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FC Bayern gegen Paris Saint-Germain: Rien ne va plus - oder weiter, immer weiter?

Bayern gegen Paris ist die Partie der Saison. Müller träumt davon, dass es "die breite Brust - bei einem ursprünglichen Bajuwaren die breite behaarte Brust - ist, die schweißgebadet am Ende die Trophäe hochhält".


Von Patrick Strasser

Die Aufforderung des Croupiers lautet: "Faites vos jeux!" - zu Deutsch: "Machen Sie Ihr Spiel!" Auf den Fußball übertragen bedeuten die Einsätze die Aufstellungen und die taktischen Vorgaben der Trainer, die ihre Wahl treffen müssen. "Es ist kein Trainerduell", meinte Bayerns Chefcoach Julian Nagelsmann (35) rund 30 Stunden vor dem Achtelfinal-Rückspiel des FC Bayern gegen Paris St.-Germain am Mittwoch (21 Uhr, DAZN).

Und doch ist diese Partie, dieses eine Match, das die ganze Saison definiert: ein Trainerspiel. Weil das Spiel zukunftsweisend wie kein zweites in diesem Jahr ist. Schicksalsspiel klingt immer sehr hart - und doch entscheidet sich an diesem März-Abend, wie die zweite Saison des Julian Nagelsmann bewertet wird.

Was im Übrigen auch für seinen Gegenüber an der Seitenlinie gilt, für Christophe Galtier (56), der seit Juli in seiner ersten Saison die Weltauswahl-Truppe von PSG verantwortet.

Für die beiden Männer, der eine aus Marseille, der andere aus Landsberg am Lech, bedeutet der Kampf um den Viertelfinal-Einzug: alles oder nichts.

"Es ist einer meiner Träume und Wünsche, die Champions League zu gewinnen. Ich habe mir das Ziel gesetzt, das zu schaffen, bevor ich nur noch gebückt gehen kann", sagte Nagelsmann, der weiß: "Es ist auch ein wichtiges Spiel für mich." Nicht ganz: es ist das Wichtigste. Doch sein Job, im Frühjahr 2021 unterschrieb er bei Bayern einen Fünfjahresvertrag bis 2026, stünde bei einem Scheitern nicht sofort zur Disposition. Sagt der Ehrenpräsident des FC Bayern, Uli Hoeneß.

"Ich finde, das wird total hochgespielt. Der Ausgang des Spiels am Mittwoch hat mit dem Engagement von Julian Nagelsmann aus meiner Sicht überhaupt nichts zu tun", sagte Hoeneß (71) am Montagabend bei einem Talk der Abendzeitung im Deutschen Theater (siehe Seiten 20/21).

"Im Achtelfinale gegen Paris kannst du ausscheiden. Es ist ein Riesenunterschied, ob ich gegen Villarreal ausscheide oder gegen Paris Saint-Germain", betonte er. Allerdings - der spanische Underdog war im April letzten Jahres krasser Außenseiter und das überraschende Aus (0:1/1:1) erschütterte die Säbener Straße.

So wurde aus der Meisterschaft 2022 die Nur-Meisterschaft 2022. "Die Art" des Paris-Spiels, sagte Nagelsmann selbst, sei "schon entscheidend dafür, wie eine Saison bewertet wird" - und eben seine Arbeit.

Zumindest von Hoeneß hat Nagelsmann nun eine Jobgarantie, die Bewertung seines Jobs obliegt jedoch Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic, die nach dem 2:3 in Mönchengladbach, der erst zweiten Saisonniederlage, ihrem Trainer verbal den Rücken stärkten.

Heißt es also Mittwochabend: Rien ne va plus (nichts geht mehr) - oder ganz nach dem Kahn'schen Motto: Weiter, immer weiter? Zumindest vor dem 1:0 im Hinspiel in Paris galten die Bayern nicht als Favorit, damit haben sie sich laut Hoeneß "eine super Ausgangsposition erarbeitet".

Dazu kommt die Macht der Statistik: In lediglich einem von 27 K.o.-Duellen sind die Münchner nach einem Auswärtserfolg im Hinspiel danach zu Hause noch ausgeschieden: 2010/11 unter Louis van Gaal gegen Inter Mailand, auf das 1:0 in Italien folgte ein 2:3 und damit das Aus wegen der mittlerweile abgeschafften Auswärtstore-Regelung.

Zweitens: PSG hat bei sechs Versuchen nach einer Heimpleite im Hinspiel nie die nächste Runde erreicht.

"Wenn wir ihnen die Lust rauben, dann wird es schon sehr viele Situationen geben, wo wir in der Gemeinschaft sehr stark sind, wo wir PSG in der Gemeinschaft auch wehtun können", betonte Nagelsmann das Mia-san-Mia-Bewusstsein. Was das genau sei, fragte ein französischer Kollege den bayerischen Außen- und Kommunikationsminister Thomas Müller.

Dessen müllereske Antwort: "Die breite Brust - bei einem ursprünglichen Bajuwaren die breite behaarte Brust -, die schweißgebadet am Ende die Trophäe hochhält." Ehrenpräsident Hoeneß schaute derweil schon in die Zukunft: "Wenn alles so kommt, wie ich das glaube, werden wir in sechs bis acht Wochen das Thema Nagelsmann nicht mehr diskutieren."