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Sechzigs Achter-Ärger: Köllner kritisiert Gorenzel wegen Holzhauser-Deal

Der nicht enden wollende Transfer-Krimi um einen "Qualitätsspieler" fürs Mittelfeld hat beim TSV 1860 eine neue Stufe erreicht. Trainer Köllner hat das Warten satt und geht indirekt Sportchef Gorenzel an


Zwischentöne vor dem Rückrundenstart: Sechzig-Trainer Köllner (li.) beanstandet die ausstehende Verstärkung, Gorenzel lässt das unkommentiert.

Zwischentöne vor dem Rückrundenstart: Sechzig-Trainer Köllner (li.) beanstandet die ausstehende Verstärkung, Gorenzel lässt das unkommentiert.

Von Ruben Stark

Es war kurz nach 10 Uhr am Dienstagvormittag. Michael Köllner hatte an einem kleinen, braunen Tisch Platz genommen nahe dem Abfluggate 14 in Antalya. Hinter ihm an der Wand war Werbung für Fast Food zu sehen. Es war der Moment, als der Coach des TSV 1860 die Trainingslagerwoche zusammenfassen sollte.

Natürlich war dabei auch das Transfer-Hickhack um Raphael Holzhauser ein Thema. Und dieses Hin und Her fällt definitiv in den Bereich Slow Food. Etwas für Leute ohne Eile, bei denen das Essen warten kann.

Köllner aber wäre Fast Food in Transferdingen lieber - und wurde ungehalten, weil das Achter-Problem, schon im Sommer identifiziert worden war, aber bis heute nicht gelöst ist. "Wir haben angeblich Geld für einen Transfer und dann bringe ich den Transfer nicht über die Bühne", klagte der 53-Jährige.

"Katastrophe": Das öffentliche Hickhack um Holzhauser hat laut Köllner dem Klub geschadet.

"Katastrophe": Das öffentliche Hickhack um Holzhauser hat laut Köllner dem Klub geschadet.

Der Löwen-Coach hält es für eine "Katastrophe", dass der Name Holzhauser früh an die Öffentlichkeit gelangte. Das habe "unheimlich geschadet." Zusätzlich ist er die ewigen Ankündigungen leid. "Es hieß, wir schaffen das bis zum Trainingslager. Jetzt ist das Trainingslager zu Ende und der Mister X ist nicht da", monierte der Coach und wirkte genervt.

Sechzigs Achter-Ärger!

Eineinhalb Tage zuvor hatte Sportchef Günther Gorenzel im Teamhotel wortreich erklärt, dass aus Löwen-Sicht alle Hausaufgaben erfüllt und von der anderen Partei schriftliche Zusagen nicht eingehalten worden seien. Für Köllner alles unerheblich. Stattdessen macht er nun Gorenzel Druck: "Wir können sagen, das können wir bis zum Sommer so weiter betreiben. Okay. Das heißt aber für mich, die Wahrscheinlichkeit, dass wir unter den ersten Drei dabei sind, ist nicht auf null, aber deutlich geringer."

Wenige Tage vor dem Auftakt bei Waldhof Mannheim am Samstag kommt es so zur offenen Konfrontation mit Gorenzel, in dessen Menü-Zuständigkeitsbereich dieser Komplex fällt und der auch ohne Neuerwerbung die Aufstiegsrezeptur im Team erkennt. Köllner aber sieht die Achter-Position als nicht ausreichend bestückt an, um als klarer Aufstiegskandidat zu gelten. "Wir wollten im Sommer einen Achter verpflichten und haben das verschoben. Jetzt haben wir Winter und der Achter ist immer noch nicht da. Auf der Position fehlt ein Qualitätsspieler", machte Köllner deutlich.

Was das vorhandene Achter-Personal von solchen Aussagen hält? Schließlich spricht Köllner seinen Spielern - ob er will oder nicht - ein Stück weit das Vermögen ab. Bei Martin Kobylanski ("Wird die Belastung spüren") sieht der Trainer trotz Extraschichten gewisse Fitness-Faktoren, Marius Wörl ("Legen einem 18-Jährigen diese Last auf die Schulter") fängt gerade an, im Profibusiness Fuß zu fassen, und Erik Tallig ("Kommt eher von außen") sieht er nicht zwingend im Zentrum. "Wir haben schon eine gute Mannschaft, keine Frage, wir haben eine Mannschaft, die talentiert ist", sagte der Coach. Nur: "Wenn du deine Kaderaufgaben nicht erfüllt hast, dann zu sagen, wir sind ein sicherer Aufsteiger - das sehe ich schon ein bissl weit hergeholt."

Der 53-Jährige hat erkennbar keine Lust darauf, dass er den Kopf für Dinge hinhält, die er angemahnt hat, die aber nicht bereinigt wurden. Oder sucht er nach einem Alibi für den Fall, dass es schiefgeht? "Was wird es heißen, wenn wir am Ende Vierter werden? Ja, der Trainer hat es verbockt", sagte Köllner.

Der Trainer - das gehört zur Wahrheit - ist aber schon auch gefordert, das Beste aus den sich bietenden Möglichkeiten zu machen. Und die sind so schlecht nicht - siehe Sechzigs Siegesserie zu Saisonbeginn.

Was Gorenzel von den Bemerkungen seines Trainers hält, behielt er gestern lieber für sich. "Kein Kommentar", sagte er zur AZ nach der Landung in München. Dass es so brodelt bei Sechzig, noch bevor der Ligaernst wieder begonnen hat, zeigt, um wie viel es geht bis zum 38. Spieltag. Und es zeigt auch, dass die in der Türkei tagelang beschworene Einheit bei den Löwen keineswegs schon hergestellt ist - jedenfalls nicht auf allen Ebenen.