Regensburger Studenten in Kenia

Mit einer Alge den Hunger bekämpfen


"Thriving Green" hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Hunger in Turkana zu bekämpfen. Ihre Geheimwaffe: Die Alge Spirulina.

"Thriving Green" hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Hunger in Turkana zu bekämpfen. Ihre Geheimwaffe: Die Alge Spirulina.

Von Patrick Beckerle und Redaktion idowa

Spirulina - ein Name, mit dem wohl die wenigsten etwas anfangen können. Dahinter verbirgt sich eine Alge, die sich im Kampf gegen den Welthunger als Wunderwaffe erweisen könnte. Wie das ginge, zeigen mehrere Studenten aus Regensburg in Kenia.

"Thriving Green" nennt sich das junge Projekt. Auf deutsch: Blühendes Grün. Ein passender Name. Denn die leuchtend grüne Farbe fällt bei Spirulina als erstes ins Auge. Nicht von ungefähr wird sie auch als Farbstoff, zum Beispiel bei grünen Gummi-Bären, verwendet. Doch Spirulina hat noch wesentlich mehr Potenzial. Sie enthält viel Protein, zahlreiche Vitamine und wächst unter Bedingungen, unter denen andere Pflanzen nicht überleben könnten. "Spirulina hat die Bezeichnung 'Superfood' wirklich verdient", sagt Alexander Zacharuk, Projektleiter bei "Thriving Green". Er und sein Team haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit Spirulina den Welthunger zu bekämpfen.

Für Alexander Zacharuk begann alles vor zwei Jahren mit einer Dokumentation auf phoenix: Darin ging es um die Region Turkana in Kenia. Dort herrschen extreme Hitze (Temperaturen über 45 Grad sind keine Seltenheit), Dürre und Armut. Das wenige Grundwasser ist sehr salzig mit einem hohen ph-Wert. Landwirtschaft ist unter diesen Bedingungen kaum möglich. Schwere Hungersnöte sind die Folge. "Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: Es gibt Pflanzen, die sogar in der Antarktis oder auf dem Meeresboden wachsen. Dann muss es doch auch welche geben, die in der Wüste gedeihen.", erzählt Zacharuk. Der 28-Jährige begann im Netz zu recherchieren - und stieß auf Spirulina. Die Idee für "Thriving Green" war geboren.

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Mit Hilfe des Studentennetzwerks enactus sammelte Zacharuk anschließend Mitstreiter für das Projekt. Am Ende stand ein bunt gemischtes Team aus Studenten unterschiedlichster Richtungen. Nach viel Arbeit, Planung und Simulationen in Regensburg konnte im April 2017 schließlich die erste Anlage in Nariokotome in Turkana aufgebaut werden. Eine Erfahrung, die Zacharuk nie vergessen wird. "Natürlich waren die Leute dort erst einmal skeptisch, was wir da machen", erzählt er. "Aber nachdem sich der erste Mutige gefunden hatte, um die Alge zu probieren, ging der Rest fast von selbst." Tatsächlich ist Spirulina das perfekte Nahrungsmittel für die widrigen Umstände in Turkana: Sie kann leicht in Algenbecken angebaut, täglich geerntet und mit traditionellen Speisen (zum Beispiel Fladenbrot oder Maisbrei) kombiniert werden. Die Alge sättigt, enthält viel Protein und Vitamine und verhindert so die schlimmen Folgen der Mangelernährung. Zudem benötigt sie vergleichsweise wenig Wasser und auch die extreme Hitze und der hohe ph-Wert machen ihr nichts aus. Und was Zacharuk am wichtigsten ist: Sie kann von den einheimischen Bewohnern selbst angebaut werden.

"Turkana ist eine Region, die in den letzten 100 Jahren fast permanent von Entwicklungshilfe abhängig war. Das hat zu einer Kultur der Hoffnungslosigkeit geführt", berichtet der 28-Jährige. "Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, ihr ganzes Dorf nachhaltig ernähren zu können. Und zwar wirtschaftlich selbsttragend, sodass sie nicht mehr von Spenden und fremder Hilfe abhängig sind."

Nach einem Jahr funktioniert das auch schon ziemlich gut. Das "Thriving Green"-Team besteht mittlerweile aus 22 Studenten. Etwa alle drei Monate reisen einige von ihnen für mehrere Wochen nach Turkana, bilden die Leute vor Ort aus und beobachten den Fortschritt. Der nächste Besuch ist für August geplant. "Aber die Leute würden wohl auch ohne uns schon ganz gut zurechtkommen", sagt Zacharuk. Er und seine Mitstreiter denken deswegen schon weiter: Sie wollen die bestehenden Anlagen ausbauen und technisch weiter entwickeln. Ihr nächstes großes Ziel ist es, in Lodwar, der Hauptstadt von Turkana, eine weitere, größere Anlage zu errichten.

So viel Engagement blieb nicht lange unbemerkt: Für ihr Projekt wurden Alexander Zacharuk und seine Kollegen auch schon mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt wurde "Thriving Green" von der Initiative "Deutschland, Land der Ideen" im Rahmen des Wettbewerbs "Ausgezeichnete Orte" als eines von 100 Projekten aus ganz Deutschland geehrt. "Das ist für unser Team schon sehr schön, zu sehen, dass die eigene Arbeit so wertgeschätzt wird", sagt Zacharuk. Er nimmt das auch als Ansporn, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. "Das ist unser Beitrag, die Welt nachhaltig zu verbessern."

Info:
Mehr Informationen zu dem Projekt finden Sie auch auf www.thriving-green.com

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Spirulina sieht zwar eher gewöhnungsbedürftig als lecker aus, enthält aber zahlreiche Vitamine und Proteine, was sie zum idealen Nahrungsmittel macht.

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Hilfe zur Selbsthilfe: Mittlerweile können die Bewohner vor Ort die Alge auch schon selbst anbauen, ernten und verarbeiten.

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Mehrmals im Jahr reisen Alexander Zacharuk (vorne Mitte) und sein Team nach Kenia, um den Fortschritt ihres Projekts mit eigenen Augen zu verfolgen.

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Ihr Engagement wurde auch schon mehrfach ausgezeichnet - zuletzt von der Initiative "Deutschland - Land der Ideen".