Landshut/Landau

Missbrauchsprozess gegen Opa: Stieftochter des Angeklagten täuschte Überfall vor


Die Stieftochter des wegen sexuellen Missbrauch Angeklagten täuschte einen Überfall vor.(Symbolbild)

Die Stieftochter des wegen sexuellen Missbrauch Angeklagten täuschte einen Überfall vor.(Symbolbild)

Von Katharina Binder

Ist jemand komplett unglaubwürdig, wenn er einmal einer Lüge überführt worden ist? Mit dieser Frage musste sich überraschend die Jugendkammer des Landgerichts am vierten Verhandlungstag im Missbrauchsprozess gegen Richard R. auseinandersetzen. Die Staatsanwaltschaft legt dem 56-Jährigen den sexuellen Missbrauch seiner elfjährigen Enkelin zur Last. Im Rahmen der Ermittlungen hatte seine ehemalige Stieftochter ebenfalls Vorwürfe gegen R. erhoben, die die 34-Jährige vor Gericht wiederholte. Ein vermeintlich von ihrem Stiefvater in Auftrag gegebener Raubüberfall auf sie stellte sich allerdings als fingiert heraus.

R., der sich auf freiem Fuß befindet, schweigt vor Gericht zu den Vorwürfen. Xenia X. soll dem Vernehmen nach ihre Vorwürfe unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholt haben. Für eine Überraschung sorgte dann die ehemalige Stieftochter. Die 34-jährige Verkäuferin berichtete im Zeugenstand, dass Richard R. sich von 1993 bis 1999 auch an ihr vergangen habe, "wie dann bei seiner Enkelin". Sie habe das jahrelang über sich ergehen lassen, "damit er wenigstens meine Schwestern in Ruhe lässt". Als die Mutter von Xenia X. sich dann 2014 telefonisch an sie gewandt habe, habe sie sich dazu entschlossen, ebenfalls Anzeige gegen R. zu erstatten. Aus den Prozessakten geht jedoch hervor, dass es bereits vor der Anzeige jede Menge Gerüchte zu einer angeblich verbotenen Beziehung zwischen Richard R. und seiner Stieftochter gab. Bestätigt wurden die Missbrauchsvorwürfe vor Gericht durch die Jugendliebe der 34-Jährigen. Er sei den beiden einmal nachgeschlichen, als R. seine Stieftochter aufgefordert habe, sie solle ihm den Rücken waschen, so der 37-Jährige. Durch das Badfenster habe er dann beobachtet, wie seine Freundin ihren Stiefvater oral befriedigte.

Die Jugendkammer unter Vorsitzendem Richter Oliver Dopheide stellte die Überlegung in den Raum, ob man sowohl die Mutter von Xenia X. als auch die ehemalige Stieftochter von Richard R. noch einmal in den Zeugenstand rufen solle: Die Frage sei eventuell, was bei dem Telefonat zwischen Mutter und Stieftochter besprochen worden sei. Die weiteren Prozessbeteiligten sahen jedoch keinen Bedarf. Was die Glaubwürdigkeit der Stieftochter betrifft, so meinte Staatsanwältin Barbara Keimel, dass man Missbrauchsvorwürfe und fingierten Raubüberfall trennen solle. "Nur weil jemand einmal gelogen hat, muss er noch lange kein Lügner sein." Sollte die 34-Jährige als Kind tatsächlich jahrelang von R. missbraucht worden sein, so könnte der vorgetäuschte Überfall die Rache dafür gewesen.

Der Prozess wird am 5. November fortgesetzt.