Donauausbau

Bis hierher – und nicht weiter


Skeptisch: Ob Horst Seehofer bei seinem Donaubesuch im Dezember (hier in Begleitung des Deggendorfer Landrats Christian Bernreiter) schon ahnte, dass ihm die niederbayerische CSU Grenzen setzen würde? (Foto: dpa)

Skeptisch: Ob Horst Seehofer bei seinem Donaubesuch im Dezember (hier in Begleitung des Deggendorfer Landrats Christian Bernreiter) schon ahnte, dass ihm die niederbayerische CSU Grenzen setzen würde? (Foto: dpa)

Von Bernhard Stuhlfelner

Gute zwei Stunden schon sitzen sie zusammen in der Staatskanzlei und reden sich die Köpfe heiß. Die Fronten sind verhärtet, der Ton manchmal schneidend. Es liegt nicht einmal ein Ansatz von Konsens oder Kompromiss in der Luft.

Erst Mitte der zweiten Halbzeit dieser insgesamt fast vierstündigen Konferenz am vergangenen Mittwoch kommt Bewegung in die Sache, als Horst Seehofer definitiv erkennen muss, dass er die geschlossene Front seiner niederbayerischen CSU-Parteifreunde nicht aufbrechen kann. Nicht mit Schmeicheleien und nicht mit Schmutzeleien. Er gibt nach: Der Ministerpräsident kann den dauerhaften und vollständigen Verzicht der CSU auf eine Donaustaustufe gegen den geschlossenen Widerstand der Niederbayern-Fraktion nicht durchsetzen.

Am Ende steht das mittlerweile ebenso viel gelobte wie viel kritisierte Ergebnis zum Ausbau der niederbayerischen Donau zwischen Straubing und Vilshofen, jenen seit 25 Jahren politisch umkämpften 69 Flusskilometern. Zunächst wird das gebaut und gemacht, was mittlerweile unstrittig ist, und zwar so schnell wie möglich und mit so viel Finanzmitteleinsatz wie möglich: Hochwasserschutz, Flussausbau nach Variante A von Straubing bis zur Isarmündung, der für den gesamten Donauabschnitt entscheidende Rest bleibt offen und späteren Generationen überlassen. Der neue Begriff "Variante A plus" wird dafür gefunden. Aber Horst Seehofer kann verkünden: Eine Staustufe definitiv nicht mit mir!


Zwei Fraktionen ein und derselben Partei haben unter höchst auseinanderstrebenden Ausgangslagen um die Entscheidung zum Donauausbau gerungen, miteinander und gegeneinander. Auf der einen Seite Ministerpräsident Horst Seehofer und Umweltminister Marcel Huber samt Entourage aus der Ministerialbürokratie, auf der anderen Seite die Vertreter der niederbayerischen CSU unter Leitung von Bezirkschef Manfred Weber, bestehend aus Landtags- und Bundestagsabgeordneten, Oberbürgermeistern und Landräten der Donauanliegerkreise und -städte.

Es ist kein Sieg für Horst Seehofer, es ist keine Niederlage, es ist letztlich genau der Kompromiss, der ihn öffentlich das Gesicht wahren lässt und ihm den Rücken freihält für den Wahlkampf. Der CSU-Chef will im Wahljahr gesellschaftlichen Frieden - daraus soll ihm die absolute Mehrheit erwachsen. Er will der vereinigten Donauschutzallianz der Umweltverbände den "sanften" Flussausbau auf dem gesamten Teilstück zum Geschenk machen. Er will seinen Frieden machen mit den Staustufenausbaugegnern. "Optimierung statt Maximierung" ist der von Seehofer seit Wochen ausgegebene Slogan.

Sein Umweltminister Marcel Huber will im Prinzip gar keinen Ausbau mehr, sondern die "Optimierung des Ist-Zustandes" nach Maßgabe des Bundes Naturschutz. Dann könnte man es aber, so argumentieren die Niederbayern, auch gleich ganz bleiben lassen.

Seehofer und Marcel Huber übersehen geflissentlich - ob aus Gründen der Opportunität oder aus Unkenntnis der Sachlage - , dass die Staustufenvariante C 280 bereits eine Optimierung ist. Sie hat mit den vor 25 Jahren geplanten monströsen Staustufen samt Kraftwerken, zwei oder gar drei an der Zahl, rein gar nichts mehr gemein.

Vor allem können die Vertreter der Niederbayern-CSU immer wieder auf die aussagekräftigen Ergebnisse der mit hohem Aufwand und ebensolchem wissenschaftlichen Sachverstand erstellten EU-Studie verweisen, die beide Ausbauvarianten als ökologisch vertretbar bewertet, der C-Variante aber einen höheren wirtschaftlichen Nutzen zuerkennt. Deshalb auch hatte BN-Chef Hubert Weiger bei jener schon legendär gewordenen Pressekonferenz im Münchner Ratskeller am 16. November 2012 die Macher der EU-Studie in Grund und Boden gestampft, weil sie die dem BN genehmen Ergebnisse aus wissenschaftlicher Sicht nicht liefern konnten.

Gerade auch die Donau-Landräte Alfred Reisinger (Straubing-Bogen), Christian Bernreiter (Deggendorf), Franz Meyer (Passau) sowie der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr bürsten gegen den Strich. Reisinger und Meyer haben schon als ehemalige Landtagsabgeordnete den Kopf hingehalten, Pannermayr und Bernreiter geht es zudem um ihre Häfen. Sie alle wollen sich an einem einzigen Tag nicht zerreden lassen, wofür sie über viele Jahre politisch kämpften.

Dass die niederbayerische Delegation unter Führung von Bezirkschef Manfred Weber und dem alten Fahrensmann Erwin Huber letztlich den Kompromiss als "rundweg positiv" begrüßen kann, hat damit zu tun, dass 20 Jahre Stillstand und Blockade überwunden sind und nun endlich etwas vorangeht an der Donau, insbesondere beim Hochwasserschutz - und dass die Türe nicht zugeschlagen ist: Sollten sich spätere Generationen für die Staustufe plus Seitenkanal an der Mühlhamer Schleife entscheiden, steht ihnen diese Option offen.

Warum sie einen leistungsfähigen Donauausbau für notwendig halten, machen die niederbayerischen Christsozialen nicht nur anhand der prognostizierten Güterverkehrszahlen im Gesamtdonauraum deutlich. Sie vertreten auch die Interessen der Wirtschaft, die im Vertrauen auf die Zusage eines für die Schifffahrt leistungsfähigen Donauausbaues jahrelang kräftig investiert hat, insbesondere an den Donauhäfen von Kelheim bis Passau.

Der Vorschlag der Kompromiss-Variante C 280, die keine Staustufe im herkömmlichen Sinne mehr ist, sondern ein permanent überströmtes Schlauchwehr in der Donau bei Aicha, kam vor Jahren aus den Kreisen der niederbayerischen CSU, die damals schon Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen suchte. Dass die resoluten Niederbayern ihr Projekt nicht kampflos aufgeben würden, damit hat Horst Seehofer rechnen müssen.

Zwei Tage später dann vertritt der Ministerpräsident im Koalitionsausschuss mit der FDP die neue CSU-Linie ebenfalls konsequent. Die FDP stimmt nolens volens zu. Weiterhin aber gilt: mit Horst Seehofer keine Staustufe. Aber er hat erkennen müssen, dass auch ihm Grenzen gesetzt sind.

Info

In der Donaudebatte wird immer wieder auf den Beschluss von 2002 verwiesen, wonach der Bundestag damals einen Donauausbau nach Variante A beschlossen habe. Diese damalige Abstimmung war ein sogenannter schlichter Parlamentsbeschluss ohne Gesetzeskraft und langfristige Bindewirkung, der nicht in ein Gesetzesvorhaben einfloss. Er wurde 2002 gefasst, um der bayerischen SPD Schützenhilfe im Wahlkampf zu geben. Ein schlichter Parlamentsbeschluss kann jederzeit von einem Gesetzesbeschluss mit exekutiver Wirkung abgelöst werden. Insofern bedeutet es auch keineswegs eine Missachtung des Parlaments, wenn die öffentliche Debatte weitergeführt wird. So ist das im Parlamentsrecht und dessen praktischer Ausübung geregelt. - Über den Donauausbau entschieden wird in Bayern. Das hat die Bundeskanzlerin so festgelegt. Der Bund wird sich der Entscheidung Bayerns anschließen.

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Horst Seehofer steht vor einem Schild von Donauausbau-Gegner. (Foto: Armin Weigel, dpa)

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Horst Seehofer bei der Informationsfahrt auf der Donau von Straubing nach Vilshofen. (Foto: Lennart Preiss/dapd)

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Horst Seehofer bei der Informationsfahrt auf der Donau von Straubing nach Vilshofen.(Foto: Lennart Preiss/dapd)

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Horst Seehofer bei der Informationsfahrt auf der Donau von Straubing nach Vilshofen. (Foto: Lennart Preiss/dapd)

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Horst Seehofer bei der Informationsfahrt auf der Donau von Straubing nach Vilshofen.(Foto: Lennart Preiss/dapd)

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Die Donau zwischen Straubing und Vilshofen. (Foto: Lennart Preiss/dapd)

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Ministerpräsident Horst Seehofer steht nahe Deggendorf neben dem Kapitän Maximilian Dick auf dem Fahrgastschiff "Kristallkönigin". Vor der Entscheidung über den Donau-Ausbau unternimmt der bayerische Ministerpräsident eine Informationsfahrt auf der Donau. Foto: Armin Weigel/dpa