Verrückte Bayern-Spiele

AZ-Serie: Als sich Guardiola mit der Aufstellung verzockte


Die Stimmung auf der Bayern-Bank bei der Pleite gegen Augsburg: Irgendwo zwischen stinksauer (Matthias Sammer, l.) und teilnahmslos (Pep Guardiola, r.).

Die Stimmung auf der Bayern-Bank bei der Pleite gegen Augsburg: Irgendwo zwischen stinksauer (Matthias Sammer, l.) und teilnahmslos (Pep Guardiola, r.).

Von Daniel Gahn

Letzter Teil der AZ-Serie: Bayerns Trainer Guardiola schickt im Frühjahr 2014 gegen den vermeintlichen Underdog Augsburg lediglich eine C-Elf ins Rennen - und wird für seine Rotations-Hybris schwer bestraft.

München - Leon Goretzka - so heißt der letzte Torschütze des FC Bayern. Eine gefühlte Ewigkeit ist das nun schon her, tatsächlich war es der 8. März. Der eingewechselte Mittelfeldspieler traf in der Nachspielzeit zum 2:0 gegen den FC Augsburg. Diejenigen unter den 75.000 Fans in der ausverkaufen Allianz Arena, die zu den Münchnern hielten, bejubelten den damit sicheren Dreier im Meisterkampf. Und konnten nicht ahnen, dass es vorerst das letzte Gemeinschaftserlebnis dieser Art sein würde - für Monate, vielleicht sogar für ein Jahr. Wer weiß das schon?

Durch die Ausbreitung des Coronavirus wurde die Bundesliga fünf Tage später gestoppt und unterbrochen. Die Bilder jenes 2:0 gegen den FCA, bei dem Thomas Müller nach 53 eher zähen Minuten für das 1:0 sorgte, wirken mittlerweile wie ein Relikt aus einer fernen Zeit.

Guardiola mit B-Elf gegen Augsburg

Ähnlich fremd wie eine Niederlage des Abo-Meisters gegen den kleinen Rivalen aus Schwaben. Gab ja bisher auch lediglich zwei in 14 Bundesliga-Vergleichen. Und beide Male war es ein ungleicher Wettkampf. Am 32. Spieltag der Saison 2014/15 verlor eine B-Elf von Trainer Pep Guardiola in Fröttmaning mit 0:1 (Torschütze Raúl Bobadilla). Und auch etwas mehr als ein Jahr zuvor standen die Bayern im Endspurt der Liga bereits als Meister fest.

"Bundesliga ist over", sagte der Katalane im Frühjahr 2014 in seinem typischen Sprachmix und betonte im Vorfeld des bayerisch-schwäbischen Derbys beim FC Augsburg: "Die Bundesliga ist für uns vorbei. Unser Ziel ist nächsten Mittwoch die Champions League, da geht es um unsere große Zukunft. Augsburg ist wichtig, aber Manchester wichtiger. Mein Kopf ist schon bei dem Spiel." Klare Botschaft des Welttrainers, der demonstrativ ignorant wie provokant aufstellte an jenem 29. Spieltag, am 4. April 2014. Mit einer B-Elf? Nein! Es war eine C-Elf.

Kapitän Philipp Lahm sowie Franck Ribéry und Arjen Robben standen gar nicht erst im Kader. Auf den Rasen schickte Pep drei 19-jährige Talente. Mitchell Weiser, Pierre-Emile Höjbjerg und A-Jugendspieler Ylli Sallahi. Auch Daniel van Buyten, Xherdan Shaqiri und Claudio Pizarro gehörten damals nicht zum Top-Personal.

Mölders trifft - Alaba, Götze und Müller helfen nicht

Ein bunter Haufen, den Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos aus dem Mittelfeld heraus nicht führen konnten, vorne hing Mario Mandzukic komplett in der Luft. Nach einem dicken Abspiel-Patzer des als Rechtsverteidiger überforderten Weiser erzielte Sascha Mölders, heute einer der prägenden Köpfe beim TSV 1860, nach 31 Minuten das 1:0 für die Gastgeber. Guardiola brachte dann zwar noch David Alaba, Mario Götze und Thomas Müller zur Resultatkorrektur - was nichts einbrachte. Die Augsburger um Trainer Markus Weinzierl feierten den Erfolg über den großen Nachbarn frenetisch.

Tore gegen Bayern sind immer ein Highlight ? egal in welchem Trikot: Sascha Mölders.

Tore gegen Bayern sind immer ein Highlight – egal in welchem Trikot: Sascha Mölders.

Ein historisches 1:0 - aus mehreren Gründen: Die erste Saisonniederlage der Bayern bedeutete zugleich die erste Bundesliga-Pleite für Guardiola. Insgesamt waren die Münchner damals seit Oktober 2012 ungeschlagen gewesen, über ganze 53 (!) Spiele. Nun hieß es: Game & Serie over. "Im Fußball kannst du nicht immer gewinnen, das müssen wir akzeptieren", meinte Guardiola desinteressiert.

Sportdirektor Matthias Sammer äußerte vorsichtige Kritik zur Radikal-Rotation: "Wir müssen die Belastung klug steuern, aber uns nicht mit Samthandschuhen anpacken." Aus der Liga kam deutlichere Kritik, von Wettbewerbsverzerrung war die Rede.

Die Konkurrenz lästert über Bayern

Schalkes Manager Horst Heldt lästerte: "Das ist kein guter Stil, wenn man so agiert, dass es für andere Probleme geben könnte." Frankfurt-Coach Armin Veh befand, es sei zwar nachzuvollziehen, dass man sich für die Champions League schone, "aber für die Liga ist das nicht okay".

Pep war's egal. Sein Plan ging auf. Vier Tage später setzte sich Bayern im Viertelfinal-Rückspiel gegen ManU mit 3:1 durch. Im Halbfinale scheiterte man spektakulär an Real Madrid (0:1/0:4). Am Ende von Guardiolas Debütjahr holte Bayern mit dem Pokalsieg (2:0 gegen den BVB) das Double.

Gesamtbilanz gegen Augsburg: 18 Bundesliga-Duelle, 14 Bayern-Siege, 2 Augsburger Erfolge, 2 Unentschieden, 45:13 Tore.

Lesen Sie auch: Peps langjähriger Co-Trainer adelt Kroos und Schweinsteiger