Der etwas andere Jahresausblick

Blick in die Glaskugel: Was das neue Jahr garantiert (nicht) für Straubing bereithält


Stellt 2015 wirklich alles auf den Kopf?

Stellt 2015 wirklich alles auf den Kopf?

Von Christian Geist

Die Tigers siegen in Serie, Bluval versucht auf der Erfolgswelle von Helene Fischer zu reiten und das Wissenschaftszentrum weiß nicht mehr, wohin mit all den neuen Studenten. Das alles bringt 2015. Oder auch nicht. Eine ironische Vorschau auf das neue Jahr.

Januar: Die Polizei gibt den Kampf gegen Radldiebe endgültig auf. Bei einer Pressekonferenz erklärt Polizeiinspektions-Leiterin Annette Lauer, dass ab sofort keine Anzeigen mehr angenommen werden. Zuvor hatten sich immer mehr ihrer Beamten krankgemeldet - die aussichtslosen Ermittlungen hatten sie an den Rand der Depression getrieben. Gleichzeitig forderte Lauer die Stadtverwaltung auf, Fahrräder zu einem öffentlichen Gut zu erklären und 300 Leihräder im Stadtgebiet zu verteilen, quasi als Anschubfinanzierung. "Mein Rad ist dein Rad", nennt Lauer das neue Konzept.

Februar: "Deutscher Meister wird nur der EHC", skandieren die Fans im Eisstadion. Zugegeben, noch klingt das überheblich. Doch wer will es dem Anhang verdenken, nach 17 Siegen seit dem Jahreswechsel? Die Tigers haben den Anschluss in der Tabelle wieder hergestellt und peilen Platz 10 an. Im Jahr 2015 wird kein Team mehr Punkte holen als die Straubing Tigers - nicht einmal der spätere deutsche Meister, die Düsseldorfer EG. Trotzdem wird der Mannschaft am Ende der Hauptrunde ein Punkt zur Playoff-Qualifikation fehlen. Das Saisonziel bleibt damit unerreicht.

"Wozu brauchen wir eigentlich Heizpilze?"
März: Die Temperaturen übersteigen am 7. März erstmals die 20-Grad-Marke, was Stadtwerke-Chef Helmut Kruczek auf eine Idee bringt: "Wir öffnen das Freibad bereits zum 1. April und schließen mit Beginn des Volksfestes. Der Klimawandel will es so." Der Bauhof lädt derweil zum Tag der offenen Tür. Während die Kinder der Mitarbeiter auf Salzbergen Schlittenfahren, muss sich Ehrengast Sebastian Schießl von den Winterdienstlern die Frage gefallen lassen: "Wozu brauchen wir eigentlich Heizpilze? Wir hatten keinen einzigen Einsatz..."

April: NawaRo ist Meister! Ungeschlagen wiederholen die Volleyballerinnen ihre Meisterschaft und steigen in die erste Liga auf. Damit der Verein langfristige Planungssicherheit bekommt, beschließt der Stadtrat, einen Teil des Laga-Geländes zu verschenken. "Wir machen Platz für diese Sporthalle, Platz für den Sport in unserer Stadt", erklärt Bürgermeisterin Maria Stelzl. Träger des Projekts werden die Straubinger Festwirte. Hannes Süß und Markus Böhm hatten sie davon überzeugt, über zehn Jahre hinweg einen bestimmten Prozentsatz ihres Bier-Absatzes zu reinvestieren. Im Gegenzug erhalten sie Premium-Familien-Logen in der neuen Voixxfest-Arena. Nur vier Stadträte aus unterschiedlichen Fraktionen stimmen gegen das Bauvorhaben. Begründung: Es versperre die Sicht auf das Eisstadion.

Mai: Folgt auf Ötzi nun Straubi? Durch einen Zufall entdecken Jugendliche auf der Gstütt-Insel eine mumifizierte Leiche, deren Alter Gäubodenmuseums-Leiter Prof. Dr. Günther Moosbauer vorsichtig auf mindestens 7 000 bis 8 000 Jahre schätzt. Die jungen Leute feiern auf der Picknickwiese, als sie nach ein paar Bier auf eine echte Schnapsidee kommen. Da Lagerfeuer verboten und von Anwohnern stets gemeldet werden, beginnen sie ein Loch auszuheben. "Da unten drin sieht ja keiner die Flammen", sagt ein 17-Jähriger später. Zwischen 1 Uhr und 4 Uhr morgens schaffen sie es etwa 1,50 Meter tief, als ihnen plötzlich ein Finger entgegenragt.

Reisinger präsentiert "Halligalli-Wochenende"
Juni: Herzogstadtlauf, Holi-Festival, Slackline-Weltrekord, Stadtplatzfest: Mehr geht nicht an einem Wochenende? Und ob! Weil die Stadt nur an wenigen Tagen im Jahr den Lärmschutz aufweichen darf und das Volksfest alleine elf Tage in Anspruch nimmt, bleibt nicht mehr viel Spielraum. Doch den will die Stadt jetzt effektiv nutzen. "Halligalli-Wochenende" nennt Stadtmarketing-Chef Matthias Reisinger das neue Konzept. Künftig verwandelt sich der Hagen für ein Wochenende im Juni in ein riesiges Festival-Areal. Das Pfingst-Open-Air zieht aus Salching in die Stadt, das Holi-Festival bleibt an Ort und Stelle und die Metal Invasion darf zurück in die Messehalle. "Wir sind aber offen für weitere Ideen und Veranstalter", sagt Reisinger, "dieses Wochenende wird legendär".

Eon instrumentalisiert die Bernauer-Festspiele
Juli: Revolution bei den Agnes-Bernauer-Festspielen! Eigentlich wollte Festspielvereinschef Hubert Fischer den Ausstieg der Sponsoren Eon und BMW mit vielen kleinen Sponsoren auffangen. Das schlug fehl und darauf hatte der Energiekonzern offenbar spekuliert. Er unterbreitet dem Festspielverein nun ein Angebot, "das wir einfach nicht ablehnen können". Viele Details dringen nicht an die Öffentlichkeit. Nur so viel steht fest: Die Finanzierung ist auf viele Jahre hinweg gesichert, dafür hebt ein Eon-PR-Agent das historische Stück in die Neuzeit. Agnes symbolisiert nun den Energiekonzern, Herzog Albrecht die Atomkraftwerke und dessen Vater die Energiewende. Ausgang offen.

August: Horst Seehofer gibt sich die Ehre und eröffnet nach 2012 wieder das Gäubodenvolksfest. Natürlich lässt sich der Ministerpräsident bei seinem Mitbringsel nicht lumpen und verspricht den Straubingern "1 000 Studenten, wie es sich für eine bayerische Hochschulstadt gehört". Die versammelte Politprominenz jubiliert, das Festzelt feiert seinen Landesvater. Von den Gefühlen übermannt tritt MdB a.d. Ernst Hinsken ans Mikrofon: "Ich lege gleich noch ein E-Bus-Projekt mit drauf", ruft der Bayerwaldturbo in die Menge. "Damit die Studenten auch vom Land in die Stadt kommen!" Jetzt liegen sich die Menschen in den Armen - Stadt und Land, Hand in Hand, das hat man selten so gesehen!

September: Nach Bluetone geht nun auch Bluval neue Wege. Während aus Jazz an der Donau ein Rock-/Pop-Event geworden ist, setzen die Blasmusikfreunde von Bluval künftig verstärkt auf poppigen Schlager. "Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt", erklärt Veranstalter Andreas Fuchs. Sein Partner Stefan Mutz, der am ABG unterrichtet, führt zum Schuljahresbeginn gleich noch das P-Seminar "Helene Fischer, ein Kassenschlager" ein. Ihre Presseeinladungen unterzeichnen Mutz und Fuchs plötzlich nur noch mit "Die launigen Gäubodenbuam".

Oktober: Seehofers Versprechen wirkt wie Zaubertrank: Am Wissenschaftszentrum haben 1 803 Erstsemester ihre Bewerbungsunterlagen eingereicht. Sie alle wollen Nachwachsende Rohstoffe studieren. Aufgrund von Platzmangel sieht sich Prof. Dr. Klaus Menrad gezwungen, den Numerus Clausus auf 1,0 zu heben. Das deckelt die Bewerberzahl auf knapp 400. "Für die wichtigsten Vorlesungen haben wir nun die Fraunhofer-Halle angemietet", erklärt Menrad.

November: Das Phänomen des Movember schwappt in diesem Jahr stärker denn je aus den USA und Australien nach Europa. Nachdem die Tigers-Spieler bereits seit mehreren Jahren im November ihre Bärte sprießen lassen, beteiligt sich diesmal sogar Oberbürgermeister Markus Pannermayr an der Aktion. Als Selbstverständlichkeit und "eine Verpflichtung für die Region der Nachwachsenden Rohstoffe" bezeichnet der OB sein Engagement. Rasiert wird nicht vor...

Dezember: Es wird laut in der Stadt. Unüberhörbar wehklagen die Straubinger Einzelhändler: Am Kaffeestand, in der Tageszeitung und sogar im Internet machen sie ihrer Enttäuschung Luft. "Wieder nur zwei Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr", murmelt Einzelhandels-Sprecher Martin Erdl in seinen Movember-Bart. Er lässt ihn einfach weiterwachsen. "Bis der Onlinehandel kapituliert!" Gerüchten zufolge arbeitet er mit Johannes Zeindlmeier bereits an einer Hilfsaktion. "Freude durch Kaufen" soll sie angeblich heißen.