Musik-Tipp

Quadeca spielt auf seinem Album einen modernen Odysseus

Der Musiker Quadeca hat seine Karriere mit schlechten Imitationen von anderen Rappern begonnen. Inzwischen erschafft er ganze Welten auf seinen Alben – wie sein neues Werk beweist.

Quadeca kämpft auf „Vanisher, Horizon Scraper“ gegen das unbeugsame Meer an.

Quadeca kämpft auf „Vanisher, Horizon Scraper“ gegen das unbeugsame Meer an.

Darum geht’s: Am Anfang seiner Karriere konnte Quadeca vor allem eines: andere Musiker kopieren. Auf seinem YouTube-Kanal hat der Rapper lange nur Imitationen von anderen Künstlern hochgeladen sowie Videos, die nur viele Klicks bringen sollten. Damit war er erfolgreich, wurde aber kaum ernst genommen. Zumindest bis zum Jahr 2022: Da erschien „I Didn’t Mean To Haunt You“, ein Konzeptalbum, auf dem Quadeca auf ernste Weise Themen wie den Tod behandelt.

Seitdem erschien eine großartige Sammlung an losen Liedern, „Scrapyard“. Und nun endlich das nächste Studioalbum: In „Vanisher, Horizon Scraper“ erkundet Quadeca das Meer und spielt eine Art Odysseus, der mit einem Boot verloren vor sich hinsegelt.

Die Musik: Das neue Werk lässt sich ziemlich klar in zwei Hälften aufteilen: Die ersten sieben Lieder haben ein eher entspannteres Tempo, wie die Single „Godstained“ zeigt. Akustische Gitarren folgen einem ruhigen Rhythmus, Flöten spiegeln die unendlich wirkende Freiheit der Meere wieder.

Doch der Schein trügt, spätestens ab dem Lied „Thundrrr“ zieht ein heftiger Sturm auf: Hier zeigen sich Quadecas Hip-Hop-Einflüsse. Er rappt über einem aggressiven, verzerrten Beat. Verschiedene Elemente krachen aufeinander, von schrillen Synthesizern bis hin zu donnerndem Bass. Eine weitere Single liefert den direkten Kontrast dazu: „Forgone“ ist eine melancholische Klavierballade, die immer weiter anwächst. In der Mitte des acht Minuten langen Liedes entsteht schließlich einer der eindrucksstärksten Momente von „Vanisher, Horizon Scraper“: Chorgesang kollidiert mit schnellem, treibenden Schlagzeug und schief kreischenden Blasinstrumenten. Das sind nur einige der Highlights, die das neue Album zu bieten hat: Quadeca erkundet gleichzeitig viele verschiedene Sounds und Stilrichtungen, aber schafft es, diese zu einem zusammenhängenden Werk zu verbinden.

Eine große Hilfe sind dabei auch die Gastauftritte: Der Musiker beschreitet seine Reise über das Meer zwar fast alleine, doch im Lied „The Great Bakunawa“ taucht Rapper Danny Brown in der Rolle des namensgebenden Seemonsters aus der philippinischen Folklore auf. Mit einer großartigen Strophe wird er diesem verrückten Konzept gerecht. Die Post-Rock Band Maruja macht den Sound voller und ihr Frontmann Harry Wilkinson wirkt als eine Art Erzähler mit, der in abstrakten Texten die Geschichte von „Vanisher, Horizon Scraper“ zusammenfasst.

Das Besondere: Zusätzlich zum Album hat Quadeca einen aufwendigen Film auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht. Für diesen hat er sogar extra das Segeln gelernt. Das Video beinhaltet nicht nur schöne Bilder vom Meer in Frankreich, Amerika und Griechenland, sondern gibt weiteren Kontext zu der Geschichte des Albums.

Fazit: „Vanisher, Horizon Scraper“ erschafft eine Welt, in der sich der Zuhörer verlieren kann – besonders in der Kombination mit dem Film, der Quadecas Odyssee noch einmal klarer definiert. Wer es vor allem auf Hip-Hop abgesehen hat, ist hier vielleicht falsch: Aber wer ein genreloses, vielschichtiges Album sucht, wird fündig.     -bog-

„Vanisher, Horizon Scraper“ von Quadeca, erschienen bei X8 Music, auf Streaming-Plattformen und als Vinyl erhältlich.

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