, war der Kommentar zur Begrüßung.
„Am Strand war es sehr schön. Komm doch morgen mit“, überging ich ihren Tadel. „Kann ich schnell duschen?“
„Ich habe eine Maske im Haar, die muss runter. Aber ich beeile mich.“

Ich öffnete den Mund, doch brachte nur ein kurzes „Okay“ heraus. Geben und Nehmen. So sollte es im Urlaub laufen. Eigenartigerweise wusste Maren ständig einen Vorwand, um zuerst ins Bad zu können.

Maren unterbrach meine Gedanken: „Morgen können wir in die Stadt gehen. Ich habe gegoogelt, es gibt ein paar nette Läden ...“
„Ehrlich gesagt würde ich lieber ...“
Sie redete einfach weiter: „Und ein süßes Café mit hausgemachten Törtchen. Bestimmt mega für Fotos.“

Ich atmete tief durch. „Wir haben doch noch vier Tage, wir können immer noch in die Stadt gehen. Morgen gäbe es einen Schnorchel-Kurs am Strand.“
Maren zog eine Schnute. „Aber das ist doch unser Urlaub und wir haben noch fast nichts erlebt.“
So viel zum Thema faul sein und Eis essen. „Komm doch mit zum Strand“, versuchte ich es erneut.
Maren zog ihre Tuchmaske vom Gesicht. „Komm doch du mit in die Stadt.“

Hinterher konnte ich nicht mehr sagen, was es war, dass bei mir den Schalter umlegte, doch ich hatte genug von ihrer egoistischen Art. Eigentlich hasste ich ja Streit.
„Ich habe keine Lust mehr, Maren. Seit dem ersten Tag treibst du quer und bist mies gelaunt. Wir haben nur gemacht, was du wolltest. Ich möchte morgen gerne an den Strand und diesen Kurs mitmachen.“

Mit großen Augen sah sie mich an, bevor sie die Augen verengte. „Gut, ich gehe in die Stadt“, warf sie mir patzig entgegen.
Sie rauschte an mir vorbei ins Bad.

Der restliche Abend verlief frostig. Selbst ihre Eltern versuchten zu schlichten, doch ohne Erfolg. Nach dem Abendessen verschwand Maren sogar einfach. Ich verdrängte mein schlechtes Gewissen und folgte dem fackelbeleuchteten Weg zum Strand. Selbst zu der späteren Uhrzeit war es noch recht schwül.

Vereinzelt gingen Menschen spazieren oder genossen die laue Brise auf Strandtüchern. Ich schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Auch wenn sich Maren danebenbenommen hatte, tat es mir leid. Würde es von nun an immer so sein? Würde das das nahende Ende unserer Freundschaft sein? Meine Augen begannen zu brennen.

„Hey“, erklang es plötzlich neben mir, woraufhin ich zusammenzuckte.
„Hey“, gab ich langsam zurück.
Es entstand eine Pause.
Maren malte mit dem Zeh ein Herz in den Sand.
„Sorry.“
Ich schwieg.
„Oh man, du weißt, ich bin nicht so gut im Entschuldigen.“
„Ich weiß.“
Wieder eine Pause.

„Aaalso ... ich hätte nicht so egoistisch sein sollen. Jeder will andere Sachen machen und das ist auch voll okay. Man muss sich zusammentun, denn gemeinsam ist es doch eh am schönsten, oder?“
Zwei Sekunden ließ ich sie schmoren, bevor ich ihr erleichtert und glücklich um den Hals fiel.

Folgen Sie Themen dieses Artikels:

Alle Artikel zu gefolgten Themen und Autoren finden Sie bei mein Idowa

Kommentare


Neueste zuerst Älteste zuerst Beliebteste zuerst
alle Leser-Kommentare anzeigen
Leser-Kommentare ausblenden

Dieser Artikel wurde noch nicht kommentiert.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.