Jede Minute zählt

Schlaganfall erkennen: Das müssen Sie im Notfall tun


Bei einem Schlaganfall kommt es auf jede Minute an. (Symbolbild)

Bei einem Schlaganfall kommt es auf jede Minute an. (Symbolbild)

Von AZ Redaktion

Am 10. Mai ist Tag gegen den Schlaganfall. Der Hirnschlag kommt meist plötzlich und verläuft im schlimmsten Fall tödlich. Wer die Symptome kennt, kann schnell handeln - und so Leben retten!

Es geschah an einem Freitagmorgen im Herbst: Michael W. (Name geändert), Mitte 40, Manager und topfit, war gerade mit einer Kaffeetasse auf dem Weg ins Bad. "Ich ging die Treppe hoch, und als ich oben ankam, ist mir plötzlich die Tasse aus der Hand gefallen", sagt der heute 49-Jährige. Er habe sich nichts dabei gedacht und erklärte es sich mit Ungeschicklichkeit. "Dann habe ich mich geduscht. Und bin dann - ganz plötzlich und ohne Vorwarnung - einfach umgefallen." Wie ein Krabbelkäfer habe er in der Dusche gelegen, außerstande, sich zu bewegen. "Ich war völlig hilflos." Michael W. hatte einen Schlaganfall. Mit 46. "Vor Schlaganfall ist man in keinem Alter gefeit" Und er hatte großes Glück - im Gegensatz zu US-Schauspiel-Star Luke Perry ("Beverly Hills"), der vor zwei Monaten mit 52 Jahren an einem Schlaganfall starb.

Beide haben gemein, dass das Schicksal sie in eher jungen Jahren traf. "Schlaganfall ist zwar vor allem eine Erkrankung des höheren Lebensalters", sagt Lars Kellert, Neurologe und Oberarzt am Klinikum Großhadern. "Aber man ist in keinem Alter davor gefeit." Selbst Kleinkinder können betroffen sein. Nur sind die Ursachen bei jungen Menschen andere als bei älteren: Während bei einem Schlaganfall bei älteren Menschen meist Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörungen oder Herzrhythmusstörungen der Grund sind, spielen diese Faktoren bei Jüngeren kaum eine Rolle.

Bei Schlaganfall ist schnelle Rettung gefragt

Michael W. etwa wurde durch eine Gefäßdissektion an der rechten Halsschlagader aus seinem Alltag gerissen. Hier kam es durch Zufall zu einem Riss an der Arterie mit anschließendem Gefäßverschluss durch ein lokales Blutgerinnsel. Kurz zuvor war ihm dasselbe bereits auf der linken Seite passiert - unbemerkt. "Herr W. hatte schlicht und einfach Pech", sagt Kellert. Und doch war es auch Glück im Unglück: Denn W. wurde rasch auf eine auf Schlaganfälle spezialisierte Station - eine sogenannte Stroke Unit - gebracht und erhielt die richtige Behandlung, die den Verschluss auflöste.

Die Möglichkeiten dafür sind zeitlich begrenzt. "Da heißt es ,Time is Brain'", sagt Kellert. "Man muss sich beeilen, um möglichst viele Nervenzellen im Gehirn zu retten. Je früher jemand mit einem schweren Schlaganfall im Krankenhaus ist, desto besser."

Deutsche Schlaganfall-Hilfe will aufklären

Genau darauf will auch die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe mit dem heutigen "Tag gegen den Schlaganfall" hinweisen. "Aufklärung ist wichtig", sagt auch Michael W. Ohne die schnelle Behandlung und die Entschiedenheit seiner Frau hätte er wohl nicht überlebt - oder er wäre ein Schwerstpflegefall.

Denn: Als seine Frau ihn in der Dusche fand, wollte W. nicht, dass sie einen Arzt ruft - obwohl seine linke Körperhälfte gelähmt war. "Ich sagte ihr, es sei nur ein kleiner Schwächeanfall." Er habe einfach die Lebensgefahr nicht erkannt, sagt er rückblickend. "Man hat keine Todesangst. Schließlich tut einem nichts weh. Man merkt eben nur, dass etwas ausfällt." W.s Frau hatte seinen Willen ignoriert. Dank ihr, den Ärzten, einer langen Reha und viel Geduld kann W. heute fast wieder so leben wie früher.

Schlaganfall: Symptome & Notruf

Schlaganfall-Symptome setzen meist plötzlich ein. Anzeichen können sein: Kopfschmerzen, Sprach-, Sehstörungen, Lähmungserscheinungen, Schwindel sowie taube oder kribbelnde Körperstellen. Welche Symptome jemand hat, hängt davon ab, welche Hirnareale durch den Schlaganfall geschädigt sind.

Auch wenn die Symptome schnell wieder verschwinden, müssen sie so schnell wie möglich abgeklärt werden. "Nach so einer flüchtigen Episode droht ein weiterer, bleibender Schlaganfall. Wann der kommt, ob im nächsten halben Jahr oder in den nächsten zehn Minuten, weiß niemand", sagt Neurologe Lars Kellert vom Klinikum Großhadern.

Aus diesem Grund dürfen Patienten nach einem Schlaganfall nicht mehr Autofahren - mehrere Monate lang nicht. Bei Verdacht auf Schlaganfall sollten Betroffene keinerlei Risiko eingehen. Also nicht abwarten oder sich erst an den Hausarzt wenden - sofort einen Rettungswagen rufen (112). Diagnostik und Therapie müssen schnell beginnen.

Vorbeugen & Nachsorgen

Risikofaktor Nummer eins ist Bluthochdruck, der bei etwa jedem Zweiten über 50 bereits chronisch ist. Auch Alkohol lässt den Blutdruck zeitweise steigen: Selbst, wer nur kleine Mengen wie eine Halbe Bier trinkt, dies aber jeden zweiten Tag oder täglich, sorgt so für eine ständige Überbelastung der Arterien. Schlaganfall-Patienten sollten keinen Alkohol mehr trinken. "Es ist zwar nicht verboten, zu ganz besonderen Gelegenheiten mal ein Glas Sekt zu trinken", sagt Neurologe Lars Kellert. Auf ein zweites Glas sollte man dann aber verzichten.

Zudem empfiehlt er, unbedingt auf das Rauchen zu verzichten und sich regelmäßig zu bewegen. Nicht nur gesunde Menschen, auch alle, die schon einen Schlaganfall hatten, sollten nach Absprache mit dem Arzt mindestens vier Mal pro Woche leichten Ausdauersport treiben, wie etwa 30 Minuten Walken oder Radfahren. Wichtig sind zudem eine mediterrane Diät, gegebenenfalls Gewichtsreduktion, wenig Stress (führt auch zu Bluthochdruck) und viel Schlaf für die Regeneration.

260.000 Schlaganfälle pro Jahr

Rund 260.000 Schlaganfälle treten im Schnitt jedes Jahr in Deutschland auf. Die Ursache ist eine Durchblutungsstörung im Gehirn, meist verursacht durch ein Blutgerinnsel, welches ein Gefäß verstopft (in 85 Prozent der Fälle). Auch eine Hirnblutung kann ein Grund sein, verursacht durch einen Riss in der Gefäßwand.

Ein Hauptauslöser für Schlaganfälle ist Arteriosklerose. Ebenso problematisch sind Herzrhythmusstörungen, die bei älteren Menschen häufiger vorkommen: Vorhofflimmern ist etwa für jeden dritten Schlaganfall verantwortlich. Hier kommt es durch das Flimmern zu einem langsameren Blutfluss im Herzen, wodurch das Blut gerinnt: Es können sich dann Blutgerinnsel bilden, die ins Gehirn wandern.

Schlaganfälle treten meist in höherem Alter auf. Etwa 15 Prozent der Betroffenen sind jedoch unter 55 Jahre alt - rund 30.000 Menschen im Jahr. Rund 60.000 Menschen sterben pro Jahr an einem Schlaganfall. Aktuell leben in Deutschland eine Million Menschen mit körperlichen und seelischen Einschränkungen durch die Folgen eines Schlaganfalls.

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