DEL
Die Straubing Tigers holen sich einen Weltmeister mit Luft nach oben

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Mit Kometa Brno aus der tschechischen Extraliga konnte der Straubinger Neuzugang Nicolas Beaudin in der abgelaufenen Spielzeit die Meisterschaft feiern.

Viele Namen wurden in den vergangenen Wochen mit den Straubing Tigers in Verbindung gebracht - Nicolas Beaudin (25) zählte nicht dazu. Es war also durchaus eine Überraschung, dass der Club aus der Deutschen Eishockey Liga am Dienstag den Frankokanadier als zweiten neuen Importverteidiger nach Zac Leslie (Mannheim) vermeldete. Mit der Verpflichtung Beaudins ist den Tigers zumindest auf dem Papier ein kleiner Transfercoup gelungen, die Einschätzungen aus Tschechien mit Blick auf den NHL-Erstrundendraftpick von 2018 fallen allerdings gemischt aus.
„Corona-Weltmeister“ mit Kanada
Dort wurde Beaudin im April mit dem HC Kometa Brünn Meister der Top-Liga des Landes, der zur europäischen Spitze gehörenden Extraliga – eine kleine Sensation, bezwang der Hauptrundenvierte auf dem Weg zum Titel doch die beiden Topfavoriten Sparta Prag und Dynamo Pardubice jeweils in sieben Spielen. Daran hatte auch Beaudin mit einer herausragenden Plus/Minus-Bilanz von +10 in den Playoffs seinen Anteil, ein Beobachter bescheinigt Beaudin im Gespräch mit unserer Redaktion sogar die besten Leistungen seiner gesamten anderthalb Jahre in Tschechien. „Nicolas bringt eine Siegermentalität mit, die uns als Team weiterhelfen wird“, sagt Straubings Sportlicher Leiter Jason Dunham über Beaudin – und dürfte sich neben dem Extraliga-Titel auch darauf beziehen, dass sein Neuzugang 2021 (damals als Pendler zwischen dem NHL-Club Chicago Blackhawks und dessen AHL-Farmteam) mit Kanada „Corona-Weltmeister“ wurde und in Riga alle zehn Matches für die Ahornblätter bestreiten durfte. Aufgrund der Umstände war das Turnier damals zwar weniger prominent besetzt als gewohnt, dennoch ist festzuhalten: Nicht jeden Tag wechselt ein Weltmeister in die DEL.
Es könnte indes auch ebenjener Status als Weltmeister gewesen sein, der tschechische Medien zum Fazit kommen ließ, Beaudin habe die Erwartungen in Brünn nie komplett erfüllen können. „Er ist ein sehr guter Skater mit starker Spielübersicht und kann die Scheibe kontrolliert aus der eigenen Zone transportieren“, nennt Dunham zwar Vorzüge, die von tschechischen Journalisten gegenüber unserer Zeitung bestätigt werden. Sie bemängeln jedoch, der 1,80-Meter-Mann Beaudin lasse bei aller Spielstärke und Abgeklärtheit am Puck immer wieder Durchsetzungsvermögen in den Zweikämpfen an der Bande oder vor dem eigenen Tor vermissen.
Erfahren, aber noch jung (25)
Und: Das im Juniorenbereich und zeitweise auch in der AHL (insgesamt 73 Punkte bei 193 Einsätzen) gezeigte Offensivpotenzial brachte Beaudin bis dato nicht nach Europa mit. In Tschechien verzeichnete der Québécois inklusive des Kurzzeitengagements bei Sparta Prag am Ende der Saison 2023/24 nur 16 Torbeteiligungen (zwei Treffer, 14 Assists) in 84 Partien – für bessere Zahlen fehle es Beaudin an Schusskraft, so die Einschätzung eines Extraliga-Kenners. Ein verspäteter Mattinen-Nachfolger ist Beaudin somit im doppelten Sinne nicht, handelt es sich bei ihm doch um einen Linksschützen und nicht um den ausländischen Rechtsschützen, welcher dem Vernehmen nach für die Defensive ebenfalls noch gesucht wird.
Zumindest aber dürften die Tigers hoffen, dass sich Beaudin als stabiler Verteidiger für mehr als die zuletzt in Brünn erhaltenen rund 16 Minuten pro Partie entpuppt. Dass es den Gäubodenstädtern gelungen ist, einen bereits in vielerlei Hinsicht erfahrenen, mit 25 Jahren aber dennoch ungewöhnlich jungen Importspieler zu verpflichten, deutet jedenfalls darauf hin, dass in Nicolas Beaudin nach wie vor mehr Potenzial als die in Tschechien gezeigten Leistungen stecken könnte.