Palmen aus Plastik 2 in München

Konzertkritik: Bonez MC und RAF Camora in der Olympiahalle


Die Palme durfte natürlich nicht fehlen.

Die Palme durfte natürlich nicht fehlen.

Von Lukas Schauer / Onlineredaktion

Bonez MC und RAF Camora verwandeln die Münchner Olympiahalle in einen Party-Tempel und ziehen dabei alle Register der Konzertunterhaltung.

Schon Voract Joshimizu hatte so eine Ahnung: München sei eine seiner Lieblingsstädte, wenn die hiesige Polizei "nicht so komisch wäre", könne man sich sogar überlegen, hier zu wohnen. Später am Abend sollten 150 Münchner Polizeibeamte in einer groß angelegten Razzia Tourbusse und Backstage nach Drogen durchsuchen.

Für Bonez MC und RAF Camora offensichtlich nicht völlig überraschend, denn viel wird die Polizei nicht finden. Die Gastgeber dieses Abends, die mit "Palmen aus Plastik 2" Chart- und Streaming-Rekorde brechen und die größten Festhallen im deutschsprachigen Raum vollmachen, sind Rockstars und exerzieren diesen Lebensstil ohne Kompromisse.

Schwer talentierte Musiker

Doch bei all dem ausschweifenden Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum und der Kriminellen-Attitüde sind die beiden Rapper in erster Linie schwer talentierte Musiker. Was sie an diesem Abend vor 13.000 Zuschauern abbrennen, lässt manchen Mega-Star, der sonst die Olympiahalle ausverkauft, alt aussehen.

Die Dancehall-Deutschrap-Mischung, die aktuell die Playlisten der Jugend dominiert, ist wie gemacht für die große Halle. Von Beginn an, bei "Prominent", "Palmen aus Plastik" und "500 PS", setzt das weitgehend jugendliche Publikum (der Autor auf seinem Sitzplatz fühlt sich plötzlich alt) den Rap-Stars eine beeindruckende Energie entgegen, junge Damen werfen Oberteile und BHs mit Handynummern - Rockstars halt.

Ein fettes Krokodil als Bühnendeko

Um die Musik herum werden alle Register zogen: Auf der Bühne, die wie ein Laufsteg in die Menschenmenge ragt, thront eine Plastikpalme (die originale aus St. Pauli), die Nebel, Feuer und Konfetti verschießt. Ein Nachbau der Treppe aus Barcelona, wo alles begann, weicht später einem absurd überdimensionierten, mit dem Maul schnappenden Krokodil. Bei RAFs "Gotham City" entern zwei Vermummte auf T-Max Rollern die Bühne, bei den energiegeladenen "Mörder" und "Kokain" Featuregast Gzuz und zwischenzeitlich auch der Rest der "187 Straßenbande". Stagedive auf Luftmatratzen, Instagram-Story, Moshpits, Gitarrensoli - Abriss.

Während der kollektiven Ekstase sind den Künstlern Anstrengung (und verbotene Substanzen?) irgendwann anzumerken, verpasste Einsätze fängt das Publikum aber textsicher ab. Zugabe um Zugabe schmettern sie den Leuten um die Ohren. Dann rauchen beide unter der Palme sitzend im Smartphone-Lichtermeer einen Joint und sind der Olympiahalle aufrichtig dankbar, denn zu dieser Party haben beide beigetragen - Rockstars und Fans.