Klare Worte von Bogens Trainer Andreas Wagner

"Mit Hacke, Spitze, eins-zwei-drei werden wir die Bayernliga nicht halten"


Andreas Wagner fordert von seiner Mannschaft, den Abstiegskampf anzunehmen.

Andreas Wagner fordert von seiner Mannschaft, den Abstiegskampf anzunehmen.

Andreas Wagner, Trainer des Bayernligisten TSV Bogen, über die Chancen auf den Ligaerhalt, seine Auszeit nach Saisonende und seinen Nachfolger.

Vor wenigen Wochen hat Andreas Wagner bekannt gegeben, sein Traineramt beim TSV Bogen nach dieser Saison abzugeben. Im Interview mit unserer Zeitung spricht er über diese Entscheidung, seinen Nachfolger Sepp Beller und das kommende halbe Jahr, in dem es für ihn und seine Mannschaft allein darum geht, die Klasse zu halten.

Herr Wagner, zum Jahresabschluss hat Ihre Mannschaft in Hankofen mit 1:3 verloren. Wie bitter ist es, mit einer Derbyniederlage in die Winterpause zu gehen?
Andreas Wagner: Das ist natürlich alles andere als wünschenswert. Durch die vorangegangenen beiden Siege sind wir eigentlich mit dem notwendigen Selbstbewusstsein an die Sache rangegangen. Mir ist in diesem Spiel klar geworden, dass noch nicht jedem meiner Spieler bewusst ist, dass wir uns tatsächlich mitten im Abstiegskampf befinden. Nur so kann ich mir einen derart leidenschaftslosen Auftritt erklären. Deshalb nagt diese Niederlage auch heute noch an mir.

Ihre Mannschaft überwintert gerade einmal einen Zähler über den Relegationsplätzen. Wie sehen Sie die Gesamtsituation?
Wagner: Die Vorrunde war von unserer Seite mit vielen Problemen bestückt. Im September oder Oktober hatten wir teilweise elf verletzte Kaderspieler. Dazu kam die Torhüterproblematik, unser Stammkeeper konnte nur acht Spiele über die volle Distanz spielen. Unser Torwarttrainer musste zweimal aushelfen, und mit Udo Tolksdorf stand sogar einmal ein Feldspieler zwischen den Pfosten. Wir waren wirklich gebeutelt vom Verletzungpech. Von daher sind wir erst einmal froh, dass wir über dem Strich Weihnachten feiern können. Dennoch befinden wir uns in einer sehr gefährlichen Situation, wir sind knallhart im Abstiegskampf. Ich sehe die Gefahr, dass noch nicht alle Spieler kapiert haben, dass das tatsächlich so ist, weil man auch im Umfeld immer hört, dass man sich aufgrund der Qualität ja keine Sorgen machen müsse. Ich hoffe, dass die Niederlage in Hankofen zumindest ein Gutes hat und es ein Augenöffner für alle Beteiligten war.

Wenn man von den letzten zwölf Spielen gerade einmal drei Unentschieden holt und nur gegen die beiden Letzten der Tabelle gewinnt, kann man sich das sicher nicht nur mit der Verletztensituation erklären...
Wagner: Das stimmt! Es wurden sicher Fehler gemacht. Ich will mich da auch nicht ausnehmen und würde im Nachhinein die eine oder andere Entscheidung vielleicht auch anders fällen. Wir haben in dieser Phase viele Punkte auch durch brutale individuelle Fehler verloren. Ich bin mir sicher, dass wir trotz der Verletztenmisere sechs bis acht Punkte mehr haben müssten. Wenn wir diese Fehler nicht abstellen, dann wird es auch in der Rückrunde schwer. Tatsache ist auch, dass wir ein Stück weit die Schießbude der Liga sind. Ganz im Gegensatz zum letzten Jahr, wo wir uns über die Defensivarbeit definiert hatten. Wir haben einen Schnitt von zwei Gegentoren pro Spiel, das ist natürlich viel zu viel, um in dieser Liga entsprechend punkten zu können.

Was stimmt Sie positiv im Hinblick auf die Rückrunde?
Wagner: Ich bin vom Kader und den einzelnen Spielern überzeugt und glaube fest, dass wir die Liga halten werden. Es ist ein altes, ehernes Gesetz, dass ein Konkurrenzkampf die Mannschaft belebt. Den hatten wir über 85 Prozent der Hinrunde nicht, da hat sich die Mannschaft Woche für Woche fast von alleine aufgestellt. Das wird sich in der Rückrunde ändern, dann kann man auch im Training ganz anders, intensiver und besser arbeiten. Das wird sich auf dem Platz hoffentlich auch wieder auszahlen.

Sie werden Ihr Traineramt nach der Saison abgeben. Wann reifte die Entscheidung in Ihnen?
Wagner: Die ganz engen Freunde wissen das schon seit über einem halben Jahr. Für den Insider war das sicher keine Überraschung mehr. Ich habe für mich selbst frühzeitig beschlossen, nach zehn Trainerjahren einfach einmal eine Zäsur zu machen und anderen Dingen im Leben, beruflich wie privat, eine höhere Priorität zu schenken. Ich sage nicht, dass ich nie mehr als Trainer arbeite, das wäre mit 38 Jahren ein bisschen zu früh. Aber ich will jetzt ganz bewusst einmal eine Pause einlegen.

Die frühzeitige Klarheit hat man genutzt, um sich mit Sepp Beller den besten verfügbaren Trainer auf dem Markt zu schnappen. Warum ist er genau der Richtige für den TSV Bogen?
Wagner: Sepp Beller ist aus der Region, wohnt keine zehn Autominuten von Bogen entfernt. Was er an sportlichen Erfolgen vorzuweisen hat, muss man nicht extra erwähnen. Er ist in Sachen Trainer einfach der Name schlechthin in unserer Region. Wir mussten nicht lange überlegen, wer Nachfolger werden soll. Wir sind vielmehr stolz darauf, dass uns Sepp Beller, ohne lange zu überlegen, seine Zusage gegeben hat.

Wagner: "Ich bin noch nicht fertig!"

Sepp Beller kommt aus einer Trainerpause, Sie gehen nach der Saison in eine Trainerpause. Wie blicken Sie auf die bis heute neuneinhalb Jahre Trainertätigkeit zurück?
Wagner: Ich möchte ganz klar sagen: Ich bin noch nicht fertig! (lacht) Deshalb kann man aktuell auch nur teilweise einen Blick auf diese Zeit werfen. Bei mir war es so, dass es die ersten neun Saisons immer nur bergauf ging. Ich habe drei Aufstiege mitgemacht und mit meinen Mannschaften immer Top-Fünf-Platzierungen belegt. Heuer läuft es ein ein wenig anders, ich befinde mich als Trainer das erste Mal knallhart im Abstiegskampf und sehe es als große Herausforderung, auch das entsprechend zu meistern.

Haben Sie durch die neue Situation in dieser Saison irgendetwas an Ihrer Arbeitsweise geändert?
Wagner: Es gibt auch etliche Spieler in meiner Mannschaft, die eine solche Situation noch nicht miterlebt haben. Aber bis dato habe ich meinen Stil nicht geändert. Dennoch wird es für mich auf jeden Fall eine andere Aufgabe sein. Ich glaube, dass im Abstiegskampf einfach die Grundtugenden gefordert sind. Die Mentalität, den Abstiegskampf annehmen zu wollen, ist am Ende wichtiger als die Qualität eines einzelnen Spielers. Ich werde in den kommenden Monaten verstärkt darauf schauen, dass der Wille, der Ehrgeiz und die Laufbereitschaft mehr in den Vordergrund rücken. Denn nur mit Hacke, Spitze, eins-zwei-drei werden wir die Bayernliga nicht halten können.

Sie haben sowohl im Nachwuchsbereich als auch im Herrenbereich trainiert. Sehen Sie da in der Trainerarbeit Unterschiede?
Wagner: In meinem Fall eher unwesentliche. Ich habe bei der U19 des SSV Jahn ja eigentlich auch schon mit jungen Erwachsenen gearbeitet. Das ist sicher noch etwas anderes, als wenn man 14-Jährige trainiert. Aber natürlich kann man mit Seniorenspielern etwas anders umgehen, sie auch einmal härter anpacken in der Ansprache. Das ist vielleicht der größte Unterschied.

Gab es bis jetzt einen besonders schönen Moment, der Ihnen von der Arbeit als Trainer in Erinnerung geblieben ist?
Wagner: Jede Zeit hatte irgendwo ihren eigenen Reiz. Mit den drei Aufstiegen in Folge ist es bei mir in Steinach ja irrsinnig positiv losgegangen. Die vier Jahre beim Jahn, im Nachwuchs eines Proficlubs, waren eine ganz andere Erfahrung. Da hat man auch mit deutlich besseren Fußballern zu tun. Das Comeback im Herrenbereich in Bogen war mit dem vierten Platz letzte Saison auch sehr besonders. Es erfüllt mich irgendwo auch mit Stolz, dass ich in dieser Zeit von der Kreisklasse bis zur Bayerliga eigentlich alles erleben durfte.

Ab Sommer steht für Sie erst einmal eine Pause an. Wie darf man sich das vorstellen, wenn "Stonie" Wagner kürzer tritt?
Wagner: Ich werde ja für den TSV Bogen weiterhin als Sportlicher Leiter fungieren. Wer mich kennt, der weiß, dass ich das nicht vom Büro aus mache, sondern auch hier die entsprechende Präsenz zeigen werde. Zusammen mit Sepp Beller werde ich die Kaderplanung in Angriff nehmen. Aber so erfolgreich die Zeit als Trainer auch war in den neuneinhalb Jahren, musste ich auch die Schattenseiten des Ganzen erleben. Ich war kaum zu Hause, habe vielleicht auch deshalb eine langjährige Beziehung verloren. Mit Ende 30 stellt sich für mich auch beruflich die Frage, ob man immer das Gleiche machen möchte, oder da auch einmal einen Aufstieg anstrebt. Das sind Aufgaben, denen ich positiv entgegenblicke. Zugleich will ich mich aber auch als Fußballtrainer ein Stück weit fortbilden und weiterentwickeln.

Wie lange soll Ihre Auszeit dauern?
Wagner: Das ist jetzt erst einmal eine Entscheidung für eine Saison. Ich sage immer: Ich will nicht als Fußball-Depp sterben, es gibt auch noch andere Dinge im Leben. Sollte ich nach einem Jahr glauben, dass ich es ohne Trainertätigkeit nicht aushalte, dann wird sich für mich hoffentlich etwas entsprechendes finden. Aber vielleicht ist es auch anders und ich denke mir nach einem Jahr: Wie konnte ich so blöd sein und zehn Jahre als Trainer arbeiten? Dann habe ich die geistige wie finanzielle Freiheit, auch länger Pause zu machen. Das lasse ich völlig offen.