Quidditch ganz ohne Magie

Ein Passauer Team spielt den Sport aus dem Harry-Potter-Universum


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Wie in der magischen Welt von Harry Potter geht es in unserer beim Quidditch auch mit viel körperlichem Einsatz. 

Von Hanna Vogel

Die Passauer „Three River Dragons“ sind eine von 37 offiziellen Quidditch-Mannschaften in Deutschland. Die Fantasy-Sportart aus den Harry-Potter-Büchern wird durch kreative Tricks der Realität angepasst.

Es ist Mittwoch, 19 Uhr. Die Außensportanlage der Universität Passau wird durch vereinzelte Scheinwerfer beleuchtet. Ob Sommer oder Winter: Das Quidditch-Team trainiert hier einmal in der Woche draußen. Moritz Rutschs Kommandos hallen über den Platz, der Mannschaftstrainer beginnt mit dem Aufwärmen. Die Stollen an den Sohlen geben Halt auf dem rutschigen Grund. Eine Hand am „Broom“, einem Stock als Besenersatz, den sich die Spieler zwischen die Beine klemmen, in der anderen Hand der als „Quaffel“ bezeichnete Ball, der wieder und wieder auf die drei runden Tore geworfen wird. Die Sportler atmen schwer vor Anstrengung, die Einheit dauert noch bis 21 Uhr.

Die britische Autorin J.K. Rowling begeistert mit ihren Büchern um den jungen Zauberer Harry Potter weltweit Leser für eine fiktive Sportart. Sowohl in der siebenteiligen Buchreihe als auch in den Filmen wird von Quidditch gesprochen, wenn die Magier in schwindelerregenden Höhen auf ihren Flugbesen durch die Luft sausen, Tore erzielen und gleichzeitig verzauberten Bällen ausweichen müssen. Dabei kann das Fangen eines kleinen, beflügelten Balls – des goldenen Schnatzes – entscheidend für den Ausgang des Spiels sein.

Von einem College in den USA in die Welt bis nach Passau

Bereits 2005 wurde die Sportart in Vermont, einem Bundesstaat in den USA, von zwei Studierenden des Middlebury College an die Realität angepasst und wird seitdem auch gespielt. Überall auf der Welt messen sich Teams auf Turnieren, wie der Europa-, oder Weltmeisterschaft. Die Community wächst stetig: Allein der Deutsche Quidditchbund zählt aktuell 37 offiziell spielfähige Mannschaften, weitere sind in der Ausbildung. Insgesamt gehören ihm 45 Vereine mit 53 Mannschaften an.

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Coach Moritz Rutsch, hier als Treiber.  

Mitte Dezember fand der erste Spieltag der Quidditch-Bayernliga in Passau statt. Vier Mannschaften traten gegeneinander an: die „Münchner Wolpertinger“, die „Augsburg Owls“, die „Münchner Zwolpertinger“ und die „Three River Dragons Passau“. Die Passauer spielten erst gegen die „Münchner Zwolpertinger“ und im letzten Match des Tages gegen die „Augsburg Owls“.

Das Spielfeld ist ein etwa fußballfeldgroßes Rechteck, an jeder Seite stehen drei runde Tore. Die Passauer sind ausgerüstet mit Stollenschuhen und spielen im schwarz-grün-blauen Trikot der „Three River Dragons“.

Obwohl sie den Schnatzträger fangen können, endet das Spiel gegen die Münchner nach knapp 25 Minuten mit einer Niederlage. Um diesen Punktestand ausgleichen zu können, muss im zweiten Match noch einmal alles gegeben werden.

Die letzte Runde beginnt. „Passau, are you ready?“, ruft die Schiedsrichterin. Die Dragons antworten mit einem lautstarken „Yeah!“ durch ihren Mundschutz. Auch die Augsburger sind bereit. Die Spieler laufen vom Rand aufs Feld, um sich die Bälle zu sichern. Es wird geschubst, auf Gegner und Tore geworfen, gerannt und geschrien. In der 18. Spielminute kommt der Schnatzträger dazu und läuft sofort von den beiden Suchern davon. Er verteidigt sich mit den Armen, dreht und wendet sich. Doch fast acht Minuten später beenden die Augsburger bereits das Spiel, ihr Sucher konnte den Schnatz an sich bringen. Da sie gleichzeitig mehr Tore erzielt hatten, entscheiden sie dieses Match für sich.

Nach den zwei Niederlagen im Dezember folgten am zweiten Spieltag im Januar zwei Siege für die Passauer. An der Tabellenspitze stehen aktuell die bislang ungeschlagenen Münchner Wolpertinger.

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Das Team der Passauer „Three River Dragons“.

Den Spielern geht es um die Freude am Quidditch

Moritz Rutsch spielt seit Oktober 2018 Quidditch in Passau, seit Beginn des letzten Wintersemesters trainiert er die Mannschaft. Neben seinen Aufgaben als Coach freue er sich jedes Mal aufs Neue, gemeinsam mit seinem Team auf dem Feld zu stehen, sagt der 22-Jährige. Nicht nur seine Begeisterung für die Harry-Potter-Saga hat den Studenten zu einer Mitgliedschaft bewegt, er war auch auf der Suche nach etwas Neuem – so ist er dann ziemlich schnell zu Quidditch gekommen.

Bei dem Rest der „Three River Dragons“ ist es ähnlich. Doch aufgrund der wesentlichen Unterschiede zu konventionellen Disziplinen werden nicht nur Potter-Fans von dieser besonderen Sportart angezogen, sondern auch all diejenigen, die auf der Suche nach etwas Abwechslung sind. Vereinzelte Mitglieder hätten die Bücher sogar nie gelesen, oder die Filme nicht gesehen, erzählt der Trainer.

Das Passauer Team besteht vorwiegend aus Studierenden

Gegründet wurde die Mannschaft 2014 von Studierenden der Universität Passau, seit 2017 sind die Dragons ein eingetragener Verein. Da die Mitglieder größtenteils Studierende sind, ändert sich die Aufstellung immer wieder. Oft treten komplett neue Spieler an, wenn jemand das Studium beendet oder wegzieht. Laut Moritz seien aktuell etwa 20 Leute aktiv dabei.

Die „Three River Dragons“ konnten in der Vergangenheit bereits einige Erfolge erzielen: 2017 wurden die Passauer Deutscher Meister, 2018 Vizemeister. Außerdem hatten sie sich für den European Quidditch Cup 2022 in Irland qualifiziert. Trotz der Erfolge hebt Trainer Moritz aber hervor: „Das Grundlegende ist für uns natürlich, Spaß zu haben“.

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Hinweis: Dieser Text stammt aus der Freistunde, der Kinder-, Jugend- und Schulredaktion der Mediengruppe Attenkofer. Für die Freistunde schreiben auch LeserInnen, die Freischreiben-AutorInnen. Mehr zur Freistunde unter freistunde.de.