Das Runde muss ins Eckige

Warum Rebecca Winter (15) aus Inkofen den Fußball so liebt


Rebecca Winter war eine Woche lang Praktikantin in der Freistunde-Redaktion. Die 15-Jährige ist eine begeisterte Fußballerin. (Foto: Emmer)

Rebecca Winter war eine Woche lang Praktikantin in der Freistunde-Redaktion. Die 15-Jährige ist eine begeisterte Fußballerin. (Foto: Emmer)

Von Redaktion idowa

Das noch feuchte Gras gibt unter meinen Füßen nach, als ich den Ball in Richtung Tor steuere. Ich versuche, konzentriert auf meine Gegnerinnen und auf meine Teamkolleginnen, den besten Weg zu wählen. Der kühle Wind weht mir ins Gesicht und bringt meine Augen zum Tränen. Ich laufe immer weiter und blende alles aus. Die Stimmen, die mich anfeuern, das Mädchen, das verzweifelt versucht, mir den Ball abzunehmen - nichts davon merke ich. Jetzt kann mich nichts mehr aufhalten.

Seit einem Jahr spiele ich bei der Damenmannschaft des TSV Aufhausen, vorher war ich bei den Vereinen JFG Labertal und SV Eggmühl. Bei Letzterem habe ich angefangen zu spielen, als ich in der dritten Klasse war. Seitdem habe ich jede Minute genossen. Ich bin ein begeisterter Fan. Ob ich nun den Profi-Fußball im Fernsehen und im Stadion anschaue oder selbst mitspiele - dieser Sport war für mich immer schon das Größte.

"Ich höre nichts außer meinen eigenen Atem"

Ich bin kurz vor dem Strafraum und sehe das Tor. Wann ist der beste Zeitpunkt zu schießen? Auf welche Stelle soll ich zielen? Soll ich den Ball abgeben? Dann scheint alles still zu stehen und es gibt nichts mehr auf der Welt außer mich, den Ball, die Torhüterin und das Tor. Plötzlich weiß ich genau, was richtig ist. Instinktiv schieße ich, ich höre, wie mein Fuß mit einem dumpfen Schlag den Ball trifft. Die Torhüterin ist genauso konzentriert wie ich. Ihr angespannter Körper wartet nur darauf, den Ball abzuwehren und ihn sicher in den Händen zu halten. Ich sehe den Ball in Zeitlupe auf die Torhüterin zufliegen, sehe, wie sie sich in meine Schussbahn wirft. Aber zu spät. Der Ball ist schnell, schneller als sie gedacht hat, und schlüpft unter ihrem Körper hindurch. Einen kurzen Moment höre ich nichts außer meinen Atem. Dann sehe ich das weiße Tornetz wackeln und alle Geräusche kommen zurück.

Meine Teamkameradinnen, die jubelnd aufspringen, die Spielerinnen der gegnerischen Mannschaft, die enttäuscht aufstöhnen. Ich weiß, dass ich nie alleine bin, und in meinen Augen gibt es keine Sportart, die das mehr vermittelt als der Fußball.

Ich reiße die Hände nicht nach oben und schreie auch nicht herum, sondern lächle nur still vor mich hin. Das Adrenalin, das durch meine Adern fließt und mich unbeschreiblich glücklich macht, ist Belohnung genug.

Ein Pfiff dringt an meine Ohren und ich laufe in meine Spielfeldhälfte zurück, wo meine Mannschaft schon mit lachenden Gesichtern auf mich wartet. Jetzt fühle ich mich noch besser, denn Fußball besteht nicht nur daraus, Tore zu schießen. Ein Spieler kann noch so gut sein, ohne seine Mannschaft kann auch er nicht viel ausrichten. Wie schon Sepp Herberger, ein ehemaliger Fußballspieler, sagte: ,,Elf Freunde müsst ihr sein."

Es gibt kein besseres Gefühl, als in einem Team zu spielen, das sich auch ohne Worte versteht. Sich zusammen zu freuen und Spaß zu haben, ist eines der besten Dinge in diesem Sport. Auch die Niederlagen sind gemeinsam viel besser zu verkraften.

"Ich mache mir nur Gedanken über den Ball"

Doch das ist nicht das Einzige, was mich an dieser Sportart begeistert. Während ich erneut den Ball nachjage, mache ich mir nur darum Gedanken. Ich überlege nur noch, was die beste Angriffstaktik wäre und verbanne alles andere Unwichtige aus meinem Kopf.

Aber ich halte natürlich nicht nur zu meinem eigenen Team, denn es ist eben so schön, meiner Lieblingsmannschaft, dem 1. FC Nürnberg, in der Bundesliga zuzujubeln, mit ihnen mitzufiebern und gespannt den Atem anzuhalten, wenn der Torhüter versucht, einen Torschuss des Gegners abzuwehren. Und natürlich die Atmosphäre im Stadion, wenn ich mit Tausenden Menschen gemeinsam gebannt das Spiel verfolge, mich mit ihnen freue oder mit ihnen leide.

Auf einmal wird es laut auf dem Platz. Die Zuschauer schimpfen über meine Mitspielerin, die bei einem Versuch, den Ball wiederzubekommen, ihrer Gegnerin gegen das Schienbein getreten hat. Diese wälzt sich nun mit schmerzverzerrten Gesicht am Boden, während sich ihre Mannschaft um sie herum versammelt.
Solche Szenen gehören im Fußball auch zum Alltag. Oft kann es brutal zugehen. Das ist beim Profi-Fußball nicht anders als in den niedrigen Ligen. Ich kann nicht sagen, wie oft ich selbst nicht mehr richtig laufen konnte, weil mir eine Verletzung zu sehr wehtat. Aber diese geht bald wieder vorbei und all diese kleinen Verletzungen nehme ich für diesen Ballsport gerne in Kauf. Denn das Gefühl beim Spielen ist jede einzelne davon wert.

Noch wenige Minuten, dann ist das Spiel zu Ende. Endlich pfeift der Schiedsrichter ab und mein Team reißt begeistert die Hände in die Luft. Wir haben gewonnen. Müde, aber glücklich gehen wir in unsere Kabine zurück, um unseren Sieg ausgiebig zu feiern. Fußball. Meiner Meinung nach der beste Sport der Welt.