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Puzzlespielen in Paris: Nagelsmann muss den Code finden, um PSG zu knacken

"Paris ist unser Schicksal", sagt Vorstandsboss Kahn über das Achtelfinal-Spiel der Bayern bei PSG. Coach Nagelsmann ist gefordert, muss das richtige Konzept finden, damit Paris nicht auch sein Schicksal wird.


Als Puzzlespieler gefragt: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann muss in Paris die Einzelteile finden, um die Star-Truppe von PSG im Achtelfinal-Hinspiel zu stoppen.

Als Puzzlespieler gefragt: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann muss in Paris die Einzelteile finden, um die Star-Truppe von PSG im Achtelfinal-Hinspiel zu stoppen.

Von Patrick Strasser

Große Worte, gelassen ausgesprochen, dafür aber mit gehöriger Sprengkraft. "Paris ist unser Schicksal", sagte Vorstandsboss Oliver Kahn mit Blick auf das sechste Duell seines FC Bayern mit Paris St.-Germain seit 2017.

Vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei PSG am Dienstag (21 Uhr, Prime Video) erinnerte Kahn ganz nüchtern an das wichtigste Saisonziel des Vereins: "Wir werden daran gemessen, dass wir in der Champions League ganz vorne mitspielen." Man strebe eben naturgemäß nach dem "maximalen Erfolg" - für Sportchef Hasan Salihamidzic das Erreichen des Finales am 10. Juni in Istanbul.

Nur nicht zu früh ausscheiden wie in der letzten Saison als man völlig überraschend im Viertelfinale am spanischen Underdog FC Villarreal (0:1/1:1) scheiterte. Die Weltauswahl-Truppe aus Paris ist zwar ein ganz anderes Kaliber, aber ein Aus nun bereits im Achtelfinale. . .

Nun ja, man kennt die Mechanismen beim FC Bayern. Ein Scheitern gegen PSG würde vor allem Trainer Julian Nagelsmann wieder in den Wind, in jenem Fall ein Orkan, stellen.

Auch an den 35-Jährigen war Kahns Botschaft gerichtet, schließlich ist Nagelsmann für den sportlichen Erfolg zuständig. Der Cheftrainer erwartet "ein Spiel auf Augenhöhe gegen einen toughen Gegner, der viele Weltklassespieler hat" und schätzt die Chancen "fifty-fifty" ein. Nanu? Rhetorisch so defensiv? Nicht nur, er sagte auch: "Paris wird nicht extrem frohlocken, dass sie gegen uns spielen."

Aber wie lässt Nagelsmann seine Bayern spielen? Ob mit Dreierkette (Pavard, Upamecano, de Ligt) und zwei Schienenspielern über die Außen (Cancelo und Davies) oder mit Viererkette (Cancelo, Upamecano, de Ligt, Davies) ist die eine Frage.

Daneben ob ein Sechser (Kimmich, zurück nach seiner Gelb-Rot-Sperre gegen Bochum) im Zentrum reicht oder ob Goretzka ihn unterstützt? Und die dritte Komponente in Nagelsmanns Pariser Puzzle: Wen lässt er in der Offensive auflaufen? Jamal Musiala, Kingsley Coman und Thomas Müller scheinen gesetzt, aber ist dann noch Platz für Leroy Sané, Serge Gnabry und/oder Mittelstürmer Eric Maxim Choupo-Moting?

Aufstellung und Taktik ist nur die eine Sache. Die wohl entscheidendere Frage lautet: Wie engagiert treten die Spieler diesmal auf? Salihamidzic forderte am Münchner Flughafen: "Aktivität, Energie, Aggressivität."

Die Spiele im neuen Jahr hätten die Bayern bislang "nicht so gestaltet, wie wir wollten. Wir kriegen aber langsam den Rhythmus. Die Stimmung ist gut, die Jungs sind heiß", versicherte der Sportvorstand.

Nach dem öffentlichen Anpfiff für seine Profis nach Abpfiff des 3:0 gegen Bochum ("Am Ende ist es ein bisschen zu wenig Leben") erwartet Nagelsmann in Paris eine Reaktion - die kam zunächst von Bayerns Ex-Kapitän Lothar Matthäus: "Ich glaube, die Sache, die Julian der Mannschaft über die Medien mitteilen wollte, war überflüssig", urteilte er bei Sky und erklärte: "Die Spieler wissen genau, worum es am Dienstag geht. Ich habe selbst jahrelang bei Bayern gespielt. Wir haben eigentlich nie die großen Spiele gemacht am Samstag vor Real Madrid, vor Barcelona, vor Manchester United. Die Spieler wissen, wo es drauf ankommt."

Genervt und irgendwie entnervt von den Launen seiner Stars meinte Nagelsmann am Samstag: "Ich hoffe mal, dass der Reiz des Wettbewerbs Frische in den Kopf bringt." Nach dem Motto: Wenn ich die Spieler schon nicht motivieren kann, dann hoffentlich die Champions-League-Hymne. Salihamidzic beschwichtigte am Montagnachmittag: "Das macht den Trainer aus, dass er seine Emotionen zeigt und auch mal sauer ist. Diese Emotionen verlangt er auch von seinen Spielern. Ich freue mich, wenn ich ihn so emotional sehe." Für Matthäus war der Wutausbruch ein Zeichen: "Man sieht, wie groß der Druck auf Julian ist."

Was ein Aus gegen PSG für ihn bedeuten würde? Trotz des Fünfjahresvertrages und aller Beteuerungen seitens der Vereinsspitze, sich mit Nagelsmann Kontinuität zu versprechen, wird dann auch sein Wirken durchleuchtet. Paris ist das Nadelöhr des Klubs - und womöglich Nagelsmanns Schicksal.