[Frei]stunde!
Prinz Pi: Rebell ohne Grund

Prinz Pi brachte am Samstag auf dem Pfingst-Open-Air während seines Auftrittes die Menge zum Toben. (Foto: seg)
Prinz Pi ist 31 Jahre alt und von Beruf Rapper. Mit seinen Kollegen hat der gebürtige Berliner aber nicht viel gemeinsam. Die Themen auf seinem aktuellen Album "Rebell ohne Grund" sind sozialkritisch, politisch und handeln durchaus von Liebe. Von Gangsta-Rap fehlt jede Spur. Ein Gespräch über die Suche nach einem Platz in der Gesellschaft und Erfolg.
Prinz Pi, neben dem Thema Liebe behandelst du auf deinem neuen Album auch gesellschaftskritische Themen. Warum siehst du dich als "Rebell ohne Grund"?
Normalerweise rebellieren Leute, die von einem System unterdrückt werden und in einem Land leben, wo sie ihre Meinung nicht frei äußern dürfen. Ich dagegen komme aus einem normalen Umfeld. Wir hatten nie Geldprobleme. Meine Eltern haben mir alles ermöglicht, was ich wollte. Trotzdem habe ich immer das Gefühl verspürt, auflehnen zu wollen.
Wie reagiert die Gesellschaft auf deine kritischen Texte?Einige sagen, endlich wieder jemand, der Sachen ausspricht und auf den Punkt bringt. Natürlich gibt es auch Leute, die das Gegenteil behaupten. Generell denke ich, wenn man auf der Mainstream-Welle schwimmt und nicht aneckt, macht man nur halbe Sachen. Die Leute finden das zwar toll, aber es wäre für sie nicht schlimm, wenn man plötzlich nicht mehr da wäre.
In dem Lied "3 Kreuze für Deutschland" hast du dich sogar einem heiklen Thema gewidmet, dem Krieg in Afghanistan. Warum?Das ist das erste Mal seit langem, dass wieder deutsche Soldaten in einem Kriegsland stationiert sind. Das alarmiert viele Leute in meinem Alter. Immerhin hören sie die gleiche Musik, haben als Kind dieselben Fernsehserien gemocht oder Kellog's Smacks zum Frühstück gegessen. Jetzt kämpfen sie im Krieg, werden verwundet oder sogar getötet. Das wirft viele Fragen auf. Brauchen wir eine Armee oder muss Deutschland überhaupt dort tätig sein? Ich wundere mich, warum darüber niemand ein Wort verliert.
Nach wie vor bist du wirklich einer der wenigen Musiker in Deutschland, die in ihren Songs das Thema Krieg behandeln. Warum ist das deiner Meinung nach so?Die meisten Musiker hier setzen nur auf Themen, die sich gut verkaufen. Schließlich wollen sie mit ihrer Musik Geld verdienen und davon leben können. Die meisten kopieren jedoch nur Pop- oder Rap-Musik aus Amerika. In den wenigsten Fällen ist da etwas Originelles dabei. Die Themen drehen sich um Herzschmerz und sonstigen Schwachsinn. So etwas hat in Deutschland Erfolg.
Immerhin ist "Rebell ohne Grund" auf Platz 9 der Album-Charts eingestiegen. Als selbsternannter Studenten-Rapper, der lieber auf Themen setzt als auf harten Gangsta-Rap, ist das eine reife Leistung. Wie erklärst du dir deinen Erfolg?Viele Leute haben es satt, dass man sie für dumm verkauft und ihnen einen Unsinn vorlebt. Natürlich gibt es immer Leute, die Sendungen auf Pro7 oder Sat1 bevorzugen als den Kultursender ARTE, oder lieber die Berliner Zeitung als die Frankfurter Allgemeine Zeitung lesen. Zudem gibt es auch viele, die sich eine niveauvolle Unterhaltung wünschen und auf vielschichtige Musik und Literatur setzen. Von solchen Leuten zehre ich dann.
In "Bombenwetter" deutest du mit der Zeile "Der Rest will Straße sein womit er anders gesagt auf der Strecke bleibt" den Wandel des deutschen Hip Hops an. Warum setzt man heutzutage wieder auf mehr Inhalt oder Spaß?Gangsta-Rap ist ein sehr kleines Thema, bei dem es nicht mehr zu sagen gibt, als dass man härter ist als alle anderen. Nach zwei, drei Jahren ist der Trend aufgebraucht. Zurzeit entwickelt sich Rap immer mehr in Richtung Pop. So wie bei den Fantastischen Vier, die seit den 90er Jahren Rap mit Pop verbinden und dabei extrem erfolgreich sind. Auch Peter Fox, der in seinen Songs Hip-Hop Elemente mit einfließen lässt, ist reine Pop-Musik. Selbst Culcha Candela haben ihre Wurzeln im Rap. Zugleich finden auch viele kleine Künstler, die nur reinen Rap machen, ihre Anhänger.
Du bist in einem guten Viertel in Berlin aufgewachsen, hattest eine schöne Kindheit und hast ein abgeschlossenes Kommunikationsdesign-Studium. Warum machst du Rap-Musik?Ich weiß, das ist nicht üblich und klug. Wäre ich Grafiker in einer Werbeagentur, würde ich wahrscheinlich viel mehr Geld verdienen als jetzt. Jedoch sollte man etwas für das Allgemeinwohl tun. Wenn du Manager bei einer Bank bist und viel Geld verdienst, das du später deinen Kindern vererbst, dann hast du im Endeffekt für die Gesellschaft in den wenigsten Fällen einen Mehrwert geschaffen. Aber wenn du das vorhandene Kulturgut vermehrst, indem du wertvolle Kunst erzeugst, machst du etwas für dein Land. Einmalige Musik oder Literatur hält man in Büchern fest. In ein paar Jahren sagen die Leute, hey cool, dass sich das irgendjemand einmal ausgedacht hat, auch wenn er zu seinen Lebzeiten damit nicht unermesslich reich geworden ist. Vielleicht schaffen es ein oder zwei Songs von mir in den Kulturpool und stehen später, wenn ich tot bin, in Büchern geschrieben.
Deine Mutter ist in Franken aufgewachsen, was nicht direkt in Bayern liegt, warst trotzdem oft in München unterwegs. Was gefällt dir an Bayern?Die Bayern haben ein sehr positives Zukunftsbild. In anderen Teilen von Deutschland ist das nicht so. Dort sagt man, "ach wir bekommen sowieso keine Arbeit und die Chinesen werden alles übernehmen". In Bayern dagegen, denken die Leute, "wir sind groß und stark, haben die wertvollsten Firmen und leisten viel". Das ist eine gute Sache. Auf der anderen Seite gibt es da den bayerischen Stolz, der hin und wieder gerne auf andere herab sieht. Das empfinde ich als negativ. Immerhin ist Bayern nicht der Nabel der Welt. Auch wenn es eine sehr schöne Region ist. In München gefallen mir die Theater und Museen gut. Das gibt es in Berlin in diesem Maße nicht.
Womit können deine Fans in Zukunft rechnen?Als Musiker arbeite ich ständig an meinem neuen Album, wie jeder Schriftsteller an seinem Buch. Daneben arbeite ich an meiner nächsten Tour mit einer sehr aufwändigen Live-Show und neuem Bühnenbild. Dafür bin ich sogar selbst handwerklich tätig. Ich baue eine große Orgel, in der sich mehrere Lichteffekte befinden. Das zentrale Objekt auf der Bühne wird jedoch ein Harmonium aus dem Jahr 1920 sein. Auf das Tasteninstrument baue ich elektrische Klangabnehmer und andere Keyboards. Das ist ein sehr ambitioniertes Hobbyprojekt und ich bin jetzt schon Großkunde im Baumarkt um die Ecke.
















