Bayern

Betriebsratschef bei Galeria Kaufhof in München: "Der schlimmste Tag meines Berufslebens"

Auch der Betriebsrat der Galeria-Filiale am Bahnhofsplatz ahnte nichts vom Ende.


Eduard Wölbitsch, Galeria-Betriebsratschef.

Eduard Wölbitsch, Galeria-Betriebsratschef.

Von Hüseyin Ince

München - Betriebsratschef Eduard Wölbitsch (60) ist seit 33 Jahren bei Galeria Kaufhof. Kaum einer kennt das Geschäft am Bahnhofsplatz so gut wie er. Und selbst Wölbitsch sagt: "Wir ahnten nichts."

Von der Schließung der Filiale am Bahnhofsplatz - seiner beruflichen Heimat - erfuhr er am Sonntagabend per Telefon vom Galeria-GbR-Vorsitzenden. Die Nacht auf Montag habe er kaum geschlafen. Und am Montag habe sich Wölbitsch mit dem Filialleiter besprochen, sich vergewissert, dass das alles kein Albtraum sei.

"Wir hatten immer die Information, dass es mit unserer Filiale weitergeht und dass wir Ende 2024 in den sanierten Altbau nebenan umziehen werden", erzählt der Betriebsratschef. Am Telefon sei ihm aber gesagt worden, dass das Konzept am Bahnhofsplatz nicht zukunftsfähig sei.

Wölbitsch versteht das nicht. Die Filiale habe außerhalb der Corona-Phasen immer schwarze Zahlen geschrieben, sei auch jetzt nach Corona eindeutig profitabel. Umso schwerer sei es ihm gefallen, am Montag gegen 14 Uhr hinter verschlossenen Türen eine Betriebsversammlung abzuhalten.

Der Filialleiter musste den etwa 250 Galeria-Mitarbeitern erklären, dass zum 30. Juni Schluss ist. Angekündigt sei, dass die Kündigungen Ende März fristgerecht ankommen. "Das war der schlimmste Tag meines 45-jährigen Berufslebens", sagt Wölbitsch. Die Mitarbeiter seien entsetzt gewesen, hätten sich in den Armen gelegen und geweint.

Der Betriebsratschef ist auch enttäuscht von der Stadt. Gerüchteweise gibt es für das jetzige Galeria-Gebäude bereits für Ende 2023 eine Abrissgenehmigung. In Gesprächen mit der Stadt sei immer wieder betont worden, dass das marode Gebäude nicht so schnell abgerissen werde, um nicht noch eine Großbaustelle in der Gegend zu haben. "Wenn das stimmt, dass Ende des Jahres abgerissen wird, dann war es schon lange geplant, die Filiale zu schließen und es wurde uns einfach nicht gesagt", schätzt Wölbitsch.

Skrupellos und kaltblütig findet er das Vorgehen von Signa-Chef und Milliardär René Benko, dem die Immobilie und das Unternehmen gehören. Aber so richtig verwundert ist Wölbitsch nicht, außer, dass es eben seine Filiale trifft. "An der Spitze eines Einzelhandelsunternehmens steht ein Immobilienhai. Was will man da erwarten", sagt Wölbitsch. Er frage sich, wie Benko seinen Kindern ins Gesicht schauen könne.

Der Anteil an älteren Kollegen, die seit Jahrzehnten in der Filiale am Bahnhofsplatz engagiert arbeiten, sei hier besonders hoch. Für viele seien die Menschen am Arbeitsplatz wie eine zweite Familie. "Natürlich ist es nach so vielen Jahren einfacher, Insolvenz anzumelden, wenn man die Leute loswerden will", erklärt Wölbitsch. Denn das Insolvenzrecht erlaube es, auch altgediente Kollegen mit zwei Monatslöhnen abzufinden, statt - wie bei einer ordentlichen Kündigung - mit mehreren Jahresgehältern.

Viele Kollegen hätten Angst vor der Zukunft. Kaum einer rechne damit, noch mal einen neuen Job finden zu können, mit dem man die Existenz sichern kann.