Zehnter Sprechakt-Slam

Wie Poetry Slams bekannt wurden - auch in Landshut

Redakteur Sebastian Geiger liebt Sprache. Ob beim Schreiben für die Freistunde, oder im Orgateam des Sprechakt-Poetry-Slams in Landshut. Der feiert im November seinen zehnten Geburtstag. Sein Rück- und Ausblick.


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Nur mit Worten einen ganzen Saal unterhalten: Das ist Poetry Slam. Hier ein Foto eines vergangenen Sprechakts in Landshut.

Hast du Lust, bei uns aufzutreten? Eine ganz unbedarfte Frage, oder? Aber eine, die durchaus ein Leben verändern kann. In meinem Fall sorgte sie dafür, dass ich angefangen habe, einen Poetry Slam zu organisieren, der im November seinen zehnten Geburtstag feiert. Der Sprechakt Landshut startete im Jahr 2013. Mit den damaligen Organisatoren, Sabine Oberpriller und Sebastian Stopfer, bin ich heute noch befreundet. Sabine wusste, dass ich Kurzgeschichten schreibe – ironischerweise hatte ich ihr erst kurz davor einen Text geschickt, der genau ins Sprechakt-Zeitlimit passt. Spoiler: Die große Poetry-Slammer-Karriere habe ich mit „Bazuul, der Zerstörer“ nicht gestartet.

Vom Gast auf der Bühne zum Teil des Orgateams

Aber ich bin beim Sprechakt geblieben und als ein paar Jahre später Sabine und Sebastian beruflich Landshut verlassen mussten, stellten sie mir die nächste Frage: Hast du Lust, bei uns die Orga zu übernehmen? Noch ein Spoiler: Die mache ich heute noch, mittlerweile als Teil eines Viererteams mit Sandra Schörghuber, Laura Hybner und Pascal Simon.

Da ich mit meinen Mitte 40 Jahren absolut nicht mehr Teil der Zielgruppe der Freistunde bin, konzentriere ich mich auf zwei Leute, die es sind: unsere neuen Orgamitglieder Pascal und Laura. Beide zeigen nämlich auch gut, wie sich der Poetry Slam als Ganzes in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat und warum er immer noch wichtig ist.

Beide stießen kurz nach der Corona-Pandemie zum Team, nachdem sie schon als Gäste mehrmals beim Sprechakt aufgetreten sind. Pascal war schon einige Jahre auf der Sprechakt-Bühne. Da er gut in der Szene vernetzt ist und selbst einige Poetry Slams organisiert, war es quasi nur eine Frage der Zeit, bis er Teil des Teams wurde. Laura wohnt seit 2021 in Landshut und studiert dort an der Uni.

„Geschrieben habe ich eigentlich schon immer“, sagt Laura. Als Teenager meldete ihre Mutter sie bei einem Workshop für Poetry Slam an, um die Kreativität ihrer Tochter zu fördern. „Vielleicht bereut sie es mittlerweile aber ein bisschen“, scherzt sie. Denn Poetry-Slam-Bühnen sind inzwischen das zweite Zuhause der Österreicherin geworden.

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Das Orga-Team des Landshuter Sprechakt-Poetry-Slams (von links): Pascal Simon, Sebastian Geiger, Laura Hybner und Sandra Schörghuber.

Eine „einzigartige Verbindung“ zwischen Publikum und Poeten

Beim Organisieren übernimmt sie gerne den Bereich Social Media, während Pascal moderiert und bei der Poetensuche mithilft. „Ich stehe einfach gerne auf der Bühne, egal, ob das nun mit meinen eigenen Texten ist oder, um andere Leute in Szene zu setzen“, sagt er. Und dann sei da noch die Verbindung, die auf der Bühne zwischen Auftretenden und Publikum entsteht: „Was da passiert, ist einfach einzigartig.“

Ganz klar, der Poetry Slam hat sich in den vergangenen zehn Jahren verändert. Traten die Teilnehmenden zu Beginn meist noch für eine Flasche Wein oder ähnliche Preise auf, hat sich ein Teil der Szene inzwischen professionalisiert. Bestes Beispiel: Künstler wie Torsten Sträter, Sebastian 23 oder Hazel Brugger, die alle mit Poetry Slam angefangen haben und heute auf Kabarettbühnen stehen oder Shows im Fernsehen haben. Auch die Texte sind besser geworden – egal, ob die Person, die auf der Bühne steht, das Ganze nebenberuflich macht oder nur als Hobby.

„Die Wertschätzung für Kultur hat sich auf jeden Fall gewandelt“, sagt Laura, wenn sie auf die vergangenen Jahre zurückblickt. „Seit Corona wissen wir, was es für unsere Gesellschaft bedeutet, wenn wir kein kulturelles Leben mehr haben.“ Ein weiterer Punkt ist für Laura und Pascal das Thema „Awareness“. Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, um Bühnen für alle – auch für benachteiligte Gruppen – zu einem sicheren Ort zu machen und diverse und offene Angebote zu präsentieren.

Aber natürlich geht immer noch ein Stückchen mehr: Und gerade deshalb braucht es niedrigschwellige und kleine Poetry Slams wie den Sprechakt, auf dessen Bühne sich junge Künstler ausprobieren können. Poetry Slam hat keine Außenseiterposition mehr, sondern ist zu einer bekannten und akzeptierten Kunstform geworden. Bestes Beispiel: Der Sprechakt wird im kommenden Jahr eine Veranstaltung bei den Landshuter Hofmusiktagen organisieren – einem Festival, in dem es um alte und klassische Musik geht. Das wäre 2013 nicht so einfach möglich gewesen.

Was ist ein Poetry Slam?

Ein anderes Wort wäre vielleicht Dichterwettstreit: Mehrere Personen treten auf einer Bühne mit ihren Texten gegeneinander an. Jurys oder Publikum entscheiden anschließend darüber, welcher Text am Ende gewinnt.

Welche Art von Text vorgelesen wird, ist dabei zweitrangig, Hauptsache, er wurde eigenständig verfasst und ist kein Fremdtext. Genauso wenig erlaubt sind Requisiten, außer Blätter oder Bildschirme, von denen der Text abgelesen werden kann. Schließlich gibt es noch ein Zeitlimit. Beim Landshuter Sprechakt umfasst das sieben Minuten.

Tipps für den ersten Text

Das empfiehlt Laura Hybner aus dem Orgateam des Sprechakts:

  • Besuche einen lokalen Poetry-Slam-Workshop. Dort lernst du die Grundlagen.
  • Schreibe mehr als einen Text. So kannst du immer den auswählen, der gerade am besten zur Stimmung passt.
  • Übe deine Texte, bevor du sie auf der Bühne präsentierst. Zum Beispiel vor dem Spiegel.
  • Lass dich inspirieren, zum Beispiel durch Videos anderer Poetry Slammer auf YouTube.
  • Mach dich mit den Regeln des Slams vertraut.
  • Sei mutig – probiere es mal aus!

Der nächste Sprechakt-Poetry-Slam findet am Donnerstag, 16. November 2023, in der Alten Kaserne in Landshut statt. Einlass ist ab 19 Uhr, Beginn um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Mehr Infos zum Sprechakt gibt es unter sprechakt.de.