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1860-Stürmer Marcel Bär: "Ich habe wirklich so hartgearbeitet wie noch nie"

Sechzigs Stoßstürmer Marcel Bär spricht im AZ-Interview über seine lange Leidenszeit, den Konkurrenzkampf in der Offensive, das große Ziel Aufstieg und seine Vertragssituation in Giesing.


Von Ruben Stark

München - AZ-Interview mit Marcel Bär: Der Torschützenkönig (30) der vergangenen Drittliga-Saison hat in dieser Runde verletzungsbedingt erst fünf Ligaspiele bestritten

AZ: Herr Bär, Sie sind im letzten Jahr erstmals Vater geworden. Gehen Sie mittlerweile richtig auf in dieser Papa-Rolle?

MARCEL BÄR: Definitiv. Ich wollte immer schon Kinder haben, eigentlich auch schon in jüngeren Jahren. Meistens ist es so, dass man eine Partnerin braucht, die das auch so sieht. Meine Frau Ricarda hat sich erstmal beruflich ein Standbein aufgebaut, aber so, wie es jetzt ist, ist es perfekt. Ich kann es mir gar nicht mehr ohne vorstellen. Es sind auch noch mehr Kinder geplant in nächster Zeit.

Dieses Vaterglück hat Ihr Leben bereichert, sportlich war das zweite Halbjahr nicht mehr so erfolgreich wie erhofft.

Die Gesundheit steht über allem und deshalb denke ich, dass das persönliche schlechte Halbjahr für mich durch die Verletzung (Mittelfußbruch, d. Red.) schwer war, dass ich aber jetzt wieder angreifen möchte. Ich habe so hart gearbeitet wie noch nie in meinem Leben. Jetzt schaue ich nach vorn und freue mich einfach, wieder auf dem Fußballplatz zu sein und hoffe, dass ich dann gesund bleibe.

Sie haben viele Tore in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit erzielt. Ein gutes Omen für die aktuelle Rest-Saison?

Klar hat man das im Hinterkopf. Man weiß, dass man die Qualität hat, Tore zu schießen. Ich habe auch noch mal einige Kilo abgenommen, fühle mich wieder gut in meinem Körper. Jetzt gilt es nur noch, an Kleinigkeiten zu arbeiten, wie: das Raumgefühl wiederzuerlangen.

Es liegt eine lange Zeit zwischen dem letzten Spiel gegen Essen und dem Wiederbeginn gegen Mannheim. Für Sie hatte die WM-Pause aber einen positiven Effekt, oder?

Auf jeden Fall. Nach so einer schweren Verletzung braucht man Zeit. Deshalb waren diese vier Spiele, die ich gemacht habe im Herbst, enorm wichtig für mich. Mental und auch körperlich. Durch die Pause habe ich noch mehr Zeit bekommen, an meinem Körper zu arbeiten, dieses Gefühl zu haben, dass nichts mehr passieren kann.

Die Konkurrenz in der Offensive ist groß. Wie sehen Sie da die Situation mit Fynn Lakenmacher und Maris Skenderovic?

Die beiden Jungs wurden durch meine Verletzung ins kalte Wasser geworfen und mussten sofort Verantwortung übernehmen. Man darf nie unterschätzen, wo sie hergekommen sind, der eine aus der Regionalliga, der andere von einem Absteiger. Ich weiß auch, dass sie in einem Verein spielen, der medial sehr präsent ist und dass für junge Spieler auf dem Niveau der Eindruck entstehen könnte: Sie stehen unter Druck. Unter diesen Bedingungen haben sie es sehr gut gemacht. Aber ich bin wieder gesund und ich brenne auf Einsätze. Der Konkurrenzkampf ist eröffnet.

Was bedeutet das für die Startelf: Bär, Lakenmacher oder Skenderovic - oder sind auch andere Modelle denkbar?

Wir sind da sehr flexibel, der Trainer handelt das sehr gut, sehr kommunikativ mit den Spielern. Wir können verschiedene Systeme spielen, das haben wir beispielsweise in Dresden auch gemacht. Da war erst Laki alleinige Spitze, dann mit mir Doppelspitze.

Was muss passieren, damit die Löwen in den Erfolgsflow kommen, der im Herbst verlorenging?

Wir müssen aufs nächste Spiel schauen, das ist Mannheim. Wenn wir das gewinnen, dann sind es ähnliche Vorzeichen wie nach dem Sieg in Dresden beim Saisonstart. Das war auch ein 50:50-Spiel, keiner wusste zu dem Zeitpunkt, wo er steht. In Dresden haben wir gemerkt, dass wir als Mannschaft bestehen können. Da hat jeder gemerkt: Wir haben Qualität - dann sind wir auf dieser Euphoriewelle geschwommen. Ich hoffe, dass das jetzt auch so ist.

Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass das Toreschießen wieder funktioniert. . .

Das Thema haben wir angesprochen, aber ich nehme da jeden mit ins Boot. Ein Stürmer kann sich nicht hinten den Ball holen und durch elf Gegenspieler dribbeln, sondern jeder einzelne Spieler auf dem Feld muss versuchen, seinem Mitspieler unter die Arme zu greifen und ihn in eine gute Abschlussposition zu bringen. Wir Stürmer sind dann dafür verantwortlich, dass wir die letzte Aktion in Tore ummünzen.

Über allem steht das große Ziel Aufstieg: Wie fest ist der Glaube daran im Team noch?

Wir wollen bis zum Ende oben dabei sein. Wir sind nicht weit weg von oben, aber hatten leider einen kleinen Knick drin. Dadurch, dass wir im Trainingslager 24/7 aufeinander hockten, kamen auch viele Gesprächsthemen vor. Das war eines davon. Wir sind fokussiert, wir arbeiten gut, alle ziehen an einem Strang, damit wir am Ende das erreichen, was wir am Anfang kommuniziert haben. Die Dritte Liga ist so eng, das entscheidet sich meistens am letzten Spieltag. Wichtig ist, dass du an den letzten fünf Spieltagen immer ein, zwei, maximal drei Punkte dranbleibst. Dann entscheidet sich, wer mehr Körner hat.

Beim Re-Start in Mannheim, immerhin die beste Heimelf der Dritten Liga, könnte sich die Serie an Rückschlägen aber auch direkt fortsetzen. Lassen sich solche Gedanken ausblenden?

Wenn wir uns damit nicht auseinandersetzen würden, wären wir keine Menschen. Es ist trotzdem nur ein Spiel von 21. Aber ich will gar nicht darübernachdenken, was passiert, wenn wir da verlieren, sondern nur darüber, wie wir dort gewinnen können. Gleichzeitig wissen wir auch, dass Mannheim richtig heimstark ist, dass das ein absolutes Brett da wird.

Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Sie haben mal gesagt, Sie sehen ihre Lebensmittelpunkt langfristig in der niedersächsischen Heimat. Spielt das jetzt schon eine Rolle in den Gedanken oder ist Ihre Geschichte bei Sechzig noch längst nicht zu Ende geschrieben?

Es ist schon immer der Wunsch gewesen, zurück in die Heimat zu gehen, das ist mein Lebensmittelpunkt und der meiner Frau. Ich bin dabei, mir dort ein Grundstück zu kaufen, um da zu bauen. Wie es mit Sechzig weitergeht, ist leicht erklärt: Wir sind und waren in Gesprächen, der nächste Termin steht schon. Das passiert ja nicht von heute auf morgen. Aber ich mache mir jetzt keine Gedanken über irgendwelche Verhandlungen. Der Gedanke ist jetzt Mannheim, dann Zwickau und dann Dresden.