Lehrermedientag 2023

Wie Lehrer und Schüler künstliche Intelligenz nutzen können

Lehrkraft und KI als hybrides Team – so sieht Florian Nuxoll die Zukunft des Unterrichts. Beim Lehrermedientag zeigt der Bildungsinfluencer den Einfluss von künstlicher Intelligenz in der Schule.


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Die Referenten des Lehrermedientags: Bildungsinfluencer und Lehrer Florian Nuxoll (Zweiter von links) und dpa-Journalist Stefan Voß mit den Moderatorinnen Lea Thies von der Augsburger Allgemeinen (links) und Joanna de Alencar Baban von der Mediaschool.

Revolution in der Schule. Davon war schon oft die Rede. Gerade, wenn es um Digitalisierung geht. Aber die große Revolution, sie blieb meist aus. Weil sie, wenn es um das Nutzen digitaler Tools ging, mit großem Aufwand verbunden war. Weil sie, wenn es um Medienkompetenz ging, viel Zeit gefressen hat. Weil sie, wenn es um digitale Ausstattung ging, häufig an Zuständigkeitsfragen gescheitert ist.

Wenn es nach Florian Nuxoll geht, ist das nun aber anders: „Man hat uns schon oft gesagt, es kommt eine Revolution. Dieses Mal ist es wirklich eine.“ Der Gymnasiallehrer sieht künstliche Intelligenz als Ursache dieser Revolution. Zum Nutzen und der Bedeutung von KI im Unterricht referierte Nuxoll beim Lehrermedientag der bayerischen Zeitungen. Der wissenschaftliche Mitarbeiter, Autor und Podcaster aus Tübingen war neben Journalist Stefan Voß Referent am Buß- und Bettag.

Public Viewing in Straubing

Auch der siebte Lehrermedientag wurde wieder als gemeinsame Veranstaltung der bayerischen Zeitungen live aus dem Studio der Mediaschool Bayern in München gestreamt. Über 1800 Lehrerinnen und Lehrer schalteten sich zu.

Sonja Ettengruber und Florian Wende von der Redaktion Freistunde war es wichtig, in den persönlichen Austausch mit den Lehrkräften zu kommen. Daher luden sie Pädagogen aus der Region zum gemeinsamen Public Viewing in den Schulungsraum am Technologie- und Förderzentrum in Straubing ein. Anschließend konnten die rund 60 Lehrkräfte gratis das Nachhaltigkeits-Museum Nawareum besuchen.

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Die Lehrkräfte aus der Region beim Public Viewing des Lehrermedientags in Straubing.

Eines stellte Nuxoll am Beginn gleich klar: „KI ist da. Wir müssen lernen, mit ihr umzugehen.“ Wie gut diese Programme schon sind, machte er an einem Beispiel deutlich: dem bayerischen Abitur. KI-Experten des BR haben ChatGPT Prüfungen vorgelegt. Die Version 3.5 des Chatbots fiel bei den Aufgaben aus 2022 noch durch. Die Version 4 dagegen meisterte das Abitur in diesem Jahr. Ziemlich gut sogar. Die KI schaffte in allen Prüfungen zehn Punkte oder mehr, Note zwei.

Aus dieser immer besser werdenden Technologie schloss Nuxoll: „Ich kann von einem Produkt nicht mehr auf die Kompetenz des Schülers schließen.“ Denn dieser könnte seinen Aufsatz eben mit künstlicher Intelligenz erstellt haben. Daher wird für ihn das Mündliche in Zukunft viel wichtiger werden. Hier könne das Wissen des Schülers sicher geprüft werden.

Der Bildungsinfluencer zeigte den Lehrkräften auch Chancen auf, die mit KI entstehen – für Schüler wie Pädagogen. Denn ChatGPT kann beim Lernen unterstützen. Ein Schüler kann zuhause zum Beispiel die KI fragen, wie eine Erörterung zu schreiben sei, wenn er nicht weiterweiß. Für Nuxoll hier wichtig: Lehrkräfte müssen noch mehr den Sinn des Lernens erklären. „KI kann Lernen verhindern, ja.“ Die Voraussetzung, dass dies nicht passiert: „Lernende müssen lernen wollen“ und da liege es an den Pädagogen, dies zu vermitteln.

Dabei ist es auch wichtig, zu zeigen, dass KI Fehler macht. Das können falsche Fakten oder unlogische Schlussfolgerungen sein. „Schüler brauchen die Kompetenz, diese Fehler zu finden“, forderte der Lehrer.

Wie künstliche Intelligenz Lehrkräften helfen kann

Zum Abschluss zeigte der Referent noch Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz für Lehrkräfte: „ChatGPT kann mir Arbeitsblätter und Übungen vorschlagen.“ Oder Antwortvarianten erstellen. Dabei gilt für Lehrer aber dasselbe, was Nuxoll für Schüler empfiehlt: „Wir müssen uns als hybrides Team sehen.“ Das heißt: die KI nicht einfach nur etwas erstellen lassen, sondern das Ergebnis angucken, prüfen sowie bewerten und mit den brauchbaren Teilen arbeiten.

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Wortwolke: Diese Begriffe gingen den Lehrkräften in Straubing zum Thema KI durch den Kopf.

Wer als Lehrer nun Sorge hat, ob er KI selbst richtig nutzen kann, dem macht Nuxoll Mut. Der Experte empfiehlt Fortbildungen. Dann beherrsche man die Tools. Ansonsten rät er, dass schon mit 30 Minuten am Tag der Umgang mit KI geübt werden könne.

Der Lehrermedientag, der vom Verband Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV) in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und der Mediaschool Bayern ausgerichtet worden ist, ist ein wichtiger Baustein, den Tageszeitungsverlage im Rahmen ihrer Medienprojekte zur Medienkunde liefern. Auch die Redaktion Freistunde bietet ein kostenloses Angebot für Schulen aller Art an. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite unter www.freistunde.de. Unterrichtsmaterialien finden sich auf www.klassemedien.de.

Schulamtsdirektor Konrad Rieder sowie die Studiendirektorinnen Anita Ulbrich und Anita Baumgartner von der MB-Dienststelle für Gymnasien unterstützten die als Fortbildung anerkannte Veranstaltung.

Vorträge zum Ansehen: Wer sich den Livestream des Lehrermedientags ansehen möchte, kann das online unter www.lehrermedientag.de tun.

Wird KI schon im Unterricht eingesetzt? Das sagen Lehrkräfte aus der Region

Rund 60 Lehrkräfte nahmen beim Public Viewing des Lehrermedientags in Straubing teil. Sie machten auch an einer Umfrage mit, zum Einsatz von KI im Klassenzimmer. Ein gutes Viertel (27 Prozent) gab an, Chatbots wie zum Beispiel ChatGPT schon im Unterricht zu nutzen. Nur wenige (8 Prozent) bleiben bei KI auch künftig zurückhaltend. Die große Mehrheit (65 Prozent) möchte KI-Tools einsetzen, wenn es passt.

Wie ChatGPT sinnvoll genutzt werden kann, erklärte Andreas Fuchs, Lehrer am Anton-Bruckner-Gymnasium in Straubing, an einem Beispiel. Er widmet sich mit seiner elften Klasse gerade dem Thema Organspende. Neben einer Online-Recherche und dem Besuch eines Transplantationszentrums gab er den Schülern auch den Auftrag, eine KI zu diesem Thema zu befragen. Anschließend sollten die Elftklässler die Quellen vergleichen und dabei auch einschätzen, was sie wo gelernt haben.

Anna Maria Wallner vom Gymnasium Landau an der Isar organisiert die Wissenschaftswoche an ihrer Schule, hier sollen Zukunftsthemen behandelt werden. Dabei wollen sich die Lehrkräfte und Schüler auch mit künstlicher Intelligenz befassen.

Erich Schober und Johann Ramsauer von der Mittelschule Schwarzach haben erste Versuche mit KI unternommen. Ihnen ist wichtig, dass es künftig Regelungen gibt, wie Chatbots und Co. im Unterricht eingesetzt werden können. Genauso aber auch, in welcher Form Schüler KI nutzen dürfen. Dabei betonen die beiden Lehrer, dass das Verwenden von KI keine Frage des Geldes sein darf. Die aktuelle Version 4 von ChatGPT ist kostenpflichtig, alle Schüler müssten hier die gleichen Bedingungen haben.

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Bayerns neue Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern sieht Chancen in KI.

Das sagt die neue Bayerische Kultusministerin zum Thema künstliche Intelligenz

Gerade einmal zwei Wochen im Amt, schon Schirmherrin des Lehrermedientags: Kultusministerin Anna Stolz macht in ihrem Grußwort zu der Fortbildungsveranstaltung klar, dass ihr das Thema künstliche Intelligenz wichtig ist.

Sie stellte darin den Schulversuch „KI@school“ des Bildungspaktes Bayern vor, in dem ausgelotet werden soll, wie KI gewinnbringend eingesetzt werden könnte. Zum Beispiel beim Erstellen differenzierter Lernmaterialien, beim Monitoring von Lernfortschritten für individuelles Feedback oder als Entlastung bei der Korrektur.

Die Freie-Wähler-Politikerin ist der Meinung, dass die Technologie den Schulalltag langfristig verändern wird. Sie sieht dabei Gefahren wie Vorteile: Herausforderungen seien Deepfakes oder Probleme mit Quellen. Aber: „Ich bin überzeugt, dass KI den Unterricht enorm bereichern kann.“ Lehrkräfte seien für sie der Schlüssel, um Schülerinnen und Schüler auf den Umgang mit KI vorzubereiten.

Journalist Stefan Voß gibt Tipps, mit denen Lehrkräfte mit ihren Schülern Fakes entlarven können

In seinem Vortrag beim Lehrermedientag erklärte Stefan Voß seine Arbeit bei der Deutschen Presse-Agentur. Der Leiter Verifikation der dpa prüft mit seiner Abteilung Fakten. Rund 2.000 Checks im Jahr nimmt das Team vor. Den Lehrkräften gab Voß fünf Tipps weiter, mit denen es gelingt, Fakes zu entlarven und die Medienkompetenz der Schüler zu stärken.

1. Sich entspannen: Fakten prüfen geht selten innerhalb von Minuten. Es gilt: Wahrheit braucht Zeit. Die allermeisten Fakes und Manipulationen lassen sich mit kühlem Kopf und klarem Blick erkennen.

2. Logisches Denken: Das ist das wirkungsvollste Tool – auch beim Entlarven von aufwendigen Fakes, wie veränderten Bildern oder Videos, sogenannten Deep Fakes. Mit ein wenig journalistischem Spürsinn und gesundem Menschenverstand fallen Manipulationen aber auf. Beispiel: Eine Person auf einem Foto hält ihren Arm seltsam oder hat plötzlich mehr als fünf Finger an einer Hand. Solche Fehler unterlaufen KI-Bildgeneratoren weiterhin.

3. Emotionen auf Social Media: Auf sozialen Netzwerken ist besondere Vorsicht geboten. Hier ist die Manipulations-Gefahr laut Stefan Voß am höchsten. Gerade bei Inhalten, die Wut oder Angst erzeugen sollen. Die Algorithmen der Plattformen fördern deren Reichweite.

4. Weitere Quellen suchen: Wenn etwas Spektakuläres in der Öffentlichkeit passiert, gibt es davon mehr als nur ein Foto oder Video. Ist das nicht der Fall, deutet das stark auf einen Fake hin.

5. Falsche Reaktion: Bei außergewöhnlichen Ereignissen müssen Passanten auf dem Foto oder im Video auch adäquat reagieren. Stehen Personen teilnahmslos am Rand, obwohl das Foto angeblich mitten aus einem Kriegsgebiet stammt, ist das ein starkes Anzeichen, dass das Bild mit künstlicher Intelligenz erzeugt wurde.

1 Kommentare:


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Frank H.

am 24.11.2023 um 20:41

So richtig verstehe ich das Problem nicht. Ja, Hausaufgaben kann auch die Ki machen. Aber bei Arbeiten und Prüfungen in der Schule (mündlich und schriftlich) lässt sich der Einsatz kontrollieren, was Drückeberger schnell entlarvt. Das Beispiel Organspende ist sehr gut: Selbst bei guter Vorbereitung von Schülern und Lehrern findet eine KI sicher noch mehr Argumente, über die sich zu diskutieren lohnt - und damit die Denkprozesse noch mehr anregt als es feste Schulbuchinhalte können. Das stellt natürlich auch höhere Anforderungen an das Lehrpersonal - Unterricht nach Schema F hat ausgedient.



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