Interview mit Rudolf Wolfgemuth

„Das Thema Brautwahl ist abgehakt“


Neue Perspektiven eröffnen sich für Rudolf Wohlgemuth: Nach neun Landshuter Hochzeiten, die er als Vorsitzender organisiert hatte, nahm er am vergangenen Wochenende erstmals auf der Ehrentribüne Platz. (Foto: cv)

Neue Perspektiven eröffnen sich für Rudolf Wohlgemuth: Nach neun Landshuter Hochzeiten, die er als Vorsitzender organisiert hatte, nahm er am vergangenen Wochenende erstmals auf der Ehrentribüne Platz. (Foto: cv)

Von Emanuel Socher-Jukic

Der stille Beobachter ist wohl die treffendste Umschreibung für Rudolf Wohlgemuth. Jedenfalls, wenn man den Ehrenvorsitzenden der Förderer im Lager sitzen sieht - meist in der Hütte der Armbrustschützen. Fast 30 Jahre, von 1978 bis 2006, hat der 78-Jährige als Vorsitzender ganz wesentlich zum Erfolg des Vereins und damit der Landshuter Hochzeit beigetragen. Erstmals kann Wohlgemuth die Hochzeit aus der Distanz beobachten. Darüber und über das bekanntermaßen abgekühlte Verhältnis zu seinem Nachfolger, Dr. Ernst Pöschl, sprach er im Interview mit der LZ.

Landshuter Zeitung:Herr Wohlgemuth, wenn man Sie so sitzen sieht, hat man das Gefühl, Sie beobachten das Treiben recht entspannt - trügt der Schein?

Rudolf Wohlgemuth :Ich genieße es schon, das erste Mal am Boden zu sein. Bisher saß ich bei der Landshuter Hochzeit ja immer im Regieturm oder bin rumgelaufen wie ein Geißbock. Jetzt genieße ich es, dass ich bei den Armbrustschützen untergekommen bin. Normalerweise habe ich immer erst gegen halb zwölf nachts gegessen, jetzt gibt's um halb neun Essen.

Also geregelte Mahlzeiten?

Rudolf Wohlgemuth: Ja. Nicht nur deshalb war es höchste Zeit, aufzuhören - schließlich bin ich 78. Ich bin jetzt ein gepflegter Rentner.

Sie wollen mir jetzt aber nicht weis machen, dass es Sie nicht doch hin und wieder juckt, irgendwo mitzumischen?

Rudolf Wohlgemuth: (Lacht) Das stimmt natürlich. So wie vor Kurzem auf dem Turnierplatz: Da war ein Junge, so um die zwölf, der mit seinem Kupferbecher Fußball gespielt hat - dem hab' ich gesagt, dass er sofort aufhören soll. Dann ist mir eingefallen, dass ich das ja gar nicht mehr sagen darf.

Wenn Sie alles so beobachten - ist da auch ein bisschen Wehmut dabei?


Rudolf Wohlgemuth: Ja schon. Wenn ich sehe, dass bestimmte Dinge anders gemacht werden, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat - aber das ist nun mal so, wenn andere Menschen das machen. Die haben ihre eigene Sicht.

Bereuen Sie es nie, den Vorsitz aufgegeben zu haben?

Rudolf Wohlgemuth: Nein, weil ich genau weiß, wo meine Grenzen sind. Ich hatte gesundheitliche Probleme. Das hätte ich nicht durchgestanden.

Wie begegnen Ihnen die Leute im Lager?


Rudolf Wohlgemuth: Ich bin überrascht, dass ich so beliebt bin, ich war nämlich ein harter Hund (lacht). Im Ernst: Ich habe keine Schwierigkeiten, selbst mit denen nicht, mit denen ich Auseinandersetzungen hatte. Nur mit denen, die allzu forsch losgehen, habe ich ein Problem. Vor allem mit dem Tonfall - das sind hier ja alles Leute, die das freiwillig machen.

Womit wir bei Ihrem Nachfolger, Ernst Pöschl, wären. Ihm haben Sie genau das vorgeworfen, dass er gegenüber den Mitwirkenden nicht den richtigen Ton trifft.

Rudolf Wohlgemuth: Und das ist immer noch so. Ich habe mir eigentlich gedacht, wenn jemand eine Firma hat, so wie er, dann geht er einfühlsamer mit den Leuten um.

Sie sagen von sich aber doch auch, dass sie in Ihrer Zeit als Vorsitzender ein harter Hund gewesen sind.

Rudolf Wohlgemuth: Vielleicht hatte ich einen anderen Ton - da muss man andere fragen. Aber Pöschl und ich sind jetzt keine Todfeinde. Ich hab' nur Abstand zu ihm genommen. Auf ihm lastet im Moment aber auch eine riesige Verantwortung wegen dem Wetter. Da habe ich Verständnis für manches.

Nach den Querelen um die Brautwahl haben Sie gesagt, dass Sie auf Distanz zu ihm gehen. Ist das noch so?


Rudolf Wohlgemuth: Dabei bleibe ich. Diese Entscheidung (der Brautwahl; Anm. d. Red.) lässt sich schließlich nicht mehr reparieren. Trotzdem ist das Thema für mich abgehakt. Nach der Brautwahl war für unsere Familie eine schwere Zeit. Wir haben aber weitergemacht - alles andere hätte nur der Hochzeit geschadet. Wir sind über unseren eigenen Schatten gesprungen - der Hochzeit zuliebe. Das ist, glaube ich, gut angekommen.

Wenn Sie auf ihre 28 Jahre als Vorsitzender zurückblicken - was waren die wesentlichsten Veränderungen bei den Förderern?

Rudolf Wohlgemuth: Auf jeden Fall das Verhältnis der Stadt zu den Förderern. Das ist ein anderes, ein viel besseres. Wir wurden lange nicht anerkannt. Ganz wichtig war in meiner Zeit auch der Umzug des Turnierplatzes auf den alten Sportplatz der Turngemeinde. Ich weiß noch, als ich dem Deimer (Altoberbürgermeister; Anm. d. Red.) damals meine Pläne gezeigt habe. "Du spinnst", hat er gesagt, als ich meinte, dass wir das TGL-Gelände brauchen. Am nächsten Tag hat er mich in der Früh angerufen und gesagt: "Du spinnst doch nicht."

... der Rest ist Geschichte. Unter Ihnen wuchs der Verein aber auch enorm an.

Rudolf Wohlgemuth: Das stimmt. Als ich angefangen habe, da waren es 800 Mitglieder. Jetzt sind es über 6000. Zu den wichtigen Veränderungen gehört auch, dass die Finanzen geordneter sind.

Erfüllt Sie so eine Rückschau auf 28 Jahre Hochzeit mit Stolz?

Rudolf Wohlgemuth:Ich glaube schon, dass ich stolz bin. Aber das ist nicht nur mein Verdienst. Mir gefällt es, wie es ist. Ich finde es gut, dass die Sache weitergeführt und das ein oder andere verbessert wird. Aber der große Rahmen sollte so bleiben - der passt nämlich.

Worauf sollte besonders geachtet werden?

Rudolf Wohlgemuth:Dass die Qualität bei Aufführungen wie dem Fest- und Tanzspiel und der Musik nicht absackt. Es sterben nach und nach viele gute Leute - aber es kommen wieder gute nach. Deswegen bin ich guter Dinge. Aber: Diese Leute muss man hegen und pflegen. Wichtig ist auch, dass die Mischung von Jung und Alt bei den Förderern erhalten bleibt - die ist nämlich einmalig.

Die sieht man auch beim Zug - da ist zwischen Kleinkind und Greis alles auf den Beinen. Wo sind Sie eigentlich dabei?

Rudolf Wohlgemuth: Am ersten Wochenende saß ich auf der Ehrentribüne. Ich habe so viele Buchskranzl gekriegt, dass ich ausgesehen habe, wie ein Preisochs'. An diesem Wochenende fahre ich zum ersten Mal im Wagen der Armbrustschützen mit.

Wann haben Sie denn zuletzt im Zug mitgemacht?

Rudolf Wohlgemuth:Vor 50 Jahren, am Anfang in den 60er-Jahren, beim Gesinde. Da habe ich meine Frau kennengelernt. Als Vorsitzender war ich dann immer an der Ursulinenkirche gestanden, um den Zug zu koordinieren. Und jetzt bin ich im Zug. Der Perpektivwechsel ist komisch.