AZ-Interview

Bargeldloses Zahlen: "Der Kartenkunde gibt viel von sich preis"


Verbraucher in Deutschland und anderen europäischen Ländern zahlen immer häufiger bargeldlos. (Symbolbild)

Verbraucher in Deutschland und anderen europäischen Ländern zahlen immer häufiger bargeldlos. (Symbolbild)

Von Sven Geißelhardt

Das Zahlen ohne Bargeld beinhaltet Risiken. Eine Verbraucherschützerin klärt in der AZ auf.

München - Die 42-jährige Finanzjuristin Sibylle Miller-Trach ist seit 15 Jahren bei der Verbraucherzentrale Bayern. Ihr Spezialgebiet sind Finanzthemen.

AZ: Frau Miller-Trach, wann würden Sie auf keinen Fall mit Karte zahlen?
SIBYLLE MILLER-TRACH: Wenn ich ins Bordell gehen würde - was ich aber nicht mache. Im Ernst: Ich würde nie mit Karte zahlen, wenn ich etwas mache, das keinen etwas angeht.

Ist es für Sie nachvollziehbar, dass immer mehr Kunden bargeldlos zahlen?
Ja, es ist einfach und geht relativ schnell. Die Kreditkarte oder die Giro- bzw. EC-Karte hat man meist zur Hand. Aber wir sehen als Verbraucherschützer auch Gefahren.

Bar oder Karte? Bei beide Zahlungsweisen gibt es Risiken

Welche?
Man verliert eher den Überblick über seine Ausgaben. Wenn ich zu viel ausgebe, rutsche ich in den Dispokredit. Das bedeutet, dass ich um die 15 Prozent Überziehungszinsen zahlen muss. Bei Bankkunden, die keinen Dispo haben, verweigert die Bank die Zahlung. Die Folge ist, dass der Kunde vom Händler oder einem Inkassobüro angeschrieben wird, dadurch entstehen immer Gebühren.

Thema Sicherheit: Ist bar zahlen sicherer als mit Karte?
Es gibt bei beiden Zahlweisen Risiken. Bargeld kann gestohlen werden, eine Karte auch. Wenn die Karte weg ist, ist es ganz wichtig, sofort eine Sperr-Nummer anzurufen.

Gibt es je nach Kartentyp Sicherheitsunterschiede?
Meines Wissens nicht.

"Der Bargeldkunde sichert seine Privatsphäre"

Hatten Sie schon Fälle, wo Karten, mit denen kontaktlos bezahlt werden kann, von Fremden ausgelesen wurden?
Nein. Aber wir raten, Karten in eine spezielle Hülle zu stecken.

Was sind die häufigsten Gründe, wenn beim Kartenzahlen etwas schief geht?
Meistens liegt es am Verbraucher, der etwas nicht beachtet hat. Beispiel: Er schirmt das Eintippen der Pin nicht ab oder lässt die Karte liegen.

Wird der Kunde gläsern beim bargeldlosen Zahlen?
Die Daten werden zwischengespeichert, damit macht sich der Kartenkunde zumindest zeitweilig gläsern. Er gibt mehr von sich preis. Außerdem gibt es immer ein Risiko, dass damit Schindluder getrieben wird. Der Bargeldkunde sichert seine Privatsphäre mehr ab.

Durch Kartenzahlung wird es teuerer

Treibt Kartenzahlung die Preise in die Höhe?
Ja. Die Händler legen die Anschaffungspreise und den Service für Kartenbezahlsysteme auf die Preise um.

Wie viel teurer wird's?
Etwa 0,2 bis 1 Prozent. Diesen Aufschlag müssen dann alle zahlen - auch die Barzahler.

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