Hart, aber wunderschön

Emily Marie Seidel aus Landshut spricht über ihre Ausbildung zur Bühnendarstellerin bei der Stage School in Hamburg


Emily Marie Seidel steht kurz vor ihrer Abschlussprüfung zur Bühnendarstellerin an der Stage School. "Ich bin jetzt am Ende der Ausbildung, aber am Anfang von etwas Großem", ist sich die Landshuterin sicher. "Es gibt so viel zu erleben und entdecken. Ich freu' mich."

Emily Marie Seidel steht kurz vor ihrer Abschlussprüfung zur Bühnendarstellerin an der Stage School. "Ich bin jetzt am Ende der Ausbildung, aber am Anfang von etwas Großem", ist sich die Landshuterin sicher. "Es gibt so viel zu erleben und entdecken. Ich freu' mich."

Von Tanja Pfeffer

Seit fast 30 Jahren bildet die Hamburger Stage School junge Talente zu Profis auf der Bühne oder vor der Kamera aus. Auf der Suche nach neuen Talenten tourt die Schule durch Deutschland und bietet mehrtägige Workshops für Gesang, Tanz und Schauspiel an. Bei Interesse kann ein solcher Workshop auch die Aufnahmeprüfung für die Stage School ersetzen. Auch Emily Marie Seidel aus Landshut wurde in einem solchen Workshop entdeckt. Die 22-Jährige begann vor drei Jahren ihre Ausbildung an der Stage School. Im Mai steht ihre Abschlussprüfung an. Im Gespräch mit Freistunde erzählt sie, was die Teilnehmer des Workshops erwartet und wie der Alltag an der Hamburger Schule ist.

Emily Marie, du liebst Musicals. Welches ist deine liebste Produktion?

Emily Marie: Ich bin sehr angetan von den alten Musicals wie "My Fair Lady". Allerdings ist es auch toll, bei einer großen Produktion wie "Phantom der Oper" oder "König der Löwen" mitzuwirken. Festlegen möchte ich mich gar nicht.

Du machst eine Ausbildung zur Bühnendarstellerin. War das schon immer dein Traumberuf?

Ja, schon immer. Ich habe mit drei Jahren angefangen, Ballett zu tanzen. Als Kind hatte ich auch schon Auftritte in kleinen Musicals. Mit zwölf Jahren kam der Gesang dazu und das Schauspielern lief auch immer nebenbei. Ich wollte immer diese drei Dinge, die ich so liebe, zu einem verbinden.

Nach drei Jahre in Hamburg hört man deine bayerischen Wurzeln gar nicht mehr.

Das stimmt. Wir haben an der Schule eine sehr gute Sprecherziehung. Gerade die Leute aus Süddeutschland, Österreich oder der Schweiz haben da viele Probleme. Ich bin aber eigentlich zweisprachig aufgewachsen. Mein Papa kommt aus Nordrhein-Westfalen. Er hat nach 30 Jahren Bayern immer noch nicht ganz den Slang drauf. Aber i ko scho a Bayerisch (lacht). Ich habe auch das Glück, dass viele meiner Freunde an der Schule hier aus Bayern kommen. So ganz weg ist es nie gewesen. Aber die sogenannte Hochlautung ist schon sehr wichtig in diesem Beruf.

Wie geht's dir mittlerweile so weit weg von daheim? Vermisst du deine Familie?

Der Anfang war schon schwierig. In den ersten ein bis zwei Wochen hatte die Schule noch nicht angefangen. Ich war ganz allein in einer fremden Stadt. Ich hatte das Glück, dass ich alleine wohnen konnte. Aber alleine wohnen heißt ja dann auch wirklich alleine sein. Aber dann fing die Schule an. Da war ich schnell in einem ganz anderen Alltag. Ich hatte viele Menschen um mich. Und Hamburg ist eine wundervolle Stadt. Die Stadt hat mich direkt gepackt und hält mich noch. So schnell möchte ich hier nicht weg, wenn es möglich ist.

Die Stage School setzt schon einen Schulabschluss voraus. Welche Fächer erwarten die Talente dann bei der Ausbildung in Hamburg?

Der Unterricht ist in drei Disziplinen unterteilt. Das ist zum einen der Bereich Tanz. Du hast feste Tanzfächer wie Ballett, Jazztanz oder Steppen. Im Gesang hast du zum Beispiel Einzelunterricht, ab dem zweiten Jahr dann auch Ensemblefächer in einer großen Gruppe. Ensemble-Staging ist auch ein interessantes Fach. Da lernst du dann die Kombination aus Gesang und Tanz. Das ist sehr anstrengend. Und dann hast du schließlich noch den Bereich Schauspiel, zum einen den klassischen Schauspielunterricht, aber auch Sprechunterricht. Dort lernst du die korrekte Aussprache, die Bühnensprache. Aber nicht nur das, sondern auch die ganze Stimmfunktionalität. Du lernst deinen Stimmsitz kennen. Dazu kommt noch der theoretische Bereich, wie Musiktheorie oder Gesangstechnik. Je weiter du voranschreitest, desto kürzer werden die Pausen und desto länger werden die Einheiten. Du kommst immer näher an den Alltag im Bühnenleben ran.

Filme wie "Center Stage" oder "Fame" geben einen Einblick in solche Musikschulen. Inwieweit ist die Ausbildung an der Stage School damit vergleichbar?

Der Film "Fame" gibt einen guten Einblick in solche Schulen, aber die Ausbildung ist meiner Meinung nach noch um einiges härter. Die können gar nicht alles zeigen, was auf dich zukommt. Du bist mit vielen anderen jungen Menschen zusammen auf einer Schule, die alle ihren Platz auf der großen Bühne suchen und davon träumen. Damit ist sehr viel mehr verbunden als einfach der Spaß am Singen, Tanzen und Schauspielern. Da gehört sehr viel Durchhaltevermögen dazu. Man muss auch einstecken können. Hart ist es definitiv, aber auch wunderschön. Es steckt viel Körperliches dahinter. Am Tag drei Stunden Tanz oder mehr, das ist körperlich schon sehr anstrengend. Aber wenn man das wirklich will, ist das das Schönste, was du machen kannst.

Du bist über einen Workshop zur Schule gekommen. Wie war dein erster Tag auf der Bühne damals?

Ich kann mich noch sehr gut dran erinnern. Ich wollte unbedingt einen Intensivworkshop in sechs Tagen machen. Dazu musste ich nach Berlin. Das war super aufregend. Ich war 17 Jahre alt und war in einer fremden, großen Stadt mit etwa 70 Jugendlichen bei so einem Workshop. Am ersten Tag ist ein kleines Vorsingen und schauspielerisches und tänzerisches Improvisieren. Ich war super, super, super aufgeregt. Wenn dann das Einteilen in die verschiedenen Gruppen erledigt ist, fällt die Nervosität ab und dann geht's richtig los. Der Workshop war wirklich toll. Es waren sechs Tage, in denen ich sehr schnell einen sehr guten Einblick in diesen Beruf gewonnen habe. Es war toll, mit anderen auf der Bühne zu stehen. Und nach den sechs Tagen hatte man schon das Gefühl, da steht ein kleines Mini-Musical auf der Bühne. Da waren wir super stolz.

Gibt denn der Workshop schon einen Einblick in die Ausbildung?

Auf jeden Fall. Die Trainer versuchen dabei, alles abzudecken. Es wird schon viel zu Sprechtraining erklärt, auch beim Gesang lernt man schon einiges. Auch die Verbindung der Disziplinen finde ich sehr gelungen. Das gibt einen guten Eindruck. Die Ausbildung selbst ist dann noch mal um ein Zehnfaches komplexer.

Welche Voraussetzungen sollten die Teilnehmer mitbringen?

Ich glaube, das Allerwichtigste ist die Lust daran, auf der Bühne zu stehen, und die Leidenschaft, vor Leuten zu performen. Dabei ist es natürlich von Vorteil, wenn man schon mal gesungen hat und die Töne halten kann. Es sind aber auch Jugendliche dabei mit wenig Erfahrung. Wichtig ist auch noch Durchhaltevermögen. Sechs Stunden Proben am Tag sind sehr anstrengend. Aber es macht Spaß, auszuprobieren, wie es ist, zu tanzen, zu singen und zu schauspielern, und das alles gleichzeitig.

Wie können die Teilnehmer bei den Coaches punkten?

Viel vorbereiten kann man sich ja nicht, außer beim Gesang. Ich würde mir dafür Zeit nehmen. Gut ist es, sich ein schönes Lied auszusuchen, mit dem man sich wohlfühlt und mit dem man zeigen kann, wie die Stimme so klingt. Ansonsten immer mit Spaß an die Sache rangehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, immer wenn ich angespannt bin, einfach die gewisse Leichtigkeit fehlt, die den Unterschied macht von einer guten zu einer sehr guten Performance.

Was ist dein Tipp gegen die Aufregung?

Ich versuche nochmal, zu mir zu kommen und einen Moment für mich zu finden. Meistens ist es hinter der Bühne sehr angespannt und hektisch. Ich suche dann meinen kleinen Ort für mich, an dem ich nochmal durchatmen kann. Dann sammele ich mich und es kann losgehen. Ich glaube, das macht diesen Beruf aus, dass man das Gefühl hat, man dreht völlig am Rad. Und dann macht man den ersten Schritt auf die Bühne und es legt sich ein Schalter um und man vergisst alles um einen herum. Und das funktioniert letztlich immer, wenn man diesen Job wirklich machen möchte.