Regensburg

Mutig und positiv: Der Jahn vor dem dritten Zweitliga-Jahr


Geht mit Mentalität voran: Mit Spielern wie Andi Geipl (rechts, hier im Duell mit Hoffenheims Vincenzo Grifo) will der Jahn auch in der kommenden Saison ein ekliger Gegner in der 2. Bundesliga sein.

Geht mit Mentalität voran: Mit Spielern wie Andi Geipl (rechts, hier im Duell mit Hoffenheims Vincenzo Grifo) will der Jahn auch in der kommenden Saison ein ekliger Gegner in der 2. Bundesliga sein.

Der SSV Jahn Regensburg steht vor seinem dritten Jahr in der 2. Bundesliga in Folge. Mit neuem Cheftrainer und vielen neuen Spielern soll erneut der Klassenerhalt gelingen.

Für Christian Keller war und ist dieser Sommer sehr arbeitsintensiv. Er musste einen mittelgroßen Umbruch gestalten beim SSV Jahn Regensburg. Wobei: "Das Wort Umbruch benutze ich selbst nicht gerne, denn das Grundgerüst, unser Fundament ist ja immer noch da", sagt der Geschäftsführer. Er nennt es lieber "einen größeren personellen Wechsel". Es sei mehr Arbeit gewesen als in den vergangenen Jahren, bestätigt Keller. "Aber das ist okay, ich muss ja auch was machen", schiebt er mit einem Schmunzeln hinterher.

13 Spieler aus dem Kader der vergangenen Saison sind nicht mehr da. Die einen, weil sie sich sportlich verändern wollten, vom Jahn keinen Vertrag mehr angeboten bekamen, die Leihe oder die Karriere zu Ende ging. Andere, weil sie sich durch ihre Leistungen beim Jahn für größere, für finanzstärkere Vereine empfohlen haben. So will sich Sargis Adamyan in Hoffenheim in der Bundesliga beweisen und Hamadi Al Ghaddioui geht zukünftig in Stuttgart auf Torejagd. Und nicht zuletzt war nach dem Abgang von Achim Beierlorzer zum Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln der Posten des Cheftrainers vakant. Diese Lücke füllt nun Mersad Selimbegovic aus, der seit 13 Jahren im Verein ist und zuletzt zwei Spielzeiten der Assistent von Beierlorzer war.

In rund einer Woche startet die neue Spielzeit. Beim Blick auf die bislang vierwöchige Vorbereitung lässt sich beim Jahn durchaus eine Zufriedenheit feststellen. "Es ist sicher noch nicht alles so gefestigt, wie es nachher sein soll. Aber aufgrund der Testspiele und der Trainingseindrücke bin ich sehr zuversichtlich, dass wir am ersten Spieltag gegen Bochum eine ordentliche Leistung auf den Platz bringen werden", äußert Keller. Die verbleibenden Tage bis zum Saisonstart würden der Mannschaft aber auch noch guttun.

Mut und Vertrauen

Denn die neuen Spieler müssen die spezielle Jahn-Spielidee, die sehr viel mit Mut und Vertrauen in die Mitspieler zu tun hat, verinnerlichen. "Bei unserem Spiel kann es zum Beispiel schon passieren, dass der Außenverteidiger den Gegner an einer Stelle attackiert, an der das für einen Außenverteidiger nicht üblich ist", beschreibt Mersad Selimbegovic das offensive Pressing. Dies müsse in die Köpfe der Spieler. "Man merkt aber auch, dass das Vertrauen in den Nebenmann immer mehr wird. Diese Automatismen brauchen wir."

Dass es immer besser funktioniert, hat man zuletzt auch im Testspiel gegen den Bundesligisten TSG Hoffenheim gesehen, als die Jahnelf nur knapp mit 2:3 unterlag und nach einem Doppelpack von Kapitän Marco Grüttner zwischendurch sogar mit 2:0 geführt hat. "Wir haben gegen eine überragende Mannschaft gut mitgehalten. Wir haben auch gesehen, dass wir uns in ein paar Sachen noch verbessern müssen, im Großen und Ganzen war ich aber sehr zufrieden", blickt der Jahn-Coach darauf zurück.

Gibt beim Jahn nun die Richtung vor: Cheftrainer Mersad Selimbegovic. (Foto: imago)

Gibt beim Jahn nun die Richtung vor: Cheftrainer Mersad Selimbegovic. (Foto: imago)

Im Vergleich zur Vorsaison ist der Regensburger Kader dieses Mal etwas kleiner. Waren es vor einem Jahr zu Saisonbeginn 26 Feldspieler, so sind es aktuell nur noch 21. Eine bewusste Entscheidung, wie die Verantwortlichen sagen. "Wenn man am Ende der Trainingswoche Elf gegen Elf spielt und einige Spieler da nicht mitmachen können, dann ist das für die Spieler schon schwierig", sagt Selimbegovic. Das wollte man vermeiden. "So etwas trägt nicht zur positiven Stimmung bei, deshalb wollten wir den Kader ein bisschen verkleinern", bestätigt Keller.

Keller positiv gestimmt

Der Kader ist auch qualitativ noch enger zusammengerückt im Vergleich zur Vorsaison, als einzelne Spieler sehr wenig oder gar nicht zum Einsatz gekommen sind. Blickt man auf den aktuellen Kader, haben alle das Potenzial zu spielen. "Der Kader ist in der Breite nicht schlechter aufgestellt als im vergangenen Jahr", schätzt Keller ein. Wenngleich er weiß, dass die neuen Spieler eine gewisse Anpassungszeit brauchen werden. "Wie lange diese in jedem einzelnen Fall dauert, das kann ich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Aber die bisherigen Eindrücke stimmen mich sehr positiv, dass es bei dem einen oder anderen sehr schnell gehen kann." Ein guter Saisonstart, so Kellers Überzeugung, würde sehr helfen: "Wenn du am Anfang Erfolge hast, dann tankst du Selbstvertrauen. Dann gehen viele Sachen leichter und Abläufe automatisieren sich schneller."

Für Mersad Selimbegovic ist Realismus ein wichtiger Begriff vor dem Start in die neue Saison. "Wir wissen, was wir können. Wir wissen aber auch, dass es uns die Gegner in dieser Liga in jedem Spiel schwer machen werden", sagt er. "Aber wir sind bereit, das anzugehen und auch mit eventuellen Rückschlägen umzugehen." Man sei in den vergangenen Jahren nicht immer überragend in die Saison gestartet. "Aber wir sind immer ruhig geblieben und auch das Umfeld ist ruhig geblieben", sagt der 37-Jährige Bosnier. Wichtig ist ihm nur eines und das verlangt er von seinem Team: "Es kann sein, dass es der Gegner einmal an einem Tag besser macht als wir. Aber es darf nicht sein, dass eine Mannschaft in dieser Liga mehr will als wir."

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Christian Keller sieht, "dass das Team auf der zwischenmenschlichen Ebene harmoniert, dass die neuen Spieler offen und bereit sind, sich zu entwickeln und einzubringen. Aber bis wieder alle Automatismen funktionieren, wird es noch ein paar Wochen dauern. Aber wir sind jetzt weiter als wir es vor zwei Jahren zum selben Zeitpunkt waren", sagt der Geschäftsführer. Etwas, das er auch an den Neuzugängen festmacht. "Die neuen Spieler sind vielleicht noch nicht so weit wie manche der Spieler, die uns verlassen haben, am Ende der zurückliegenden Saison waren. Aber sie sind schon weiter als es unsere Abgänge waren, als sie damals zu uns gekommen sind. Deshalb bin ich da auch sehr positiv gestimmt, dass wir von den jetzt noch nicht so bekannten Namen wieder den einen oder anderen etwas bekannter machen können."

Der Jahn hat sich einen Namen gemacht

Die Entwicklung und vor allem die klare Philosophie des Jahn der vergangenen Jahre machen sich auch bei der Suche nach Neuzugängen bemerkbar. "Die Spieler merken, dass sie beim Jahn eine Chance zur Entwicklung bekommen, dass mit ihnen systematisch gearbeitet wird und dass sie sich hier verbessern können", sagt Keller. Einen Spieler wie Tom Baack, der alle Juniorennationalteams durchlaufen hat und zuletzt beim Ligakonkurrenten VfL Bochum im Kader stand, hätte man, glaubt Keller, "vor zwei Jahren so nicht verpflichten können." Erschweren würde den Markt andererseits, dass die vielen großen Namen der Liga "in ganz anderen Sphären" bezahlen könnten als der Jahn. Doch Keller jammert nicht: "Wir haben uns in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt. Zu den etablierten Zweitligisten besteht aus wirtschaftlicher Sicht aber nach wie vor eine große Lücke. Diese Lücke lässt sich nicht kurzfristig, sondern nur über nachhaltig gute Arbeit reduzieren. Unser Weg muss es daher auch zukünftig sein, vergleichsweise unbekannte Spieler zu rekrutieren und diese auf Zweitliganiveau zu führen."

Sehr wahrscheinlich ist, dass noch mindestens ein weiterer Spieler verpflichtet wird. "Wir möchten noch einen flexibel einsetzbaren Offensivspieler holen, der vorne am besten alle Positionen spielen kann", sagt Keller. Einen Wunschkandidaten dafür hat er auch bereits auserkoren, es würde sich in dem Fall um eine feste Verpflichtung handeln. Keller schließt auch nicht aus, dass noch mehr als ein Spieler kommt. "Wenn sich nochmal etwas auftut und wir sagen, der Spieler hilft uns weiter, dann würden wir es auch machen. Aber das ist kein Muss."

Christian Keller will noch einen flexibel einsetzbaren Offensivspieler für den Jahn gewinnen. (Foto: imago)

Christian Keller will noch einen flexibel einsetzbaren Offensivspieler für den Jahn gewinnen. (Foto: imago)

In den Transfermarkt kommt erfahrungsgemäß gegen Ende der Wechselfrist noch einmal Schwung. "Je näher der Stichtag kommt, desto mehr Bewegung kommt auf den Markt", sagt Keller. Für den Jahn sei - spitz formuliert - seit dem 1. Juli das Transferfenster relativ geschlossen. "Denn jetzt geht es in der Regel um große Ablösesummen." Der Markt könnte sich aber vielleicht ab etwa Mitte August wieder öffnen. "Wenn die Bundesligisten in die Saison einsteigen, dann wird klar, wer es schafft und wer nicht. Dann kann es sein, dass der eine oder andere Spieler noch abgegeben oder verliehen werden soll." So wie es beispielsweise im vergangenen Jahr bei Adrian Fein der Fall war, der erst kurz vor Ende der Wechselfrist vom FC Bayern an den Jahn verliehen worden ist.

Trainer Selimbegovic geht unabhängig von weiteren Transferaktivitäten mit einem positiven Gefühl in die Saison. "Wir haben Augen und Ohren offen. Wir können aber auch mit dem aktuellen Kader in die Saison starten und könnten auch so durch die Saison gehen", sagt er. Selimbegovic merkt man einerseits eine Gelassenheit an, andererseits ist aber auch seine Vorfreude auf den Saisonstart spürbar. Er selbst verspüre immer mehr Freude an der Arbeit als Cheftrainer, sagt er. "Und wenn ich sehe, wie die Mannschaft mitzieht, dann stimmt mich das optimistisch." Bis zum Saisonstart gehe es nun noch darum, zu feinjustieren, an der Spritzigkeit und taktischen Kleinigkeiten zu arbeiten. Und dann ist die Jahnelf bereit für das dritte Zweitliga-Jahr in Folge. Und wenn dieses mit dem erneuten Klassenerhalt endet, dann werden beim Oberpfälzer Zweitligisten alle zufrieden sein. Dann hätte sich auch der arbeitsintensive Sommer für Christian Keller gelohnt.