Vilsbiburg

Jonas Kronseder: "Die Roten Raben sind eine Topadresse in Deutschland und Europa"


Jonas Kronseder startet am Montag mit den Roten Raben in die Vorbereitung auf die neue Saison.

Jonas Kronseder startet am Montag mit den Roten Raben in die Vorbereitung auf die neue Saison.

Nachdem Jonas Kronseder (28) bereits zweimal interimsmäßig das Traineramt der Roten Raben Vilsbiburg übernommen hatte, ging er vergangenen Sommer erstmals von Beginn an als Cheftrainer in eine Saison. Im Interview blickt der junge Coach darauf zurück. Er spricht zudem über die Lehren aus seiner ersten Saison als verantwortlicher Trainer und schätzt den neuen Kader ein.

Herr Kronseder, das erste Jahr als Cheftrainer der Roten Raben liegt hinter Ihnen. Wie blicken Sie darauf zurück?
Jonas Kronseder: Es war eine große, aber vor allem schöne Herausforderung für mich. Es fing schon nach der vorangegangenen Spielzeit an, als es zur Kaderplanung kam und man die einzelnen Puzzlestücke finden und sie zu einem Team zusammensetzen musste. Das hat rückblickend gut funktioniert. Insgesamt gab es in diesem Jahr viel Arbeit, aber es hat vor allem sehr viel Spaß gemacht.

Wie beurteilen Sie das sportliche Abschneiden in der vergangenen Saison?
Kronseder: Wir haben all unsere Ziele erreicht. Wir haben die direkte Playoff-Qualifikation geschafft. Im Viertelfinale sind wir gegen den späteren Vizemeister Stuttgart knapp gescheitert. Auf der einen Seite können wir damit sehr zufrieden sein - und ich bin auch selbst damit zufrieden. Auf der anderen Seite ist auch noch sehr viel Luft nach oben.

Für Sie gab es auch eine Dreifachbelastung. Sie haben neben dem Traineramt in Vilsbiburg den Trainerschein gemacht und studieren auch noch Sportmanagement. Wie hat das funktioniert?
Kronseder: Den Trainerschein habe ich in der Tasche, die Saison habe ich auch gemeistert. Das hat soweit geklappt. Was ein bisschen gelitten hat, war das Studium. Ich habe jetzt im Sommer versucht, da auch wieder mehr zu machen. Aber während der Saison war das zeitlich sehr schwer. Ich wusste schon, dass wahrscheinlich das Studium ein bisschen darunter leiden wird, hatte aber nicht gedacht, dass es so extrem sein wird.

Nach Ihrer Funktion als Co- beziehungsweise Interimstrainer sind Sie vergangenes Jahr erstmals als Cheftrainer in eine Saison gegangen. Was war anders im Vergleich zum Amt des Co-Trainers?
Kronseder: In erster Linie die Distanz zu den Spielerinnen. Man hat als Cheftrainer einfach ein anderes Verhältnis zu ihnen, das ist auch wichtig. Da musste ich mich erst hineinfinden und auch für die Spielerinnen, die mich schon seit drei Jahren kennen, war es etwas anderes. Aber das haben sie gut angenommen und auch ich habe mich in dieser Rolle sehr wohlgefühlt.

"Ich hatte keine Zweifel"

Haben Sie sich sofort wohlgefühlt in der neuen Funktion und wussten Sie, dass sie diese Aufgabe meistern können?
Kronseder: Man kann nie wissen, wie es letztlich wird. Aber ich habe es mir auf jeden Fall zugetraut und hatte keine Zweifel. Ich wusste, dass der Verein voll hinter mir steht und mir das Vertrauen schenkt - auch in dem Wissen, dass ich jung bin und es mein erstes Jahr als Cheftrainer ist. Es war auch klar, dass Fehler passieren können und es sind auch Fehler passiert. Aber daraus kann man nur lernen und daraus lerne ich auch speziell für die kommende Saison.

Aus welchen Fehlern der Vorsaison haben Sie denn konkret gelernt?
Kronseder: Eine erste Veränderung ist, dass wir in der neuen Mannschaften zwei, drei erfahrene Spielerinnen mehr haben werden. Wir hatten auch vergangene Saison sehr viel Potential und Qualität im Team. Nur die Erfahrung hat ein wenig gefehlt. Wir hatten auch gegen Top-Teams enge Spiele, die wir dann vielleicht aufgrund mangelnder Erfahrung nicht gewonnen haben. Die Erfahrung fehlte zum einen auf dem Feld, aber auch bei mir, um von außen noch ein bisschen mehr zu helfen. Das sind dann ein oder zwei Prozentpunkte, die am Ende den Ausschlag geben können.

Gibt es noch weitere Sachen, die Sie verändern werden?
Kronseder: Ja, in der Trainingssteuerung zum Beispiel. Wir haben vergangenes Jahr viel trainiert. Im Dezember habe ich dann gemerkt, dass die Spielerinnen einen Lagerkoller hatten und einfach eine Pause gebraucht haben. Nach fünf freien Tagen an Weihnachten war das dann wieder deutlich besser. Daraus habe ich gelernt, dass es manchmal mehr hilft, einen Vormittag oder einen Tag während der Woche frei zu geben bei einer so langen Saison, statt ständig durchzutrainieren.

Video zum Thema:

Vor einem Jahr ist man in Vilsbiburg den Weg angetreten, mit vielen jungen Spielerinnen arbeiten und diese entwickeln zu wollen. Inwieweit ist es für einen Trainer ein anderes Arbeiten, als wenn man eine Mannschaft mit vielen "fertigen" Spielerinnen hat?
Kronseder: Zunächst ist es so, dass man immer etwas dazu lernen kann. Auch Liana Mesa Luaces wird mit 38 Jahren in dieser Saison noch Neues aufschnappen. Aber bei "fertigen" Spielerinnen geht es vorrangig darum, sie körperlich fit zu bekommen und das Niveau zu halten. Junge Spielerinnen brauchen dagegen noch viele Technik-Anweisungen und Korrekturen. Sie sind dabei, sich in den einzelnen Elementen des Spiels zu festigen. Es ist wichtig, diese Spielerinnen zu führen - sowohl im technischen als auch im menschlichen Bereich. Auch das ist eine Verantwortung, die man als Trainer hat.

Setzt man in der kommenden Saison auch deshalb auf mehr erfahrene Spielerinnen, um den Fokus noch gezielter auf einzelne Talente lenken und sie so noch individueller fördern zu können?
Kronseder: Nein, das würde ich so nicht sagen. Natürlich ist es einfacher, wenn man zwei oder drei statt fünf oder sechs Talenten hat, auf die man sich konzentrieren muss. Aber das bedeutet ja nicht, dass die erfahrenen Akteure nicht die gleiche Beachtung brauchen. Jede Spielerin braucht durch ihren Charakter unterschiedliche Aufmerksamkeit. Manche müssen etwas mehr geführt werden, andere wissen den Weg schon und können ihn größtenteils alleine gehen.

Vergangene Saison hatten Sie eine sehr junge Mannschaft. Wie haben sich die einzelnen Spielerinnen und auch das Team über die Spielzeit hinweg entwickelt?
Kronseder: Wenn sich die einzelnen Spielerinnen weiterentwickeln, dann steigt automatisch auch das Niveau des gesamten Teams. Und viele Spielerinnen haben eine gute Entwicklung genommen. Nehmen wir als Beispiel Lena Stigrot und Srna Markovic, zwei sehr junge Spielerinnen, die vergangene Saison einen unterschiedlichen Schritt nach vorne gemacht haben. Srna hat sich in den Punkten Konstanz und Athletik verbessert, Lena hat vor allem einen großen mentalen Schritt gemacht.

Bei vielen jungen Spielerinnen fehlte noch die Konstanz in den Leistungen.
Kronseder: Richtig. Wir hatten auch vergangene Saison Spiele auf einem sehr guten Niveau, mit dem wir nahezu jeden Gegner hätten schlagen können. Es gab aber auch Spiele, in denen wir gegen eigentlich schlechtere Teams knappe Ergebnisse hatten oder sogar verloren haben, weil wir nicht in unseren Rhythmus kamen oder unser Potential nicht abrufen konnten.

"So läuft eben das Geschäft"

Wenn man den jungen Spielerinnen eine Plattform gibt und sie gut entwickelt, muss man am Ende aber auch damit rechnen, dass Leute wie Roslandy Acosta nicht mehr zu halten sind.
Kronseder: Das stimmt. Es gibt dafür mehrere Beispiele, wie auch Michelle Bartsch. In der Saison 2013/14 war es auch ein großer Verdienst von ihr, dass wir Pokalsieger und Vizemeister geworden sind. Aber wenn dann Angebote kommen, bei denen wir finanziell nicht mithalten können, ist es auch verständlich, dass solche Spielerinnen uns verlassen. Das ist schade für uns, weil wir viel Energie und Zeit investiert haben, aber so läuft eben das Geschäft.

Hat sich Vilsbiburg durch Beispiele wie Michelle Bartsch oder Roslandy Acosta inzwischen in der Volleyball-Szene auch den Ruf erarbeitet, für junge Spielerinnen ein gutes Sprungbrett zu größeren Clubs zu sein?
Kronseder: Ich denke schon. Wenn man mit Spieleragenten in Kontakt ist, merkt man, dass die Roten Raben eine Topadresse sowohl in Deutschland als auch in Europa sind. Der Verein ist bekannt dafür, in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet zu haben sowie gute Bedingungen und eine gute Struktur zu haben, um optimal Volleyball zu spielen und sich zu entwickeln. Auch dass wir international spielen, ist für viele Spielerinnen ein wichtiger Faktor, um sich für uns zu entscheiden.

Stichwort Spieleragenten. Als Trainer sind sie - zumindest was das Sportliche angeht - auch zuständig für die Kaderzusammenstellung. Wie läuft ein Sommer bei Ihnen ab?
Kronseder: Die Agenten schicken meistens ihre Spielerlisten, die ich dann durchgehe. Die meisten Spielerinnen kennt man zumindest vom Namen her bereits. Dann schaut man sich den Lebenslauf und erste Videos an. Wenn man interessiert ist, dann fragt man auch nach zwei oder drei weiteren Videos. Ich versuche auch, mit den Spielerinnen persönllich zu sprechen. Von unseren sechs Neuzugängen hatte ich mit fünf auch vor der Verpflichtung per Skype oder telefonisch Kontakt, um noch einen weiteren Eindruck zu bekommen. Wenn es dann ums Finanzielle geht, übernimmt André Wehnert (Geschäftsführer, Anm. d. Red.) die Verhandlungen.

"Bei Neuverpflichtungen ist immer ein Risiko dabei"

Neue Spielerinnen werden fast ausschließlich per Video gesichtet. Wie groß ist dabei das Risiko?
Kronseder: Es ist immer ein Restrisiko dabei. Man bekommt immer die besten Videos, jede Spielerin hat ein Highlight-Video, auf dem man nur gute Aktionen sieht. Dann schaue ich mir noch drei Spiele an, aber das sind dann natürlich auch gute Partien der jeweiligen Spielerin. Es ist immer ein Risiko dabei, deshalb schaue ich auch drei oder vier Videos an und probiere auch, mir andere Meinungen einzuholen von ehemaligen Mitspielerinnen oder Trainern. Neben dem Spielerischen ist auch das Charakterliche ein ganz wichtiger Punkt. Da kann man natürlich auch einfach einmal daneben liegen. Ein Risiko ist bei Neuverpflichtungen immer dabei.

Im Kader für die nächste Saison stehen sechs alte und sechs neue Spielerinnen. Wie schätzen Sie den Umbruch ein?
Kronseder: Ich hätte mit Roslandy Acosta und Lucy Charuk zwei weitere Spielerinnen gerne behalten, die sich aufgrund anderer Angebote aber gegen uns entschieden haben. So ist der Umbruch doch etwas größer geworden. Die Spielerinnen müssen sich wieder neu kennenlernen, wir müssen möglichst schnell ein Team formen, damit wir einen gemeinsamen Weg gehen können. Das ist immer wieder eine Herausforderung, weil zwölf neue Charaktere aufeinander treffen.

Wie sehen Sie den neuen Kader im Vergleich zu dem der Vorsaison?
Kronseder: Wir haben jetzt mehr Spielerinnen, die um die 30 Jahre alt sind, vergangene Spielzeit war Liana Mesa Luaces die einzige über 30. Das heißt, sie bringen auch mehr Erfahrung mit. Das ist ein großer Unterschied. Auch physisch haben wir uns verstärkt, die durchschnittliche Körpergröße ist gestiegen. Das ist wichtig, um auch in diesem Punkt wettbewerbsfähiger zu sein. Der Trend geht dahin, dass die Spielerinnen größer werden, das kann man auch bei anderen Teams beobachten. Ich bin überzeugt, dass wir für die neue Saison gut aufgestellt sind. Wir wollen wieder einen Schritt nach vorne gehen. Wie groß der Schritt sein wird, ist aktuell noch schwer zu sagen.

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