TV Schierling
Johannes Grau: Aufstiegsheld und Abstiegsverhinderer

Norbert Herrmann
AUFSTIEGSHELD UND ABSTIEGSVERHINDERER: Mit 47 "Buden" ballerte Johannes Grau den TV Schierling fast im Alleingang in die Bezirksliga. Dass er auch Abstiegskampf kann, zeigte der Torjäger in der Kreisklassen-Relegation der TVS-Reserve - mit drei Treffern in zwei Spielen wurde Grau zum Retter.
Johannes Grau, der Torjäger des TV Schierling, hat gerade eine echte Traum-Saison hinter sich: Mit der "Ersten" der Laabertaler wurde der 25-Jährige, der beim Regensburger Vorstadtclub FC Labertal 05 das Kicken lernte und 2019 von Wallkofen zum TVS kam, Meister der Kreisliga Donau/Laaber. Am mit dem Titel verbundenen Bezirksliga-Aufstieg hatte Grau den Löwenanteil: Sage und schreibe 47 Treffer in 26 Spielen steuerte der beidfüßig schießende Stürmer bei - wohl ein Allzeit-Rekord für den gesamten Fußballkreis Niederbayern West.
Der in Obergraßlfing (Gemeine Laberweinting) lebende Niederbayer, der sich selbst als "klassischer Stoßstürmer" bezeichnet, würde sicher jeder Landesligamannschaft gut zu Gesicht stehen. Groß war deshalb das Erstaunen, als Johannes Grau plötzlich in der zweiten Mannschaft der Schierlinger auftauchte. Die hatte nach Abschluss der regulären Meisterschaftsrunde in der Kreisklasse Mallersdorf als Tabellenelfter um zwei Zähler den direkten Ligaerhalt verpasst. Nun sollte Grau, der in Schierling bei einem großen Automobil-Zulieferer in der Qualitätssicherung arbeitet, diesen "Betriebsunfall" in der Relegationsrunde richten - und lieferte in gewohnter Manier ab: Die TVS-Reservisten schafften mit zwei engen 3:2-Siegen gegen den FC Teugn und den TSV Elsendorf im "Nachsitzen" das Klassenziel. Und die Hälfte der sechs Schierlinger "Buden" gingen - wie sollte es anders sein - auf Graus Konto.
Trotz großem Unmut: Einsatz von Grau sportrechtlich korrekt
Die gegnerischen Anhänger waren davon verständlicherweise wenig begeistert, reagierten teils irritiert, teils wütend: "Ohne Bezirksliga wärt ihr gar nicht hier", schallte es den Rot-Weißen etwa in Rohr beim entscheidenden letzten Stichkampf vom Elsendorfer Fanblock entgegen. Den akustisch ohnehin lauteren Schierlinger Supportern konnt's egal sein - sie feierten ihre Mannschaft und ihr Sturmidol.
Denn sportrechtlich war der Ex-Landesligist auf der sicheren Seite, dank einer auf Kreisebene geltenden Sonderregelung. In Paragraph 34 der Spielordnung des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) heißt es da in Absatz 2.3 zwar unter anderem, dass zum Saisonende bei Entscheidungsspielen der 2. Mannschaft nur solche Spieler eingesetzt werden dürfen, die in den Rückrundenspielen der "Ersten" bei "maximal vier ausgetragenen Meisterschaftsspielen in der ersten Halbzeit mitgewirkt haben." Der Absatz 2.4 indessen, der nur für Vereine ab der Kreisliga gilt, setzt diese Bestimmung praktisch wieder außer Kraft. Dort steht nämlich im schönsten Juristendeutsch: "Vereine, deren 1. Mannschaft nicht höher als in der Kreisliga spielt und deren 2. Mannschaft in einer der untersten beiden Spielklassenebenen im Kreis eingereiht ist, dürfen in den Meisterschafts-, Entscheidungs- oder Relegationsspielen der 2. Mannschaft, die nach dem letzten Meisterschaftsspiel-Wochenende (Freitag bis Montag) nachfolgen, zusätzlich zu den Spielern, die nach 2.3 spielberechtigt sind, einen beliebigen Spieler aus dem Pool der Spieler, die in den Rückrundenspielen der 1. Mannschaft in fünf oder mehr ausgetragenen Meisterschaftsspielen in der ersten Halbzeit mitgewirkt haben, einsetzen."
Den cleveren Schierlinger Managern, die Johannes Grau rechtzeitig für den Pool der "Zweiten" gemeldet hatten und sich übrigens die Dienste ihres heiß umworbenen Torjägers per Handschlag auch für die kommende Bezirksligasaison gesichert haben, ist also nicht der geringste Vorwurf zu machen. Sie nützten sozusagen nur eine sportjuristische "Grauzone", die der BFV in seiner Spielordnung ermöglicht hat. Freilich: Ob das die sogenannten "kleinen" Vereine, die in den untersten Ligen von Jahr zu Jahr ums Überleben ringen und einen geordneten Spielbetrieb mangels Personal nur noch mit immer mehr Spielgemeinschaften und Vereinsfusionen aufrechterhalten können, für sonderlich fair finden, steht auf einem ganz anderen Blatt.