Mode haben

Auf der Jagd nach Schnäppchen: Wieso manche Labels gehyped werden


Gibt's hier was geschenkt? Nein! Solche Szenen sind typisch für Eröffnungen von Primark-Filialen.

Gibt's hier was geschenkt? Nein! Solche Szenen sind typisch für Eröffnungen von Primark-Filialen.

Dicht gedrängt warten sie darauf, dass endlich die Tür aufgeht. Viele Fans sind im Morgengrauen aufgestanden, andere haben sich extra hübsch gemacht. Aber nicht weil hinter der Tür ein Superstar auf sie wartet. Sie wollen alle nur eins: Mode.

Ein Primark eröffnet hier. So einen Hype lösen Hersteller vor allem durch gutes Marketing aus: "Sie sprechen Ziel- und Stilgruppen über die Medien an und drängen sich durch Kampagnen ins Bewusstsein", erklärt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des deutschen Mode-Instituts in Köln. Mit Stilgruppen meint er, dass sich Jugendliche in Szenen einteilen lassen - zum Beispiel in Hipster oder Rapper. "Sie werden auch über die Klamotten selbst angesprochen", fügt er hinzu.

So ein Hype entsteht vor allem dadurch, dass sich Firmen ein Produkt ausdenken, das jeder haben will. "Vielleicht hat es ein Promi wie Rihanna auf der Bühne getragen. Dann legt H&M zum Beispiel eine Kollektion dazu auf", erklärt der Experte. "Oder Zara hat einen Gastdesigner und kündigt diesen stark und oft über die sozialen Medien an."

Einen Lebensstil ausdrücken

Außerdem geht es auch noch um viel mehr als Mode. Das Lebensgefühl ist hier das richtige Stichwort. "Mode sollte auf jeden Fall in der Lage sein, ein oder viele unterschiedliche Lebensgefühle auszudrücken, denn die Menschen sind auch unterschiedlich", sagt Gerd Müller-Thomkins. Die Kunden werden in sogenannte Milieus eingeteilt. "Diese Lebensstilgruppen bringen ihre Persönlichkeit mit einer Marke in Verbindung." Das nutzen die Labels.

Zurück zu Primark: Die Besuchermasse zählt einen Countdown nach unten, dann stürmt sie den Laden. Dass vor einigen Monaten eine Fabrik in Bangladesch eingestürzt ist, in der Billigklamotten hergestellt wurden, und viele Menschen dabei starben, scheint den Shoppingwütigen egal zu sein: Hauptsache trendige Kleidung zu billigen Preisen. "Junge Leute sind zu Schnäppchenjägern erzogen worden. Das ist ja zum Teil verständlich, weil sie nicht so viel Geld im Portemonnaie haben", betont Gerd Müller-Thomkins. Das merken auch die Modegeschäfte und liefern deshalb immer schneller neue, billige Ware nach, die sie im Schaufenster präsentieren können. Unter anderem dadurch können die Jugendlichen aber auch nicht mehr aufhören, sich ständig neue Kleidung zu kaufen. "Das kommt durch unsere Selfie-Gesellschaft. Wer jeden Tag ein Foto von sich ins Internet stellt, denkt schnell, er müsse auf jedem Bild die Kleidung wechseln und andere Styles präsentieren."

Dabei geraten die Qualität, der eigene Stil und die Verantwortung den Näherinnen in Billiglohnländern gegenüber oft in Vergessenheit. Aber genau das sei wichtig: "Wir müssen uns unabhängig von Marken oder der Meinung Gleichaltriger machen. Wir müssen mehr Wert darauf legen, was wir wirklich anziehen wollen."