Jahn-Gegner im Interview

Martin Männel über den Jahn: "Sehr sympathischer Verein"


Gibt die Richtung vor: Aue-Kapitän Martin Männel.

Gibt die Richtung vor: Aue-Kapitän Martin Männel.

Von Magnus Rötzer

Der SSV Jahn Regensburg reist am Sonntag zum FC Erzgebirge Aue. FCE-Kapitän Martin Männel erklärt, warum ihm der Jahn imponiert.

Martin Männel weist eine Vita auf, wie man sie heutzutage nur noch selten findet. Nachdem er die Jugendmannschaften von Energie Cottbus durchlaufen hatte, schloss sich der Torhüter dem FC Erzgebirge Aue an. Dort spielt der 32-Jährige mittlerweile seit Juli 2008 und brachte es auf über 400 Einsätze im Trikot der "Veilchen". Am Sonntag trifft der Kapitän der Sachsen auf den SSV Jahn Regensburg. Männel erinnert sich an "sehr enge Spiele" und möchte die positive Bilanz seiner Mannschaft gegen die Oberpfälzer ausbauen.

Im idowa-Interview spricht Martin Männel über die Auer Vereinsphilosophie, die Entwicklung der 2. Bundesliga und seine Reha-Zeit im Landkreis Regensburg.

Herr Männel, 15 Punkte aus den ersten neun Spielen. Sie können mit dem bisherigen Saisonverlauf durchaus zufrieden sein, oder?
Martin Männel: Zufrieden ist für mich ein gefährliches Wort, weil es mit sich bringt, dass man sich auf dem Erreichten ausruht. Davon sind wir weit entfernt. Wir können über die bisherige Punkteausbeute glücklich sein, aber man darf nicht aus den Augen verlieren, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt, um unser Ziel, den Klassenerhalt, zu erreichen.

Wie erklären Sie sich den ordentlichen Saisonstart?
Männel: Ich glaube, dass wir mittlerweile eine gewisse Erfahrung mitbringen in der 2. Liga, dass die Mannschaft über die letzten Jahre zusammengewachsen ist und punktuell verstärkt wurde, wo es nötig war. Die Truppe ist sehr homogen und es wurde darauf geachtet, dass wir Leute holen, die charakterlich zu uns passen.

Aktuelle Form des FC Erzgebirge Aue: "Gute Balance"

Sie haben in der aktuellen Saison pro Spiel im Schnitt einen Gegentreffer kassiert. Wie bewerten Sie die defensive Leistung bislang?
Männel: Natürlich freue ich mich als Torhüter, wenn wir wenige Gegentore kassieren. Über den aktuellen Schnitt kann man auch schon mal sehr glücklich sein. Wir wissen, dass sich alle elf Spieler auf dem Platz der Defensive verschreiben müssen. Unser Spiel ist darauf ausgelegt, dass jeder Spieler - sowohl defensiv als auch offensiv - seinen Teil zum Ganzen beiträgt, damit letztlich das Beste dabei rauskommt. Die Defensivarbeit geht beim Stürmer mit frühem Anlaufen los. Auf der anderen Seite fangen wir auch schon hinten bei mir und den Verteidigern mit dem Spielaufbau an. Wir haben aktuell eine gute Balance, die wir natürlich beibehalten wollen.

Sie selbst sind mittlerweile schon über zwölf Jahre in Aue. Was gefällt Ihnen dort denn so gut?
Männel: Ich war immer dankbar dafür, dass ich in Aue die Möglichkeit bekommen habe, im Profifußball Fuß zu fassen und meine ersten Schritte hier gehen zu dürfen. Über die Jahre hinweg ist eine gewisse Symbiose entstanden. Ich hatte bis auf kurze Phasen immer die Möglichkeit zu spielen und der Verein konnte auch von meinen Leistungen profitieren. Ich bin über die Zeit hier mit meiner Frau und meinen zwei Söhnen heimisch geworden, habe hier ein Haus gebaut und sozusagen hier Wurzeln geschlagen.

Erzgebirge Aue ist seit der Saison 2003/04 mit Ausnahme von drei Spielzeiten in der 2. Bundesliga. Was ist das Erfolgsrezept des Vereins, mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln Jahr für Jahr die Liga zu halten?
Männel: Das Wichtigste ist, dass niemand irgendwelche Schnellschüsse wagt. Es wird genau geschaut, wer zu uns und zum Verein passt und wer sich mit dieser Aufgabe identifiziert - gerade auch jetzt in Corona-Zeiten. Da wird genau hingeguckt, dass die Spieler sich in den Dienst der Mannschaft stellen. Der Verein funktioniert auch nur so gut, weil alle wissen, dass wir aus wenig viel rausholen müssen. Das geht bei unserer vergleichsweise dünn besetzten Geschäftsstelle schon los. Jeder weiß, dass er immer ein Stück weit ans Limit gehen muss.

Entwicklung der 2. Liga: "Mittelfeldspieler, die grätschen als gäb's kein Morgen mehr, sieht man nur noch selten."

Sie selbst spielen aktuell Ihre zehnte Zweitliga-Saison. Wie bewerten Sie die Entwicklung der Liga in den vergangenen Jahren?
Männel: Damals, als wir 2010 aufgestiegen sind, war definitiv noch ein anderer Fußball an der Tagesordnung. Da waren wir im ersten Jahr auch mit Standardsituationen und langen Bällen sehr erfolgreich. Das hat sich ziemlich gewandelt. Mittlerweile sind alle Mannschaften mit sehr viel Qualität bestückt, sodass teilweise Nuancen wie Fehler eines einzelnen Spielers entscheiden. Der Fußball ist zudem viel technischer geworden. Mittelfeldspieler, die um sich grätschen als gäb’s kein Morgen mehr, sieht man nur noch selten.

Am Sonntag empfangen Sie den SSV Jahn Regensburg. Sehen Sie Parallelen zwischen den beiden Vereinen?
Männel: Insgesamt ist es für mich ein sehr sympathischer Verein, der versucht, aus wenig viel zu machen und das auch beeindruckend gut hinkriegt. Durch Thomas Paulus (ehemaliger Mitspieler Männels, Leiter der Jahn Fußballschule, Anm. d. Red.) habe ich ein paar Einblicke in die Nachwuchsarbeit bekommen. Da ist der Verein in den letzten Jahren deutlich vorangekommen. Dass man versucht, den Nachwuchssport im Verein durch die Einnahmen aus der 2. Liga zu entwickeln, imponiert mir sehr. Es hat mich auch gefreut, dass man ein richtig schönes Stadion gebaut hat, in dem eine angenehme Atmosphäre herrscht und in dem es Spaß macht zu spielen.

Am Sonntag kommt es erneut zum Duell zwischen Albion Vrenezi (am Ball) und Aue-Kapitän Martin Männel (links). (Foto: imago)

Am Sonntag kommt es erneut zum Duell zwischen Albion Vrenezi (am Ball) und Aue-Kapitän Martin Männel (links). (Foto: imago)

Reha in der Oberpfalz: "Regensburg ist eine sehr schöne Stadt"

Im Jahr 2016 waren Sie nach einer Ellbogenverletzung in Donaustauf in Reha. Wie haben Sie die Zeit in Erinnerung?
Männel: Ich hatte dort einen durchgetakteten Tagesablauf und habe dort alle Möglichkeiten der Behandlung vorgefunden. Ich habe heute teilweise noch Kontakt zu einigen Therapeuten vor Ort. Einmal bin ich abends mit Thomas Paulus in Regensburg Essen gegangen. Regensburg ist eine sehr schöne Stadt. Als Fußballer sieht man zwar sehr viele Stadien in ganz Deutschland, aber man sieht nicht, welche Städte dahinterstecken. Deshalb war es schön, dort einmal die Zeit dafür zu haben.

Neun Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage. Das ist die Bilanz des FC Erzgebirge Aue gegen den SSV Jahn, seitdem Sie in Aue spielen. Warum liegt Ihnen der Jahn so gut?
Männel: Schwer zu sagen. Meine persönliche Bilanz ist abhängig davon, wie die Mannschaft und der Gegner gerade drauf sind. Es gab viele Spiele, die sehr eng waren oder mit Glück zu unseren Gunsten ausgegangen sind. Die positive Bilanz könnte sich ja theoretisch im Negativfall am Sonntag schon ändern. Wir werden alles daran setzen, dass das nicht passiert.

Männel sieht beim Jahn Schwächen in der Defensive

Wie schätzen Sie den Jahn in dieser Saison ein?
Männel: Regensburg ist eine gute Zweitliga-Truppe, die ihre Stärken vor allem in der Offensive hat. Für mich ist die Balance in der Defensive bei Regensburg nicht ganz so ausgewogen wie bei uns. Wenn man sie einmal ins Spiel kommen lässt, haben sie auch die Qualität, Spiele für sich zu entscheiden. Das haben sie in dieser Saison auch schon gezeigt. Deshalb sind wir gewarnt.