Washington

Trump gegen den Rest: Wüste Wahlkampfschlacht bei US-Republikanern


Von Jakob Dreher

Als Donald Trump am Dienstag in seinem Privatclub in Palm Beach vor seine Anhänger tritt, müht er sich redlich. Der Versuch, wie ein Staatsmann zu wirken, ist ihm anzusehen. Ein Brückenbauer wolle er sein, die Partei der US-Republikaner müsse wieder geeint werden, erklärt der 69-Jährige nach dem siegreichen Wahldienstag.

Die für Trump ungewöhnlich leise Rede kommt wie üblich mit einer Stunde Verspätung, aber sie ist kurz, nur ein paar Minuten dauert sie. Trump hat keine Zeit, er muss rechnen gehen. Der 69-Jährige hat gerade historische Siege eingefahren und dennoch: das Rennen steht für ihn Spitz auf Knopf, seine Kandidatur ist zu einer brutalen Wahlkampfschlacht geworden und wird das nach Lage der Dinge noch eine Weile bleiben.

Trump hat wohl vier von fünf Wahlen am Dienstag gewonnen, seine Führung bei den Delegierten mehr als verdoppelt. Er ist seinem Ziel einen großen Schritt näher gekommen. Die Arithmetik der Nominierungsprozedur aber will es so: Trump ist noch längst nicht am Ziel.

Der weichenstellende Dienstag ließ die tief zerrissene Partei der Republikaner nach den Wahlen in Florida, Illinois, Ohio, Missouri und North Carolina noch zerklüfteter zurück, als sie ohnehin schon war. So wie es aussieht, steuert die Partei auf eine Kampfabstimmung beim Nominierungsparteitag in Cleveland zu. Kommentatoren nannten das am Dienstag "ein potenzielles Blutbad".

Während bei den Demokraten Hillary Clinton am Dienstag mit mindestens vier Siegen aus fünf Staaten weiter schnurgerade in Richtung Kandidatur marschierte, brennt es bei den Republikanern lichterloh. Der Kampf tobt zwischen zwei Lagern: Donald Trump und Anti-Donald-Trump. In Ohio sollen sogar Demokraten bei den Republikanern wählen gegangen sein, nur um Trump zu verhindern.

Der New Yorker will genau diesen Stellungskampf verhindern. Er versucht, sich Rückendeckung vom innerparteilichen Gegner zu holen - vom Establishment, auf das er die letzten Monate pausenlos einhackte. Er habe mit Paul Ryan telefoniert, dem mächtigen Parlamentsvorsitzenden im Repräsentantenhaus und mit Mitch McConnell, dem Mehrheitsführer der Republikaner im Senat. "Gute Gespräche", sagte Trump in dem ihm eigenen Sprachstil. Es sollte den Versuch untermauern, Frieden zu stiften in einem Wahlkampf, der zum "Bürgerkrieg" innerhalb der Grand Old Party geworden ist.

Möglicherweise hat Trump für eine Friedenslösung den Krieg aber zuvor selbst zu heftig geführt. Gewaltszenen auf Kundgebungen, polizeiliche Ermittlungen gegen Trump, Fremdschämen in großen Teilen Amerikas und im Ausland. "Der Einfluss, den seine Kandidatur hat und weiter auf die Republikaner und das politische System in den USA haben wird, ist signifikant", sagt Jacob Parakilas, Amerika-Experte bei der Londoner Denkfabrik Chatham House. Außenwirkung: katastrophal.

Der Sieg von John Kasich in seinem Heimatstaat Ohio hat die Mathematik der Nominierung maßgeblich beeinflusst, auch wenn Trump bei seinem K.O.-Sieg in Florida alle 99 Delegierten abräumte und sein Widersacher Marco Rubio kampfunfähig das Handtuch warf. Auch wenn Trump Illinois klar, North Carolina knapp und Missouri wohl hauchdünn gewann.

Trump braucht bei den verbleibenden Vorwahlen rechnerisch rund 60 Prozent der Delegierten - womöglich sogar etwas mehr - um auf die magische Zahl von 1237, die absolute Mehrheit in Cleveland zu kommen. Bisher hat er keine 50 Prozent. Die Steigerung ist möglich, aber längst nicht sicher.

Kommt er zumindest in die Nähe der 1237 Delegierten, werden es seine Parteifeinde schwer haben, wenn sie keinen Volksaufstand der wenig zimperlichen Trump-Anhängerschaft riskieren wollen. Je weiter er davon wegbleibt, desto wahrscheinlicher wird ein Coup gegen ihn. Als sicher gilt: Das zermürbende Rennen bei den Republikanern geht weiter bis in den Juni, keiner für alle, alle gegen jeden.

Ohio-Sieger John Kasich, der rechnerisch keine Chance auf eine Mehrheit hat, spekuliert genau auf ein solches Szenario wenn er sagt: "Ich bin derjenige, der die größten Chancen gegen Hillary Clinton hat." Allan Lichtman, Professor an der Amercian University in Washington, macht es deutlich: "Kasich hat eine, und wirklich nur eine Chance: Eine Kampfabstimmung, bei der es zum Kuhhandel kommt und er plötzlich als bestgeeigneter Kandidat gegen Clinton dasteht."

Bei den Demokraten stellt sich die Frage, wie lange Hillary Clintons Widersacher Bernie Sanders noch durchhalten kann - und will. Mathematisch hat er nach dem Verlust von Ohio und Illinois an Dienstag kaum noch eine Chance. "Wir glauben nicht, dass Senator Sanders noch gewinnen kann", sagt Clintons Sprecherin Jennifer Palmieri. Doch hat dieser mehrfach angekündigt, seine "politische Revolution" zu Ende führen zu wollen. Sanders hat von seiner Anhängerschaft soviel Geld in Kleinspenden gesammelt, dass sein finanzieller Atem leicht bis zum Parteitag im Juli reichen könnte.

Nach Auffassung von Experten schadet der Senator, der vor allem bei der Jugend gut ankommt, jedoch seiner Partei. "Bernie Sanders ist der beste Freund, den die Republikaner jemals hatten", sagt Allan Lichtman. Donald Trump, das sagen zumindest bisher alle Umfragen, kann Hillary Clinton bei der Präsidentschaftswahl nicht schlagen. "Das kann nur Bernie Sanders", sagt Lichtman.