In der Krise
Oberpfälzer Autozulieferer Grammer verliert fünf Aufsichtsräte auf einmal
Beim Oberpfälzer Autozulieferer Grammer legen fünf Aufsichtsräte einschließlich des Vorsitzenden Martin Kleinschmitt ihre Mandate vorzeitig nieder. Sie scheiden zum 31. März aus, wie der Sitzhersteller mitteilte. Die reguläre Neuwahl des Aufsichtsrats steht erst auf der Hauptversammlung im Mai an. Nun will der chinesische Hauptaktionär Jiye Auto Parts zunächst beim Amtsgericht Amberg die Nachfolger bestellen lassen, bevor diese dann bei dem Aktionärstreffen bestätigt werden.
Die IG Metall ist besorgt: "Wir haben Bedenken, dass die Entwicklungen auf der Kapitalseite negative Auswirkungen auf die oberpfälzischen Grammer-Standorte haben könnten", sagte Udo Fechtner, erster Bevollmächtigter der IG Metall Amberg. "Für uns stehen die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze und Standorte in der Region an erster Stelle."
Der Grammer-Aufsichtsrat hat zwölf Mitglieder, jeweils zur Hälfte vom Arbeitgeber und von den Arbeitnehmern benannt. Die fünf scheidenden Unternehmenskontrolleure sind sämtlich Arbeitgebervertreter. Jiye Auto Parts ist eine Tochter des Ningbo Jifeng-Konzerns und hält 86 Prozent der Anteile. Insofern können die Mehrheitseigner auch bestimmen, wer auf Arbeitgeberseite in den Aufsichtsrat einzieht.
Unternehmen beteuert: Rückzug ist kein Misstrauensvotum
Die Hintergründe sind bislang unbekannt, doch deuten die Indizien darauf, dass die chinesischen Eigner durchgreifen und Wunschkandidaten im Aufsichtsrat unterbringen wollen. Nach Worten einer Unternehmenssprecherin waren die fünf Aufsichtsratsposten bereits zur Neubesetzung vorgesehen. Der Vorsitzende Martin Kleinschmitt und die vier weiteren vorzeitig ausscheidenden Mitglieder des Kontrollgremiums wollen demnach den Weg vorzeitig frei machen. Es handle es sich bei dem kollektiven Rückzug "nicht um ein Misstrauensvotum", betonte die Sprecherin.
Ende März wird das Unternehmen auch seine Finanzvorständin Jurate Keblyte einbüßen, die ebenfalls vorzeitig ausscheidet. Diese Personalie gab das Unternehmen in der vergangenen Woche bekannt. Keblyte verlasse das Unternehmen auf eigenen Wunsch, hieß es in der Mitteilung. Kurz zuvor hatte Grammer ein „unerwartet schwaches“ viertes Quartal samt Umsatz- und Gewinneinbruch gemeldet. Dass Keblyte das Unternehmen verlasse, habe nichts mit den Finanzzahlen zu tun, betonte eine Grammer-Sprecherin. Das habe „rein persönliche, private Gründe“. Das bestätigt auch der Betriebsrat.
Grammer kämpft seit längerem mit Problemen. Die Krise der Autoindustrie wirkt sich auch auf Grammer aus. Die Auftragslage ist zurückgegangen, viele Abteilungen sind in Kurzarbeit. Im Juni 2024 war bekannt geworden, dass der Konzern 200 Stellen in Ursensollen streicht.