Entscheidende Monate

Traumjob FC Bayern: Hansi Flicks größte Chance


Hat Gefallen an der ersten Reihe gefunden: Der ehemalige Schattenmann Hansi Flick überzeugt beim FC Bayern als Chef.

Hat Gefallen an der ersten Reihe gefunden: Der ehemalige Schattenmann Hansi Flick überzeugt beim FC Bayern als Chef.

Von Markus Giese

Der Langzeit-Interimstrainer des FC Bayern steht vor entscheidenden Monaten. In der Rückrunde hat er nun Zeit, die Bosse zu überzeugen. Wie sich Flick verändert hat - und wie er diese Mission angeht.

München - Weder der Weihnachtsurlaub noch die Spielpause waren gemeint, als Hansi Flick am Freitagmittag an der Säbener Straße betonte: "Ich war lange weg." Aus dem Trainerjob, meinte der 54-Jährige, Abteilung Cheftrainer. Und so sandte der Bayern-Coach eine Botschaft an seinen Arbeitgeber, der ihm scheibchenweise mehr und mehr Vertrauen und Macht geschenkt hatte seit dem Amtsantritt Anfang November: "Ich bin echt dankbar, dass ich wieder in diesem Beruf zurück bin."

Frische Energie dank Selbstreflexion.

Flick war Trainer, ja. Aber als Assistent - wie in der Nationalelf, gekrönt mit dem WM-Titel 2014, oder seit letztem Sommer bei Bayern. Eine ganz andere Welt. Er war Sportdirektor beim DFB (September 2014 bis Januar 2017) und Geschäftsführer bei der TSG Hoffenheim von Juli 2017 bis Februar 2018. Ein Schreibtisch-Job, nochmal eine ganz andere Galaxie.

Flick hat sich (wieder) gefunden. Und den FC Bayern auf Kurs gebracht. Ergibt: Win-Win. Und chin-chin. Frohes Neues! Auf die Rückrunde!

"Der Hansi spürt jetzt als Cheftrainer den Erwartungsdruck"

Bei Hertha BSC beginnt am Sonntag (15.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) das Fußballjahr 2020 für den FC Bayern. Wie im Vorjahr startet man als Jäger, vier Punkte Rückstand hat der Abo-Meister auf Spitzenreiter RB Leipzig. Alles andere als unlösbar. Die Mannschaft und vor allem Flick müssen liefern, die schlechteste Hinrunde seit 2010/11 vergessen machen. "Der Hansi spürt jetzt als Cheftrainer den Erwartungsdruck", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Er versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. "Du hast immer Druck - egal, in welcher Position", sagt Flick, "es hat sich nicht groß etwas verändert."

Ein wenig schon. Und zwar, dass er von der Zwei-Spiele-Lösung Anfang November als Nachfolger des gescheiterten Niko Kovac und dem Bis-Weihnachten-Trainer (Laufzeit sechs Wochen) nun eine ganze Rückrunde zu verantworten hat. "Ich genieße es, mir macht es hier mit der Mannschaft und dem Trainerteam sehr viel Spaß", betonte er, "ich weiß, dass du erfolgreich sein musst, Titel holen musst." Eben. Kovac gewann 2019 das Double, trotz aller Zweifel an seinem Arbeitsstil.

Vor Flick liegen die wichtigsten Monate seiner Trainerkarriere

Flick kann viel mehr als Trophäen gewinnen: seinen Traumjob erhalten. Denn nach den Salami-Verlängerungen (eine Art Probezeit) dürften die Bayern-Bosse ihrem aktuellen Coach bei erfolgreicher Rückrunde nicht nur einen Einjahres-Vertrag anbieten, das wäre dann ein Misstrauensvotum. Eher zwei bis drei. Flick hat es in der Hand. Vor ihm liegen: Seine größte Chance, die wichtigsten Monate seiner Trainerkarriere.

Flick habe das Trainingsniveau dank klarer Ansagen und taktischer "Waschzettel" für die Herren Profis wieder annähernd auf das Level der Ära Pep Guardiola gebracht, sagt man im Verein. Ohne jedoch so übergriffig und übereifrig rüberzukommen wie der Katalane. Flick gibt den Stars Lösungen an die Hand, reicht ihnen aber auch selbige. Ein Typ zum Anfassen, Kategorie beliebtester Lehrer der Schule. An der neuen Aufgabe, dem Heraustreten aus dem Schatten ins Scheinwerferlicht, hat Flick Gefallen gefunden.

Flick nimmt sich nicht zu wichtig

In zwei Schritten schärfte Flick sein Profil. Nummer eins: Es gibt kein Zurück (auf den Co-Trainer-Posten). "Das kann ich mir im Moment nicht vorstellen", betonte er nach Weihnachten. Der zweite Fingerzeig des neu gewonnenen Selbstverständnisses: Er scheute die Konfrontation mit seinen Bossen nicht, preschte im Trainingslager in Doha mit der Forderung nach Neuzugängen wegen des zu dünnen Kaders vor.

Dennoch betonte Flick am Freitag: "Ich nehme mich nicht zu wichtig, mir geht es immer um die Mannschaft und den Verein." Kauft man ihm ab. Auch die blumigen Worte: "Es ist für mich einfach ein geiler Verein. Man sieht, wie viel Power er hat. Ich bin froh, dass ich hier bin." Nur: Wie lange?

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