Kaffeekultur 2.0

Wie junge Kaffeeröster aus Regensburg den Markt verändern wollen

Zwei junge Gründer aus Regensburg erklären, worin sich moderne Röstereien vom industriellen Kaffee unterscheiden und wie sich die Wertschätzung gegenüber Kaffee in den letzten Jahren verändert hat.

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Maximilian Müller und Raphael Waas neben ihrem Röstautomaten.

Maximilian Müller und Raphael Waas neben ihrem Röstautomaten.

Von Lilly de Lima Ferreira

Ein schwüler Freitagnachmittag im Juni in der Regensburger Innenstadt. Reges Treiben belebt die sonnendurchfluteten Gassen. Für viele der perfekte Zeitpunkt, sich in einem Café niederzulassen und einen guten Kaffee zu genießen. Aber was ist guter Kaffee überhaupt?

Immer mehr junge Kafferöster setzen auf Qualität statt Quantität und versuchen, das Beste aus den Bohnen herauszuholen. Zwei von ihnen sind Raphael Waas und Maximilian Müller. Die beiden gründeten 2020 die Kaffeerösterei Torreo in Regensburg und vereinen in ihrem Geschäft die Rösterei mit Café und Verkauf. Zwischen ihren silberglänzenden Röstautomaten und Dosen voller Kaffeebohnen sprechen sie über Startschwierigkeiten, Konkurrenz und gestiegene Kaffeepreise.

Vom Kumpel zum Geschäftspartner

Die beiden erinnern sich noch genau an den Anfang: Eine kurze WhatsApp-Nachricht von Raphael Waas an Maximilian Müller mit der Idee, selbst Kaffee zu rösten. Schon bald darauf wurden die ersten kleinen Chargen im eigenen Proberöster verarbeitet. Was 2020 als eine spontane Idee während der Pandemie begann, entwickelte sich schnell zu einer festen Unternehmensgründung. Mittlerweile haben Waas und Müller ihr Team auf sechs Mitarbeiter erweitert und rösten jährlich acht Tonnen Kaffee.

Maximilian Müller, der ursprünglich Industriemechaniker lernte und später BWL studierte, entdeckte während eines Werkstudentenjobs in einer Kaffeerösterei die Leidenschaft, mit Kaffee zu arbeiten. Die Motivation, es noch besser zu machen, war entfacht. Raphael stammt aus der Tech-Branche und ist ein begeisterter Kaffeetrinker. Gastronomische Vorerfahrung hatten er und Waas beide kaum, doch ihre Leidenschaft zu gutem Kaffee vereinte sie.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Müller und Waas erzählen, dass der Anfang nicht immer leicht war. Nicht jeder erkannte ihre Daseinsberechtigung. Viele verstanden nicht, warum ihr Ansatz anders sei. Manche mussten sie erst probieren lassen, damit sie den Unterschied schmecken konnten. „Zu uns haben alle gesagt: 'Was macht ihr hier? Es gibt doch schon eine Rösterei in Regensburg.' Das hat uns aber nicht gereicht.“

Auf die Frage, ob sie für die eher traditionelleren Kaffeeröstereien eine große Konkurrenz darstellen, antwortet Raphael Waas: „Ich glaube nicht, dass man um dasselbe Feld buhlt, denn wir gehen ja konzeptionell ganz anders an die Sache ran.“ Der Unterschied liegt vor allem in der schonenderen Verarbeitung, die sich im Geschmack zeigt. Statt durch Bitterkeit zeichnet sich Spezialitätenkaffee durch verschiedene Aromen wie Nussig- oder Fruchtigkeit aus. Außerdem sind die Chargen, in denen geröstet wird, meist kleiner, dafür aber die Transparenz über die Herkunft des Kaffees größer. Ihnen geht es darum, die Herkunft des Kaffees im Geschmack widerzuspiegeln und das Besondere hervorzuheben.

Ein Cappuccino vom Chef.

Ein Cappuccino vom Chef.

Qualitätsmaßstäbe & Preisschwankungen

Um den Ansprüche an Spezialitätenkaffee gerecht zu werden, müssen Müller und Waas fest definierte Standards erfüllen. Die Specialty Coffee Association (SCA) - ein Kaffeedachverband - bewertet Kaffe nach qualitativen und geschmacklichen Kriterien auf einer Scala bis 100 Punkte. Ab 80 Punkten spricht man von Spezialitätenkaffee. Dieses Qualitätsversprechen hat ist mit höheren Kosten verbunden: Maximilian Müller erzählt, dass sie stark von den globalen Rohkaffeepreisen abhängig sind. Aktuell liegt das Pfund bei 2,55 Euro. Diese Zahlen schwanken immer wieder im zweistelligen Bereich und dennoch bleibt ihr Anspruch hoch.

Im Torreo werden aktuell sechs Espresso- und drei Filterröstungen angeboten, preislich liegen sie für 250g zwischen 10,90 und 13,90 Euro. Die beiden Gründer sind sich bewusst: Ihr Kaffee ist ein Luxusprodukt. Aber sie machen klar, dass dies für sie der einzige konsequente Weg ist, ihr Produkt zu vertreiben. 

Die Vierte Welle

Wie auch in der sogenannten „Third-Wave-Coffee“-Bewegung sehen Raphael Waas und Maximilian Müller Kaffee als kulturelles Genussmittel, das ebenso viel Aufmerksamkeit verdient wie Wein oder Craftbier. Müller geht noch einen Schritt weiter: „Ich würde sagen, wir sind mittlerweile schon in der vierten Welle. So gut wie jetzt war das Verhältnis von Qualität zu Preis beim Kaffee noch nie.“ Es wird damit gerechnet, dass die Wachstumsrate des Spezialitätenkaffeemarkts bis 2032 jährlich um 11,7 Prozent weiter steigt.

Dennoch fällt den beiden auf, dass viele Kaffeetrinker erstaunlich wenig über das Produkt und dessen Herkunft wissen. Daher bieten sie Kaffeeseminare an, in denen sie den Teilnehmern Wissenwertes über das Rösten, die Kaffeehistorie oder Zubereitung beibringen.

So schmeckt es am besten

Als Tipp für Kaffeeliebhaber, die auch zuhause das Beste aus ihrem Kaffee herausholen wollen, empfehlen die beiden, lokal gerösteten Kaffee zu kaufen und bei der Zubereitung immer eine präzise Waage zu verwenden.

Neben dem Kaffee, den sie Tag für Tag für andere zubereiten, verraten sie auch ihre persönlichen Vorlieben: Raphael Waas schwärmt vom Handfilter, Max Müller schätzt die Vielfalt.

In einem Punkt sind sie sich jedoch einig: „Am liebsten trinken wir den Kaffee in Gesellschaft. Es schafft einfach unheimlich viel Menschlichkeit, wenn Menschen zusammenkommen und gemeinsam etwas genießen.“

Lilly de Lima Ferreira studiert in Passau Journalistik und strategische Kommunikation. Ihr Beitrag ist in einer Lehrredaktion entstanden, die in dem Studiengang integriert ist. Die Lehrredaktion wird von Redakteuren unserer Mediengruppe betreut.

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