Gäubodenvolksfest

Der Weg ins Volksfestglück: Willkommen "Zug-Groaste"


Jedes Jahr strömen die Volksfestgäste in Scharen vom Bahnhof zum Gäubodenvolksfest.

Jedes Jahr strömen die Volksfestgäste in Scharen vom Bahnhof zum Gäubodenvolksfest.

Jahr für Jahr kommen die Besucher aus Neufahrn, Regensburg, Deggendorf und Passau - ja bis aus München und dem nichtbayerischen Ausland - per Bahn nach Straubing. Als langjährige Berufspendlerin weiß ich: Die elf Tage im Jahr braucht man viel Humor am Straubinger Bahnhof, sehr viel Humor!

In Heerscharen streben die Volksfestgäste jedes Jahr die Route den Wegweiser-Bickerln am Boden entlang in die Stadt hinein und zum Hagen hinunter. Ein Tag der exotischen Genüsse und Erlebnisse wartet auf sie. So sollen die Gäste natürlich direkt nach ihrer Anreise sofort angemessen bewirtet werden.

Wer am Bahnhof in Straubing frühmorgens ankommt, wird mit reichlich Treibstoff für das aufregende Abenteuer "Volksfest" begrüßt. Auf einem Schild neben den Gleisen wird das preisgünstige kleine und große Menü des Tages angepriesen: Bier 2,50 Euro, Bier und ein Stück Pizza 5 Euro. Pizza ohne Bier ist nicht im exklusiven Angebot! Braucht ja auch keiner. Der Magen mag ja präpariert werden, schließlich ist Volksfestzeit!

In der orginal italienischen Trattoria lagern die Weizenflaschen in der gekühlten Theke - hübsch drapiert neben dem Schlumpfeis - und vor dem Gebäude steht schon mal ein erstes Bankerl zum Vorglühen. Natürlich wird auf regionale Produkte geachtet. Angeboten wird vom Berliner Edelstoff bis zum nordischen Pils alles, was das Herz des bayerischen Biersommeliers begehrt. Und auch der Lokalkolorit wird hochgehalten: Das Kufsteinlied scheppert romantisch über den Bahnhof als erster musikalischer Gruß an die Ankommenden. Kaum ein Auswärtiger kann sich während der Volksfestzeit dem unvergleichlichen Charme des Straubinger Bahnhofs entziehen. Entbietet er doch als Tor zur feierfreudigen Gäubodenstadt ein erstes "Willkommen".

Alle möglichen Personen sammeln sich am Bahnhof: Familien mit Kinderwägen, aus denen erwartungsvoll kleine Augenpaare leuchten, ein überstandiger Junggesellenabschied vom Vortag und fesche Trachtler-Paare aus dem Gäuboden, die seit vielen Jahren aufs Volksfest fahren. Der Trupp aus zufällig zusammengewürfelten Feierfreudigen setzt sich in Bewegung und es heißt: Auf geht's zur letzten Etappe, zum Gäubodenvolksfest!

Ortskundige Trachtler säumen den Weg

Verirren kann sich dann in Straubing auch kein "Zug-Groaster". Ortskundige Trachtler und Trachtlerinnen säumen zu jeder Tages- und Nachtzeit den Weg vom Bahnhof zum Riesenrad, bis hin zur Ostbayernschau und wieder zurück. Sie weisen unermüdlich als Spitzen der Karawane den Weg, selbst wenn ab Tag vier des Volksfests die Wegweiser-Bickerln am Boden unter den strebenden Schritten der Gäste ihren Dienst versagen. Ab da sind sie nämlich normalerweise weggetreten, liegen zusammengeknüllt abseits der eigentlichen Route und harren ihrer Entsorgung.

Zeitsprung: acht Stunden später. Ein heißer Tag mit bunten Erlebnissen hat sich über Straubing gelegt und den Flüssigkeitsbedarf ins schier Unermessliche gesteigert. Aber auch der fröhlichste Tag geht einmal zu Ende, anders als die nie zur Neige gehenden Biervorräte am Bahnhof. Sie wachsen scheinbar in kühlen Flaschen über Pipelines aus dem Boden und versprechen Trost beim Abschied vom Fest. Nach geraumer Zeit mit vielen neuen Eindrücken, einem Gurkenhobel in der Tasche und der ein oder anderen Maß im Bauch streben nun die Gäste wieder zum Bahnhof zurück.

Volksfest-Überbleibsel grüßen die Passanten

Auf dem Weg säumen "Volksfestreliquien" die Route zum Zug. Wo begrüßt einen schon ein sauber abgeknabberter Maiskolben neben einer leeren Papiertüte, die vormals gebrannte Mandeln beherbergte und nun zur Freude der Wespen noch einen unwiderstehlichen Duft ausströmt.

Wo liegt, von sorgsamen Umgehungsmaßnahmen der Besucher bedacht, ein malerisch im Sonnenschein dahinschmelzendes, runtergefallenes Softeis-Hörndl im Wert von vier Euro? Natürlich in Straubing im bescheidenen Garten vor dem Amtsgericht. Daneben liegen noch der achtlos vergessene Trachtenhut, der ungewollte, undefinierbare Los-Kleingewinn Marke "Stuttgart" und eine abgeknickte Schießstandrose, die wohl eine umworbene Volksfestliebe verschmäht hat. Ab etwa 17 Uhr schwappen die Besucher bis in die späten Nachtstunden wie in einem Gezeitenstrom wieder zurück vom Volksfest zum Bahnhof. Den Kinderwagen verschönt nun ein 90 Zentimeter großer heliumgefüllter, dem liebevollen Vater abgetrotzter Spongebob-Ballon. Der erwachsene Fahrgast nimmt als letzten Gruß 200 Gramm Volksfestkaas, kuschlig in eine Papiertüte verpackt, und eine schnell angebissene Breze als Souvenir mit nach Hause.

Ein letzter Gruß vor der Heimfahrt

Noch ein letztes Weizen für die Herren und ein Toilettengang für die Damen. Ein letztes übellauniges, übermüdetes Raunzen vom Nachwuchs, der alles "nicht will!", egal was auch immer angeboten wird. Ein sehnsuchtsvoller Blick schweift zurück in die Stadt. Dann fährt die Bahn ein. Alles einsteigen. Tür zu. Achtung der Zug verlässt den Bahnhof. Schön war's und ein festes Versprechen an Straubing erfolgt mit etwas träumerischer Wehmut: Nächstes Jahr kommen wir wieder!