Meinung

Kommentar zum Gäubodenvolksfest

Wenn ganz Straubing wieder spinnt


Carina Ziegler (21) aus Rain freut sich schon sehr auf die fünfte Jahreszeit.

Carina Ziegler (21) aus Rain freut sich schon sehr auf die fünfte Jahreszeit.

Von Redaktion idowa

"Hast du scho a neues Dirndl für heuer?" - "Schaust du dir an Auszug an oder schaust glei, dassd an Platz im Bierzelt kriegst?" - "Wann gehma denn wir mal zam?" - "Wie vui Biermackal hast du eigentlich?" - "Magst amoi mei neue Lederhosn sehen?" - "Und wie vui Maßal hast du dir für des Jahr vorgenommen?"

Straubing ratscht, tauscht sich aus, murmelt, diskutiert, holt Meinungen ein und freut sich vor allem aufs Volksfest. Wann? Ab Ende August also das ganze Jahr über! Wenn man über den Stadtplatz spaziert und ein bisschen lauscht, über was sich die Leute so unterhalten, ist das Volksfest bereits im Mai eines der Hauptgesprächsthemen. Kein Wunder - für uns Straubinger gibt es schließlich kaum etwas Wichtigeres als unser allseits bekanntes, heiß geliebtes und stets gefeiertes Volksfest.

Es sind aber nicht nur die Leute, die sich mit ihrer Ratscherei aufs Volksfest vorbereiten und sich gegenseitig ganz narrisch machen vor Vorfreude. Die Trachtengeschäfte rüsten auf, präsentieren die modernsten Dirndl und Lederhosen überall in den Werbungen; in Straubing und Umgebung hängen Plakate vom Gäubodenvolksfest; der Hagen - Straubings größter und bester Parkplatz - wird wochenlang gesperrt. Und keiner beschwert sich! Die Zeitungen sind voll von Vorfreudeberichten über das Volksfest und den Aufbau. Mehr noch, es GIBT sogar eine eigene Volksfest-Zeitung! Die Stadt wird festlich geschmückt. Die Geschäfte drucken ihre eigenen Straubing-T-Shirts. Jeder schaut, dass er noch irgendwo ein paar Biermackerl abstauben kann. Man deckt sich mit neuer Tracht und den für heuer angesagten Trends ein. Die ganze Volksfestwoche wird schon verplant: wer, wann, mit wem und in welches Zelt? Die Mädels probieren fleißig neue Flechtfrisuren. Die Jungs überlegen sich Sprüche und Stunts, um die Dirndln beeindrucken zu können. Jeder nimmt sich für die Volksfestwoche Urlaub und dann, wenn es endlich soweit ist, herrscht in der Stadt der absolute Ausnahmezustand.

Für unsereins ist dieser jährliche Wahnsinn eigentlich schon völlig normal. So auch für mich - in Straubing auf die Welt gekommen, aufgewachsen und in meinem ganzen Leben wahrscheinlich noch nicht mehr als zehn Volksfesttage verpasst. Wenn man so unter sich ist, merkt man gar nicht so sehr, was für einen Hype die Straubinger um ihr Volksfest machen.

Erst, als ich vor zwei Jahren nach Regensburg ging, um dort zu studieren, wurde mir von Auswärtigen mitgeteilt, dass wir Straubinger doch alle einen Vogel hätten, wenn es um das Gäubodenvolksfest ginge. "Des is doch aa nix anders wie d'Regensburger Dult." Da haben sich meine Freunde und Studienkollegen wohl sauber geirrt! Allerdings stehe ich mit dieser Meinung, als einzige Straubingerin, ziemlich alleine da und keiner kann nachvollziehen, wie man sich auf das Volksfest so wahnsinnig freuen kann. "Des is halt a Festl wie jeds andere a, dafür brauch i ned extra nach Straubing kommen!" Solche und schlimmere Beleidigungen werden mir dort, im fremden und suspekten Regensburg, an den Kopf geworfen.

Die einen finden es lächerlich, die anderen finden es witzig. Wieder andere sind doch interessiert und müssen sich das Volksfest doch erst einmal anschauen, bevor sie vorschnelle Schlüsse ziehen. Ein Freund musste vor Kurzem feststellen: "Bei euch in Straubing gibt's sowieso keine Monate und keine Jahreszeiten. Da gibt's nur vorm Volksfest und nachm Volksfest."

Man kann es ihnen ja nicht übel nehmen. Sie können einem eher leidtun, dass sie selber nicht das Glück haben, ein Straubinger zu sein. Denn spätestens, wenn es sie dann doch alle aufs Volksfest gezogen hat und wir alle zusammen nach zwei Maß Bier auf der Bierbank stehen und zusammen feiern, haben auch die Regensburger das Wunderbare und Besondere am Straubinger Volksfest erkannt und bedauern wahrscheinlich insgeheim selber, nicht richtig dazuzugehören.

Wenn uns auch die Auswärtigen für noch so verrückt und übertrieben halten, für mich gibt es nichts Schöneres, als sich genau auf diese Straubinger Art und Weise aufs Volksfest zu freuen. Es kann sich schließlich nicht eine ganze Stadt täuschen in der Meinung, s Volksfest sei a Trumm vom Paradies. Und in einem sind wir uns sowieso einig: Wer recht hod, zahlt a Maß!