Vilsbiburger Zeitung
Drastischer Stellenabbau bei Bulthaup

Die Wirtschafts- und Finanzkrise macht auch vor dem Küchenhersteller Bulthaup nicht Halt. Viele Mitarbeiter werden in den kommenden Wochen und Monaten am Standort Aich ihren Arbeitsplatz verlieren.

Aich.(bb) Es war die Zeit schöner Bilder und gesetzter Worte. Im vergangenen Jahr feierte der Küchenhersteller Bulthaup sein 60-jähriges Bestehen. Sogar Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil stattete dem Unternehmen einen Besuch ab und würdigte "Investitionen und Arbeitsplatzsicherung an diesem Standort". Die Realität im Jahre 2010 ist eine andere, wie man unschwer an den Meldungen erkennen konnte, die am Mittwoch Morgen, 24. März, über die Nachrichtenticker liefen. Darin war nun nämlich von einem erheblichen Stellenabbau bei Bulthaup die Rede.
Der Landshuter Lokalsender Radio Trausnitz war mit einer Eilmeldung vorgeprescht und sprach von "120 gekündigten Mitarbeitern" am Standort Aich. Allen Beschäftigen sei am Montag gesagt worden, sie sollten am Dienstag zu Hause bleiben. An diesem Tag seien dann die Kündigungen per Post zugestellt worden.
Bulthaup-Pressesprecherin Katharina Naehr wiegelte ab: "Das ist schlicht falsch. Es wurden keine Kündigungen ausgesprochen." Die Mitarbeiter seien vielmehr nach Hause geschickt worden, weil im Unternehmen ein massives IT-Problem aufgetreten sei. Dies habe sich zufällig mit Informationsbriefen überschnitten, die an die Belegschaft verschickt worden seien. Zwar werde es zu Umstruktierungen mit einschneidenden Maßnahmen in den kommenden Monaten kommen: "Wie man aber auf die 120 angeblich gestrichenen Arbeitsplätze kommt, ist uns ein Rätsel. Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen", so Katharina Naehr.
"Agiler und effizienter"
Eine eher dürr gehaltene Pressemitteilung der Firma Bulthaup am frühen Mittwochabend gab zumindest ein wenig Auskunft darüber, wie die Umstrukturierungsmaßnahmen vor sich gehen sollen. Demnach wird es in der Tat einen Stellenabbau geben. "Um diese Entscheidung so sozialverträglich wie möglich umzusetzen, werden wir ab dem 1. April die vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft überführen und bis zum Jahresende begleiten", wurde darin Geschäftsführer Marc O. Eckert zitiert.
Diese Maßname sei notwendig, um den Veränderungen am Markt zukünftig agiler und effizienter begegnen zu können. Die Strukturen der Zentrale in Aich sollen demnach in allen Bereichen optimiert werden. "Uns ist bewusst, dass diese Maßnahme für alle Beteiligten schwerwiegend ist. Aber wir haben im Gegenzug als Management auch dafür Sorge zu tragen, das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen, um langfristig erfolgreich am Markt agieren zu können", schließt die Mitteilung.
IG Metall außen vor
Auch bei der IG Metall zeigte man sich von dieser Entwicklung höchst überrascht: "Wir tun uns sehr schwer, an Informationen zu kommen. Wir waren in den ganzen Prozess nicht eingeweiht", sagte die zweite Bevollmächtigte Birgit von Garrel gegenüber der Vilsbiburger Zeitung. Seit Dienstag stünden nun die Telefone nicht mehr still, frustriete Bulthaup-Mitarbeiter machten ihrem Ärger Luft. Von Garrel kann es verstehen: "Ich begreife nicht, warum man gleich einen derart drastischen Stellenabbau in Angriff nimmt und es nicht zunächst einmal mit einer Arbeitszeitverkürzung versucht." Der Betriebsratsvorsitzende der Firma Bulthaup, Josef Rorsek, hüllte sich auf Anfrage in Schweigen und war zu keiner Auskunft bereit.
Bodenkirchens Bürgermeisterin Monika Maier bedauerte in einer Reaktion den Wegfall von Arbeitsplätzen bei der Firma Bulthaup. "Leider hat die Finanz- und Wirtschaftskrise auch vor uns nicht Halt gemacht, viele Mitarbeiter aus der Region werden dadurch unverschuldet in die Arbeitslosigkeit gedrängt", sagte Maier. Jeder Verlust des Arbeitsplatzes bedeute für den Betroffenen sowie für seine Familie einen tiefgreifenden Einschnitt. Gegenüber diesen Einzelschicksalen trete es fast schon in den Hintergrund, dass der Stellenabbau auch massive Auswirkungen auf die Steuereinnahme der Gemeinde haben werde.
Kritik an der Entscheidung des Unternehmens vermied die Bürgermeisterin. Vielmehr erklärte sie, mit der Geschäftsleitung Kontakt aufnehmen zu wollen, um zu klären, ob und in welcher Form die Gemeinde unterstützend tätig werden könne.
Rund 550 Mitarbeiter sind derzeit noch bei der Firma Bulthaup in Aich beschäftigt. Schon in exakt einer Woche werden es deutlich weniger sein. Besonders für ältere Arbeitnehmer, die oft Jahrzehnte ein Teil des Betriebes waren, wird es sehr schwer, in der Region wieder einen Arbeitsplatz finden. Sie werden sich schwer tun, Verständnis aufzubringen für Geschäftsführer Eckert, der ihnen voller Mitgefühl mitteilt: "Wir haben uns diesen Schritt nicht leicht gemacht."
Mehr dazu lesen Sie in der Vilsbiburger Zeitung vom 25. März 2010!