Gaming-Tipp
Wieso gemütliche Cozy Games auf dem Vormarsch sind
Ein Handwerker macht sich bereit, eine verlassene wissenschaftliche Einrichtung zu erkunden. Wie er genau aussieht, sieht der Spieler nicht, denn er steuert die Figur aus der Egoperspektive. Mysteriöse unterirdische Labyrinthe, Egoperspektive – bis vor ein paar Jahren war klar, auf was dieses Spiel hinauslaufen wird: Bald werden Aliens dem Charakter das Leben schwer machen und er wird sich den Weg freischießen müssen. Nicht so in „The Lift“: Hier muss der Spieler nicht ballern, sondern Rätsel lösen und putzen.
Für das Team des Entwicklerstudios Fantastic Signals, das gerade an „The Lift“ arbeitet, war schnell klar, dass das Spiel kein Shooter werden sollte. Klar, die an alte Science-Fiction-Filme erinnernde Anlage, die der Spieler untersuchen soll, ist unheimlich und die Hintergrundgeschichte mysteriös – die Stimmung, die das Spiel verbreiten soll, lässt sich aber am besten mit dem Wort „cozy“ umschreiben. Die Entwickler sagen dazu: „Natürlich wird es eine Bedrohung geben. Wir haben das Spiel aber bewusst so gestaltet, dass sie sich im Hintergrund hält, damit der Spieler ausreichend Zeit hat.“
Cozy Games machen das Gegenteil von anderen Spielen
Damit ist „The Lift“ nur ein Beispiel für einen Gamingtrend, der schon seit ein paar Jahren anhält. Cozy Games sollen genau das Gegenteil von dem bewirken, was Computerspiele sonst so machen. Sie sollen keine große Aufregung verursachen und den Spieler auch nicht unter Druck setzten. Wo ein „Call of Duty“ oder ein „Final Fantasy“ von einer großen Adrenalinszene zur nächsten hetzt, spielt sich ein Cozy Game ganz entspannt.
So ist die Aufgabe des Handwerkers in „The Lift“ zum Beispiel nicht, die großen Geheimnisse der Forschungsstation, auf die er losgelassen wird, zu entdecken. Nein, erst einmal soll er sie aufräumen, betriebsfähig machen und vielleicht noch ein bisschen putzen.
Wer schon einmal Games wie den „PowerWash Simulator“ oder „Animal Crossing“ gespielt hat, dem wird diese Idee bekannt vorkommen. Anstatt die Welt zu retten, muss der Charakter Ordnung schaffen, Dinge anpflanzen oder andere erstaunlich unaufregende Dinge machen. Aufgekommen ist dieser Trend zum gemütlichen Spielen während der Corona-Pandemie. Fachleute sahen in ihm eine Reaktion auf den Ausnahmezustand in der Welt. Bestes Beispiel dafür sind die Verkaufszahlen von „Animal Crossing“, die während des Lockdowns in die Höhe schnellten.
Doch auch in den Folgejahren ist der Trend nicht abgebrochen. Nach wie vor wird als einer der möglichen Gründe die allgemeine Unsicherheit genannt und der Wunsch, zumindest im Privatleben Entspannung und Ordnung zu haben, wenn schon die Weltlage so chaotisch ist. Dieser entflieht der Spieler nicht, indem er in die Rolle eines auserwählten Helden schlüpft, sondern in die von Putzpersonal. Was aber nicht heißt, dass die Geschichte weniger episch ist.
So auch bei „The Lift“. Der Spielcharakter wird aus dem Kälteschlaf geweckt, um „Das Institut“ zu betreten. Die Forschungseinrichtung war einst führend in diversen Disziplinen, bevor sie ein mysteriöser Vorfall in einen Raum zwischen den Dimensionen riss. Seitdem verfällt „Das Institut“ und der Spieler muss es nun säubern und nachschauen, was eigentlich vorgefallen ist.
Jede Menge Möglichkeiten, ans Problem heranzugehen
Die Entwickler von Fantastic Signals wollen mit einer immersiven Simulation überzeugen, also vielen Möglichkeiten, wie der Spieler an jedes Problem herangehen kann. Dabei geht es aber nicht allein darum, das Institut zu reinigen und wieder herzurichten. Die Entwickler versprechen auch ein narratives Abenteuer. Denn nur, weil der Spieler im Grunde nichts anderes tut, als Rätsel lösen und Saubermachen, heißt das nicht, dass es keine Geschichte gibt.
Die sind oft erstaunlich tiefgründig und manchmal auch ziemlich düster. Denn gerade wohlige Cozy Games eignen sich perfekt für einen leichten Gruselschauer. Dadurch, dass sonst relativ wenig passiert, wirkt eine unheimliche Überraschung umso besser.