Seit diesem Jahr

Niederbayern: Klimaschutzmanagerin im Interview


Klimaschutzmanagerin Andrea Müller vor einem Kessel des Blockheizkraftwerks im Keller des Wohnheims der Ökoschule - es versorgt das komplette Gelände des Agrarbildungszentrums mit Nahwärme.

Klimaschutzmanagerin Andrea Müller vor einem Kessel des Blockheizkraftwerks im Keller des Wohnheims der Ökoschule - es versorgt das komplette Gelände des Agrarbildungszentrums mit Nahwärme.

Seit dem 1. Januar ist Andrea Müller (38) neue Klimaschutzmanagerin des Bezirks Niederbayern. Der war damit der erste Bezirk in Bayern, der eine solche Stelle ausgeschrieben hatte. Was sie macht, wie ihre ersten Monate im neuen Job aussahen und was sie für die Zukunft vorhat, verrät Andrea Müller im Interview.

Frau Müller, Was macht eine Klimaschutzmanagerin?

Andrea Müller: Ich bin eine "interne" Klimaschutzmanagerin für die Liegenschaften des Bezirks und im Baureferat angesiedelt. Basierend auf einem Klimaschutzteilkonzept sind für 28 Gebäude 288 Maßnahmen festgesetzt worden. Das betrifft hauptsächlich die energetische Gebäudesanierung, die Nutzung erneuerbarer Energien und Reduktion von fossilen Brennstoffen. Meine Aufgabe ist nun die Umsetzung dieser Maßnahmen in einer wirtschaftlich sinnvollen Reihenfolge.

Luftbild vom Agrarbildungszentrum in Landshut-Schönbrunn. Legende: 1 = Wohnheim der Ökoschule (Blockheizkraftwerk im Keller), 2 = Fachschule für ökologischen Landbau (Ökoschule) 3 = Landwirtschaftlicher Lehrbetrieb

Luftbild vom Agrarbildungszentrum in Landshut-Schönbrunn. Legende: 1 = Wohnheim der Ökoschule (Blockheizkraftwerk im Keller), 2 = Fachschule für ökologischen Landbau (Ökoschule) 3 = Landwirtschaftlicher Lehrbetrieb

Welche Gebäude sind ins Auge gefasst?

Müller: Im Fokus steht derzeit das Agrarbildungszentrum in Landshut-Schönbrunn. Eine aktuell ausgewählte Klimaschutzmaßnahme ist die energetische Sanierung des dortigen Öko-Wohnheims.

Wie geht man an eine solche Aufgabe heran?

Müller: Wir haben ein externes Fachbüro beauftragt, das sich das Gebäude angeschaut und Vorschläge gemacht hat, wie wir das Ziel von 50 Prozent CO2-Einsparung erreichen können. Das ist die Quote, um die Förderung für die energetische Sanierung zu erhalten. Die Maßnahmen werden wohl auf Gebäudedämmung und Austausch der Fenster und Türen hinauslaufen. Das werden wir demnächst ausschreiben und umsetzen.

Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien steigern

Welche weiteren Projekte stehen noch an?

Müller: Der Gebäudebestand am Agrarbildungszentrum ist teilweise sehr alt. Dort werden wir nach und nach weitere Maßnahmen umsetzen. Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien steigern, beispielsweise das neue Hallendach des landwirtschaftlichen Lehrguts komplett mit Photovoltaik bestücken. Weiterhin wollen wir ein digitales Energie-Monitoring aufbauen. Das wird zwar bereits jetzt betrieben, dabei werden die Energiedaten aber nur einmal am Monatsende manuell aufgenommen. In Zukunft sollen die Stromdaten und die Heizwärme im Viertelstundentakt digital erfasst und ausgewertet werden. Dann haben wir eine ganz andere Datengrundlage für unsere Schwachstellenanalyse.

Sie waren vorher bei der Stadt Regensburg beschäftigt. Warum haben Sie sich für den Bezirk Niederbayern entschieden?

Müller: Mich hat die "Pionierarbeit" gereizt. Niederbayern ist der erste Bezirk, der eine Klimaschutzmanagerin eingestellt hat. So kann ich Klimaschutzmaßnahmen in meiner Heimat durchsetzen. Der Vorteil am Bezirk ist, dass die Verwaltung vergleichsweise klein ist, da sind die Entscheidungswege kürzer und es geht schnell etwas vorwärts. Außerdem schätze ich am Bezirk seine soziale Ausrichtung. Die Haushaltsmittel fließen zu großem Teil in die Sozialverwaltung, die Kranken und Behinderten zugutekommt.

Wie lautet Ihr Fazit nach den ersten Monaten?

Müller: Es sind gute Ansätze vorhanden: Der Neubau der Sozialverwaltung, bereits vor meiner Zeit angestoßen, hat den KfW-Standard 55. Oder das neue Haus des Lehrgutsverwalters, das in Holzbauweise ausgeführt wird. Dennoch ist noch Potenzial vorhanden. Wir müssen schauen, dass alle dauerhaft an einem Strang ziehen.

Wie hat die Corona-Pandemie Ihre Arbeit beeinflusst?

Müller: Es sind sehr viele Termine ausgefallen, weil zu Beginn alle sehr vorsichtig waren. Es gab keine Vor-Ort-Besichtigungen, Fortbildungen sind bis Jahresende gestrichen. Handwerker haben Lieferschwierigkeiten. Das bremst uns natürlich aus. Auf der anderen Seite haben wir jetzt eine neue Akzeptanz für digitale Lösungen: Webinare, Homeoffice oder Videokonferenzen.

Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe

Wollten Sie immer schon im Bereich Klimaschutz arbeiten?

Müller: Ja, das Thema Umwelt hat mich schon immer interessiert. Meine Familie hat einen Bauernhof direkt an der Donau, da sind Phänomene wie zu große Trockenheit oder Hochwasser ganz nah. Ich habe mich immer weiter von Umweltschutz auf Klimaschutz spezialisiert.

Treten auch Schwierigkeiten bei Ihrer Arbeit auf?

Müller: Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Da müssen viele verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden. Also ist der Abstimmungsprozess das A und O. Leute müssen beteiligt und informiert werden. Außerdem haben wir teure Projekte, die sich erst auf lange Zeit amortisieren. Deshalb müssen wir das möglichst sinnvoll mit ohnehin anstehenden Maßnahmen kombinieren.

Welche langfristigen Ziele wollen Sie erreichen?

Müller: Es gibt ein klares Ziel: Wir müssen die Ziele der Bundesregierung einhalten, und zwar die Reduktion der Treibhausgase um 55 Prozent bis 2030.

Letzte Frage, an Sie als Privatfrau: Könnte jeder noch mehr machen?

Müller: Natürlich. Was mich sehr interessiert: Die Frage des Konsums. Wir sollten uns Gedanken machen, ob wir wirklich immer das allerneueste Handy brauchen oder ob es zweimal im Jahr die Flugreise auf einen anderen Kontinent sein muss. Wir in Niederbayern haben wunderbare Radwege und auch hier kann man herrlich entspannen.

Zur Person: Die gebürtige Straubingerin Andrea Müller hat am Gymnasium der Ursulinen ihr Abitur gemacht, danach Umweltsicherung an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf studiert und ist Absolventin des Masterstudiengangs Nachwachsende Rohstoffe am TUM-Campus in Straubing. Vor ihrer Tätigkeit beim Bezirk Niederbayern arbeitete sie für die Stadt Regensburg.