Vier Pfoten am Campus

Hündin Nayla begleitet ihre Besitzerin oft an die Uni – ein Hundetagebuch


Uni aus Hundesicht: Nayla ist ein einjähriges Australian-Shepherd-Mädchen. (Fotos: Gabauer)

Uni aus Hundesicht: Nayla ist ein einjähriges Australian-Shepherd-Mädchen. (Fotos: Gabauer)

Von Julia Gabauer

Fressen, schlafen, spielen, kuscheln mit meinem Menschenrudel - das war früher mein Leben. So viel dazu, dass Zweibeiner immer sagen, ein Hundeleben zu führen, sei schlimm. Von wegen! Bis mein Alpha-Frauchen ein Studium begonnen hat. Ich wusste damals noch nicht, was das ist. Aber sie hat gesagt, das sei gut für ihre berufliche Laufbahn.

Fand ich klasse. Sie muss immerhin für mich sorgen und Geld für meine Spielsachen und Leckerlis verdienen. Und von Leckerlis kann ich nie genug kriegen! Allerdings war sie nur noch am Wochenende daheim. Das fand ich ziemlich doof. Da holt dich ein Frauchen zu sich und du hast nix von ihr. Na gut, ich gebe zu, ich hab' sie auch vermisst. Bis sie eines Tages gesagt hat: "Nayla, nächste Woche kommst du mit an die Uni!" Ich hab' mir gedacht: "Da biste mal nicht so, ist immerhin besser als alleine daheimzusitzen."

Und dann war er da: mein großer Tag als Erstsemester-Hund. Ach du heiliger Futternapf, ganz schön was los an diesem Ort, der sich Uni nennt! Ein riesiger Haufen Menschen, noch mal der doppelte Haufen Beine und jede Menge Krach. Außerdem riechen die Leute überraschend stark entweder nach Stress oder Langeweile. Ich frage mich, woran das liegt...? Aber hey, da haben noch andere ihre Hunde dabei! "Zum Spielen ist jetzt keine Zeit, wir müssen in die Vorlesung", sagt Frauchen. Auf dem Weg dahin gehen wir an einem Gebäude vorbei, das Mensa heißt. Da riecht es sehr verführerisch nach Menschenfutter.

Wie gerne würde ich mich da mal reinschleichen und was Leckeres stibitzen. Darf ich aber nicht, Hunde verboten. Genau wie in der Bibliothek. Da will ich aber eh nicht hin, Bücher schmecken nicht. Ich weiß das, ich hab's probiert.

Der Dozent riecht nach Katze

Im Hörsaal angekommen legt meine Leitmenschin meine Decke auf den Boden. Das will ich hoffen, der Teppichboden kratzt total. Meine Decke ist mein Bereich, damit das klar ist! Wenn ich hier liege, weiß ich: Still sein, Frauchen hat was Wichtigeres zu tun und muss aufpassen. Kommt da jemand auf mich zu, ruft "Süüüß!" mit einer Stimme, die drei Oktaven überspringt, und fasst mich an, bekommt meine Dosenöffnerin den bösen Blick. Sie will, dass man erst fragt. Ich nehm's da nicht so genau, Streicheleinheiten find' ich mindestens so super wie Leckerlis.

Die Vorlesung geht los. Der Dozent tippt auf einem komischen Kasten mit Apfellogo herum und bunte Bilder erscheinen an der Wand. Auf die deutet er und fängt an zu erzählen. Jetzt kommt der langweilige Teil für mich. "Knochengeschichte aus aller Welt" oder "Die chemische Zusammensetzung von Spielbällen und Quietschtieren" - das sind Themen, die mich interessieren würden. Gibt's hier aber nicht. Stattdessen hören wir uns was über Mikroökonomie oder Marketing an. Für Hunde völlig unwichtig. Gähn! Bei meinen vierbeinigen Kumpels daheim kann ich damit aber super angeben, nach dem Motto: "Ich bin ein Hund von Welt und gebildet." Weiß ja keiner, dass ich kein Wort verstehe

Der Professor redet immer noch und seine Hosenbeine, die vor meiner Nase auf und ab wandern, riechen provozierend nach Katze... Soll ich ihn mal in die Waden zwicken? Dann würde er vielleicht auch nicht mehr so ernst gucken. Davon wäre mein Frauchen aber bestimmt nicht begeistert. Und er wohl ebenfalls nicht. Hmmm, langsam merke ich, wie ich müde werde. Der Spaziergang von heute Morgen macht sich bemerkbar. Ich spanne nur kurz meine Augenlider aus, das merkt der da vorne gar nicht...

Huch! Ich schrecke auf, weil alle mit den Fingerknöcheln auf die Tischplatten klopfen. Bin wohl kurz eingenickt. Das Klopfen - so viel weiß ich mittlerweile - heißt: Die Vorlesung ist vorbei. Sehr gut, nach eineinhalb Stunden meldet sich meine Blase nämlich auch zu Wort. Der Dozent ermahnt die Studenten noch, die näherrückende Klausur nicht zu vergessen. Fällt für mich flach. Es hat durchaus Vorteile, kein Buch halten zu können. Auf geht's in die nächste Vorlesung! Zwischendrin kurz Pipipause, Wasser schlabbern und einen Hundekeks vernichten. Das Leben als Studentenhund ist schön!