Kommentar

Wichtige und unwichtige Fakten


Von Jakob Dreher

Am Mittwoch hat sich der deutsche Presserat entschieden, den Paragraph 12.1 zum Thema Ethnie und Herkunft von Straftätern bzw. Verdächtigen nicht zu ändern. Dieser Paragraph, der vorschreibt, nur über die Herkunft zu berichten, wenn sie wichtig für das Verständnis der Tat ist, steht in der Kritik: Die Kritiker sehen in ihm eine Zensur der Presse. Das aber ist aus zwei Gründen falsch.

Das bewusste Weglassen von Fakten gehört zum Beruf des Journalisten. Die Medien haben die Aufgabe, Nachrichten, die sie oft in stunden- oder tagelanger Arbeit recherchiert haben, so aufzubereiten, dass sie zum Teil in wenigen Minuten verstanden werden können. Dabei sollten sie sich immer die Frage stellen, die der strittige Paragraph vorschreibt: "Ist diese Tatsache wichtig, um die Nachricht zu verstehen?" Ob die Nationalität eine Rolle spielt, bewertet sicher jeder anders.

Damit kommen wir zum zweiten Punkt: der Paragraph gewährleistet die Ermessensfreiheit des verantwortlichen Journalisten. Was ein Journalist als wichtig erachtet, kann für den anderen unwichtig sein. Das spiegelt sich in der unterschiedlichen Berichterstattung der Medien wider. Diese Unterschiede in der Berichterstattung sind wichtig für die Pressefreiheit und für den Bürger, der sich informieren will. Die Freiheit der Presse ermöglicht es zudem jedem, Informationen und Nachrichten zu verbreiten, was in Zeiten des Internets leichter und günstiger ist denn je. Allen Medien vorzuschreiben, immer über die Nationalität zu berichten, würde diese Freiheit untergraben, anstatt sie zu erweitern - der Paragraph ist das Gegenteil von Zensur: Die Nachrichtenseiten, Radio- und Fernsehsender sowie die Zeitungen - wie seriös sie auch sein mögen - dürfen selbst festlegen, welche Fakten sie erwähnen und welche nicht.

Lesen sie dazu auch die Entscheidung des Presserats und die Stimmen anderer Zeitungen.