Champions-League-Halbfinale

FC Bayern: Gegen Lyon könnte eine Schwachstelle fatal sein


Hansi Flick beim Champions-League-Spiel gegen FC Barcelona.

Hansi Flick beim Champions-League-Spiel gegen FC Barcelona.

Von Julian Huter

Nach der 8:2-Machtdemonstration gegen den FC Barcelona geht der FC Bayern als Favorit in das Halbfinale der Champions League gegen Olympique Lyon. Eine Schwachstelle könnte den Triple-Traum der Münchner aber platzen lassen

München - Es war fast schon beängstigend. Das Spiel war lange entschieden, und doch zeigte der FC Bayern dem FC Barcelona keine Gnade. Als das 8:2 für die Münchner fiel und Barcas Abwehrchef Gerard Piqué eine Träne verdrückte, konnte man fast Mitleid mit den Katalanen haben.

Nach dem Viertelfinal-Erfolg des deutschen Rekordmeisters in der Champions League schrieb die spanische Version des Online-Portals "Goal" von einem "kaltblütigen Mord". Die Bayern-Profis konnten ihre Dominanz selber nicht so richtig fassen. "Das ist schon brutal. Man muss sich vor Augen führen, dass wir gegen Barcelona mit 8:2 gewonnen haben. Das ist schwierig zu begreifen", sagte Joshua Kimmich.

Vor diesem FC Bayern zittert Fußball-Europa

Vor diesen Bayern zittert Fußball-Europa. Zurecht, denn die Mannschaft von Trainer Hansi Flick gilt spätestens seit dem 8:2-Triumph gegen Lionel Messi und Co. als Top-Favorit auf den Henkelpott. Vielleicht sind sie ihrer Konkurrenz sogar noch weiter voraus als die Triple-Sieger von 2013.

Und dennoch darf sich Bayern auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen. Für Übermut ist kein Platz, denn egal wie dominant Flicks Mannen aktuell auftreten - unverwundbar sind diese Bayern nicht. Das war sogar während der Machtedemonstration gegen Barca ersichtlich. Bevor das Offensiv-Inferno der Münchner so richtig Fahrt aufnahm, hatte auch Barcelona einige gute Gelegenheiten.

Bayern-Torhüter Manuel Neuer klärt gegen Barcelonas Luis Suarez.

Bayern-Torhüter Manuel Neuer klärt gegen Barcelonas Luis Suarez.

Beim Stand von 1:1 scheiterte erst Luis Suárez im Eins-gegen-Eins an Manuel Neuer, dann klatschte eine abgefälschte Hereingabe von Messi an den Pfosten. Einige Bayern-Anhänger rieben sich ob der Defensivleistung ihres Teams verwundert die Augen. Am Ende fielen diese Wackler kaum ins Gewicht, zu deutlich war die Führung, zu gebrochen der Gegner.

FC Bayern: Davies und Kimmich sind offensive Außenverteidiger

Teilweise sind diese Defensiv-Schwächen mit der taktischen Einstellung des Rekordmeisters zu erklären. Flick weist seine Spieler an, aggressiv zu pressen, der Ball soll tief in der gegnerischen Hälfte erobert werden, dann ist der Weg zum Tor kürzer. Damit nimmt der Bayern-Trainer auch ein gewisses Risiko in Kauf; greift diese Pressingfalle ins Leere, wird die Situation schnell brenzlig.

Dazu kommt die Tatsache, dass Bayern mit Joshua Kimmich und Alphonso Davies zwei Außenverteidiger mit großem Offensivdrang aufbietet. Kimmich spielt ohnehin lieber weiter vorne im Mittelfeld, Davies ist gelernter Flügelspieler.

Das demonstrierte Letztgenannter auch gegen Barca. Nicht nur, als er mit seinem Traum-Solo das 5:2 regelrecht erzwang, sondern auch in der Rückwärtsbewegung. Wenn Barcelona mal gefährlich vors Tor kam, dann rollte der Angriff meist über den rechten Flügel der Katalanen an, also dort, wo Davies verteidigt.

Boateng bekommt Probleme, wenn das Spiel schnell wird

Das defensive Stellungsspiel des Kanadiers ist noch ausbaufähig. Bisweilen verlässt sich der "Roadrunner" zu sehr auf seine atemberaubende Geschwindigkeit. Meistens gelingt es Davies auch, seinen Gegner in letzter Sekunde noch abzulaufen, ein gewisses Risiko besteht dennoch.Gerade bei einem Finalturnier mit K.o.-Spielen - ein Fehler zur Unzeit und der Triple-Traum könnte platzen. Zudem erlebt Jérôme Boateng zwar eine bemerkenswerte Renaissance, bekommt aber Probleme, wenn Gegner das Spiel schnell machen.

Jérôme Boateng vom FC Bayern München.

Jérôme Boateng vom FC Bayern München.

Die defensive Verantwortung ruht nicht nur auf den Schultern der Verteidiger. Auch die offensiven Flügelspieler Serge Gnabry und Ivan Perisic müssen in der Rückwärtsbewegung mitmachen und ihre Kollegen unterstützen, das war gegen Barca nicht immer der Fall.

Olympique Lyon ist in der Champions League Favoriten-Schreck

Sollte die Offensivmaschinerie der Münchner weiter so reibungslos laufen, wird sich niemand an defensiven Schönheitsfehlern stoßen. Doch so seltsam es klingen mag: Der kommende Gegner Olympique Lyon wird ein anderes Kaliber als die alternde Barca-Truppe.

Erst zermürbte die Defensive der Franzosen Superstar Cristiano Ronaldo und Juventus Turin (0:1/2:1), dann biss sich sogar das vermeintliche Offensiv-Genie Pep Guardiola mit Manchester City am OL-Bollwerk die Zähne aus (1:3). Inklusive Hinspiel gegen Turin kassierte der französische Rekordmeister nur drei Gegentreffer in 270 Minuten. Ebenso viele hatte sich Barcelona nach 27 Minuten gefangen.

FC Bayern - Lyon: Ein Fehler kann fatale Folgen haben

Gelingt es Lyon, auch Bayerns Sturmlauf zu stoppen, können sie den Münchnern mit ihrem Konterspiel gefährlich werden. Die Franzosen verfügen mit Maxwel Cornet und Leo Dubois über zwei pfeilschnelle Flügelspieler. Die Sturmspitzen Memphis Depay sowie Karl Toko Ekambi erreichen ebenfalls Top-Geschwindigkeiten und wissen, wie sie Räume hinter der gegnerischen Abwehr nutzen müssen.

Diese Trümpfe wird Lyon auch gegen die Bayern ausspielen wollen, besonders nach einer ausgiebigen Analyse des Viertelfinals. Keine Frage, viel Schwachstellen haben die Münchner aktuell nicht. Doch im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Lyon könnte schon ein einziger Fehler den Triple-Traum beenden.

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