Kriminalstatistik 2020

Corona bremst Einbrecher und beflügelt Subventionsbetrüger


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Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sitzt im neuen „IT-Forensik Labor Paladin“ der Polizei, das bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 gezeigt wird.

Die Corona-Pandemie hat sich in der Kriminalitätsentwicklung in Bayern im vergangenen Jahr deutlich bemerkbar gemacht. Bei etlichen Delikten wie Laden- und Einbruchsdiebstahl gingen die Zahlen der Straftaten zurück, bei Betrug im Internet und Subventionsbetrug zogen sie hingegen deutlich an, Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag in München mit. Insgesamt sank die Zahl der Straftaten um 0,8 Prozent auf 563.187, wenn man die speziellen ausländerrechtlichen Verstöße, die nur Nichtdeutsche begehen können, herausrechnet.

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Weil Bayern stetig an Bevölkerung zunimmt, sank die Häufigkeitszahl für 2020 um 1,2 Prozent auf 4.291.

Wichtiger für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung ist die so genannte Häufigkeitszahl, welche die Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner angibt. Weil Bayern stetig an Bevölkerung zunimmt, sank diese für 2020 um 1,2 Prozent auf 4.291. Das sei der niedrigste Stand seit 41 Jahren, hob Herrmann hervor. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote (ohne ausländerrechtliche Delikte) um 1,4 Prozentpunkte auf 66,4 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit 26 Jahren. Mit beiden Werten habe der Freistaat seine Spitzenstellung im Bereich der inneren Sicherheit verteidigt, betonte der Minister. Einige Länder haben allerdings ihre Kriminalstatistik noch nicht vorgelegt.

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Die Grafik des Innenministeriums zeigt die Zahl der Diebstähle und den angerichteten Schaden.

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Wie die Zahl der Diebstähle ging auch die Zahl der Einbrüche zurück.

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Die Zahl der nicht-deutschen Tatverdächtigen ist bei Einbrüchen etwas höher als die Zahl der deutschen Tatverdächtigen.

Wenn die Läden geschlossen sind, müssen sich auch Ladendiebe in Zurückhaltung üben. So erklärte Herrmann den Gesamtrückgang der Fallzahlen bei den Diebstählen um 8,7 Prozent auf 132.216. Wohl auch, weil die Menschen notgedrungen mehr Zeit in ihren eigenen vier Wänden verbringen mussten, sank die Zahl der Wohnungseinbrüche um 3,7 Prozent auf 4.181. Der rückläufige Trend halte allerdings schon seit sechs Jahren an, bemerkte Herrmann.

Die Wohnungseinbrecher genossen auch im Vorjahr offensichtlich Reisefreiheit: Von den 778 identifizierten Einbrechern waren 50,4 Prozent Nichtdeutsche (56 Rumänen, 27 Bulgaren, 26 Serben, 23 Tschechen, 22 Ungarn). In der Regel reisen die Einbrecherbanden nur zum Zwecke der Strafteten ein. Um 2,6 Prozent auf 54.443 Fälle ging die Rauschgiftkriminalität zurück, was nicht ganz der Realität entsprechen dürfte. Wegen der restriktiven Beschränkungen des öffentlichen Raums habe wohl der Konsum von Betäubungsmitteln mehr in privaten Räumen stattgefunden, vermutete Herrmann. Rauschgift werde außerdem zunehmend über das Internet geordert.

 

Corona-Hilfen abgegriffen

Nicht bewahrheitet hat sich die Befürchtung der Polizei, Lockdown und Ausgangssperren würden die häusliche Gewalt explodieren lassen. Insgesamt ging die Zahl der Gewaltdelikte im Vorjahr um 2,2 Prozent auf 19.507 zurück. Bei Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag sowie die Versuche dazu wurde allerdings mit 594 Fällen ein Plus von 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr registriert. 93,1 Prozent dieser schwersten Straftaten wurden aufgeklärt.

Rückenwind durch Corona erfuhren ganz offensichtlich Betrugs- und Internetkriminalität. Die Zahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte nahm 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent auf 113.274 Fälle zu. Die Pandemie sorgte dabei für zusätzliche Tatgelegenheiten. Um sich an den staatlichen Corona-Hilfsprogrammen zu bereichern, haben in einer Reihe von Fällen Unternehmer unberechtigterweise Ansprüche auf Hilfszahlungen vorgetäuscht oder Straftäter benutzten die Daten von hilfsberechtigten Betrieben, um Auszahlungen zu erschleichen. Die Zahl der Fälle von "Subventionsbetrug" lag 2020 mit 719 um das Zwanzigfache über dem Niveau des Vorjahres.

Wer sich zu Unrecht bedient hat, muss zittern: Das Bayerische Landeskriminalamt habe die Prüf- und Auszahlungsprozesse der Corona-Soforthilfen einer "umfassenden Schwachstellenanalyse" unterzogen, berichtete Herrmann. In letzter Zeit wurde die Polizei auf eine weitere Masche des Betrugs mit Corona-Bezug aufmerksam. Dabei zielen die Täter auf Bargeldzahlungen für angebliche Impfungen oder spezielle "Corona-Medikamente" ab. Die Fälle von Computerkriminalität kletterten im vergangenen Jahr um 17,2 Prozent auf 16.898.

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Die Straßenkriminalität nimmt stetig ab.

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Dagegen ist die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stark gestiegen.

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Auch die Cyberkriminalität ist auf einem Allzeithoch.

 

"Mehr Ordnung" in Asylbewerberunterkünften

Seit einigen Jahren unterscheidet die bayerische Kriminalstatistik bei den Tatverdächtigen fein säuberlich zwischen Deutschen, Nichtdeutschen und Zuwanderern. Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtzahl der 254.247 Tatverdächtigen ist zwar gegenüber dem Vorjahreswert um 0,8 Prozentpunkte auf 34,7 Prozent gesunken, liegt damit aber immer noch deutlich über den Anteil der Nichtdeutschen an der Bevölkerung Bayerns (13,6 Prozent). 2011 lag der Ausländer-Anteil an den Tatverdächtigen nach Angaben Herrmanns noch bei 24,2 Prozent.

Unter den Nichtdeutschen wurden 25.403 Tatverdächtige als "Zuwanderer" erfasst. Ihr Anteil an allen Tatverdächtigen lag mit zehn Prozent um 0,3 Prozentpunkte etwas unter dem Vorjahreswert. Viele der von Zuwanderern erfassten Straftaten werden regelmäßig in Asylbewerberunterkünften registriert, auch viele der Opfer sind ebenfalls Zuwanderer. 2020 gab es 6.968 Delikte in Asylunterkünften und damit um 15,7 Prozent weniger als 2019. Dies zeige, dass man in die Unterkünfte "mehr Ordnung gebracht" habe, sagte Minister Herrmann.

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Die Anzahl nicht-deutscher Tatverdächtiger sinkt langsam, aber stetig.

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Diese Straftaten hat die Polizei nichtdeutschen Tatverdächtigen zugeordnet.

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Zwei Drittel der Straftaten gegen das Leben werden von deutschen Tatverdächtigen begangen, ein Drittel von nichtdeutschen.

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Bei der Gewaltkriminalität verzeichnet die Polizei einen hohen Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger.

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Wieder etwas zurückgegangen ist die Zahl der Rauschgiftdelikte im Freistaat.

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Die Zahl der Drogentoten ist im Vergleich zu 2019 etwas gesunken.

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Die Grafiken des Innenministeriums widmen sich auch dem Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen.

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Die Grafiken des Innenministeriums widmen sich auch dem Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen.

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Die Grafiken des Innenministeriums widmen sich auch dem Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen.

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Die Grafiken des Innenministeriums widmen sich auch dem Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen.

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In Asylbewerberunterkünften kommt es zu immer weniger Straftaten.

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Die Zahl der Körperverletzungsdelikte sinkt weiter.

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Grob zwei Drittel der Tatverdächtigen bei Körpverletzungen 2020 waren Deutsche.

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Das Innenministerium hat die nichtdeutschen Tatverdächtigen nach Herkunftsregionen aufgeschlüsselt.

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Die Straftaten gegen das Leben.

Der Innenexperte der SPD im bayerischen Landtag Stefan Schuster nannte die Steigerungen bei der Internet-Kriminalität und besonders bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (plus 23,7 Prozent auf 11.197 Fälle) "besorgniserregend". Die Regierung müsse diesem Trend entgegen wirken, sagte Schuster. Nötig sei noch viel mehr Präventionsarbeit, um Kinder und Jugendliche vor Übergriffen zu schützen. Auch die Lehrkräfte müssten besonders geschult werden.

Nürnberg und Regensburg "stark belastet"

Einzelne Präsidiumsbereiche und Städte verzeichneten 2020 eine Sonderentwicklung. Warum die Fallzahlen dort nicht wie im Landesdurchschnitt sanken, sondern stiegen, bedürfe noch einer "Analyse", sagte Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer. Eine "Expertengruppe" sei eingesetzt, die Abweichungen zu untersuchen. Bei den Präsidiumsbereichen verzeichnete Oberfranken entgegen dem Landestrend einen Anstieg der Häufigkeitszahl (Delikte je 100.000 Einwohner) um 4,1 Prozent auf 4.542. Um 1,3 Prozent auf 3.684 stieg sie im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West. Auch Unterfranken verzeichnete einen leichten Aufwärtstrend um 0,3 Prozent auf 3.632.

Der Landespolizeipräsident will klären lassen, warum die Städte Regensburg und Nürnberg mit Kriminalität "stark belastet" seien. In beiden Städten ging die Kriminalitätsbelastung zwar um 4,8 Prozent (Regensburg) und 3,9 Prozent (Nürnberg) zurück, die Häufigkeitszahl lag mit 7.474 beziehungsweise 7.133 aber für bayerische Verhältnisse ziemlich hoch. Eine noch höhere Häufigkeitszahl verbunden mit einem satten Anstieg um 8,2 Prozent auf 8.365 wurde in Bamberg registriert und auch Aschaffenburg liegt sie mit 7.179 Straftaten je 100.000 Einwohner (jedoch minus 4,1 Prozent gegenüber 2019) recht hoch.

Den höchsten Rückgang der Kriminalitätsbelastung verzeichnete 2020 Erlangen (minus 12,9 Prozent auf 4.704 Straftaten je 100.000 Einwohner), gefolgt von Landshut (minus 8,6 Prozent auf 6.942), Würzburg (minus 7,8 Prozent auf 6.958), Augsburg (minus 5,5 Prozent auf 6.799). Auf den weiteren Plätzen landeten unter anderem Ingolstadt (minus 4,5 Prozent auf 6.225), Bayreuth (minus 3,8 Prozent auf 6.257) und Fürth (minus 2,0 Prozent auf 4.136). Die Landeshauptstadt liegt mit einem Rückgang der Häufigkeitszahl um 1,2 Prozent (auf 5.765 Straftaten je 100.000 Einwohner) genau im Landestrend.