Begegnung auf der Rennstrecke

Walter Röhrl: Am Galgenkopf schneller als Schumi


Der zweimalige Rallye-Weltmeister Walter Röhrl (rechts) erzählt eine Geschichte, in der der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ziemlich alt aussieht.

Der zweimalige Rallye-Weltmeister Walter Röhrl (rechts) erzählt eine Geschichte, in der der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ziemlich alt aussieht.

Von Guido Verstegen / Online

In der AZ erinnert sich Rallye-Legende Walter Röhrl, wie er das erste und einzige Mal gegen den Formel-1-Weltmeister gefahren ist - obwohl er das gar nicht wollte. "Ein unglaublicher Zufall."

München - Für ihn war es ja "eigentlich keine große Sache", sagt Walter Röhrl. Aber es ist passiert - und jemand hat es mitbekommen. Nun kursiert sie eben, die Geschichte von zwei deutschen Motorsportlegenden, die sich zufällig auf der Rennstrecke begegnen.

Eine Geschichte, in der Michael Schumacher, siebenmaliger Formel-1-Weltmeister, ziemlich alt aussieht. So ganz genau kann sich Röhrl ja gar nicht mehr erinnern. "Es müsste 2006 oder 2007 gewesen sein", erzählt der Oberpfälzer, der bislang einzige deutsche Rallyeweltmeister (zwei Titel) der AZ. Damals war er für seinen langjährigen Arbeitgeber Porsche auf dem Nürburgring zu Testfahrten unterwegs. (Lesen Sie auch: Michael Schumacher - Rivalen, Förderer, Vertraute)

Röhrl: "Plötzlich ein schwarzes Auto vor mir..."

"Ich musste als Cheftestfahrer die Entwicklung der Autos begleiten und dann die Zeit fahren, die offiziell für das Auto angegeben wird", berichtet der heute 71-Jährige. Damals ging es um den 996 GT2-RS, der 2010 erschien. Röhrl fuhr erst eine Runde mit dem Porsche und später - zum Vergleich - eine Runde mit einem Ferrari 599, einem sogenannten "Benchmark-Auto".

"Auf dieser Runde", sagt Röhrl dann, "sehe ich nach sechs oder sieben Kilometern plötzlich ein schwarzes Auto vor mir. Der war sehr schnell unterwegs, weil ich ihm nur ganz langsam näher gekommen bin." (Lesen Sie auch: Michael Schumachers Kosmos von A bis Z)

Dabei handelte es sich um einen baugleichen Ferrari. "Mich hat das angespornt, ich wollte den da vorne unbedingt überholen", sagte die Rallye-Legende. Am Galgenkopf, in der berühmten Nordschleife, war es so weit. "Das Auto hat ein bisschen zu spät eingelenkt", erinnert sich Röhrl, "da konnte ich innen vorbeiziehen. Am Ende habe ich die Runde mit rund 100 Metern Vorsprung abgeschlossen."

Röhrl: "Dann schau ich rüber, sitzt da der Michael Schumacher"

Doch die Geschichte hatte ein Nachspiel. "Ich bin dann weiter auf die Bundesstraße abgebogen, um das Auto abzukühlen. Aber der andere ist mir einfach hinterhergefahren", so Röhrl. Er zog es vor, an den Straßenrand zu fahren, um den schwarzen Wagen passieren zu lassen. Der aber blieb ebenfalls stehen, und die Seitenscheibe ging runter. "Dann schau ich rüber, sitzt da der Michael Schumacher", erzählt der 71-Jährige lachend.

Der sei außer sich gewesen, konnte es gar nicht fassen, dass er abgehängt wurde. "Wir haben uns dann kurz unterhalten. Er meinte, dass ich den Nürburgring ja besser kenne, und für ihn seien solche Serienautos ja wie Lkws", erzählt Röhrl. Und ginge es nach dem Rallye-Ass, dann wäre die Geschichte ja unter Rennfahrerkollegen geblieben.

Bei Schumi saß der Schmerz wohl tiefer. Denn der eilte zurück zu seiner Werkstatt, für die er ein Fahrwerk testete, und beschwerte sich, dass Porsche das Auto wohl besser hinbekommen hätte. Für die Mechaniker dort ein gefundenes Fressen. "Die erzählten dann abends im Wirtshaus, dass der Röhrl dem Schumacher mal gezeigt hat, wo es langgeht", erzählt Röhrl, "und so ist das erst in Umlauf gekommen. Sonst hätte es ja kein Mensch mitgekriegt."

Röhrl: Schumachers Schicksal macht ihn fassungslos

Dennoch zaubert die kleine Anekdote Röhrl noch immer ein Schmunzeln aufs Gesicht. "Das war ja auch ein unglaublicher Zufall, dass wir beide uns mit dem gleichen Auto auf der Strecke begegnen", sagt er. Es sollte die letzte Begegnung der beiden deutschen Motorsport-Stars sein. "Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen", erzählt Röhrl, obwohl er Schumi schon seit seiner Formel-3-Zeit kennt.

"Einmal am Hockenheimring", steckt Röhrl der AZ, "ist auch der Herr Weber hergekommen (Schumachers damaliger Manager Willi Weber, d. Red.) und hat gesagt: 'Der Michael will unbedingt mal Porsche fahren, wäre das möglich?'" Röhrl erfüllte den Wunsch. Der Respekt gegenüber Schumacher war immer riesengroß - trotz der Begebenheit auf dem Nürburgring. ()

Heute, fünf Jahre nach Schumachers schwerem Ski-Unfall, macht ihn dessen Schicksal noch immer fassunglos. "Das ist so bitter. Da fährt einer jahrelang Rennen, und dann, wegen so einem Blödsinn..." (Lesen Sie auch: Emotionales Statement von Michael Schumachers Ehefrau Corinna)

Vor kurzem sei er selber beim Langlaufen gewesen und im Tiefschnee auf einen Stein aufgelaufen. "Ich bin kopfüber in den Schnee, da hätte auch der nächste Stein sein können", sagt Röhrl, "und ich hatte keinen Helm auf. Aber wenn der Teufel will, dann ist es dir aufgesetzt."

Den "Langen", wie Röhrl heute noch gerufen wird, hatte der Teufel wohl verschont, er hatte Glück. Und so kann er die Geschichte weiter erzählen, die kleine Begebenheit, als er den größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten ziemlich alt aussehen ließ.

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