Süle, Gnabry und Kimmich

Löws Umbruch: Deutschlands neue Bayern-Achse


Wichtige Säulen in der neuen Nationalmannschaft von Bundestrainer Joachim Löw: Die Bayern-Spieler (v.l.) Niklas Süle, Serge Gnabry und Joshua Kimmich.

Wichtige Säulen in der neuen Nationalmannschaft von Bundestrainer Joachim Löw: Die Bayern-Spieler (v.l.) Niklas Süle, Serge Gnabry und Joshua Kimmich.

Von Anne Hund / Stadtviertel

Bundestrainer Joachim Löw setzt seinen Jugendstil fort - und wird dafür belohnt. Süle, Kimmich und Gnabry stehen für das Team der Zukunft. "Es sind Spieler, die dauerhaft das Gerüst bilden können."

München - Manchmal genügen 45 Minuten Klasse-Fußball, um schon wieder ganz große Träume zuzulassen. Für Joachim Löw, den Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft, war der Donnerstagabend in Leipzig ein solcher Auslöser. Nach dem 3:0 im Test gegen die - zugegeben: sehr schwachen - Russen wirkte Löw nicht mehr wie der angeschlagene Mann, der die Schuld des WM-Desasters auf sich genommen hatte, der dabei war, sein eigenes Denkmal einzureißen. (Lesen Sie hier die Einzelkritik zum Russland-Spiel)

Nein, Löw saß da in den Katakomben des Stadions, lässig, entspannt und sprach tatsächlich vom Ziel EM-Titel 2020. Man müsse nun einen "guten Mix" aus älteren und jüngeren Spielern hinbekommen und dann, ja dann, "sind wir 2020 auch wieder gefordert, da wollen wir ein gutes Turnier spielen und vielleicht um den Titel mitspielen", sagte Löw. (Lesen Sie auch: Sind das die Zukunftsbayern?)

Oha! Da musste vorher einiges passiert sein. Es war ein verheißungsvoller Blick in die Zukunft, den Löw den Zuschauern in der nicht ausverkauften Arena (Joshua Kimmich: "Ich dachte schon, wir sind im Hallenbad, mit den blauen Sitzen.") gewährt hatte.

Joachim Löw hat sich ein Stück weit neu erfunden

Nach der wirklich tollen ersten Halbzeit mit drei Toren von Leroy Sané, Niklas Süle und Serge Gnabry und schnellem Offensivspiel verwaltete die DFB-Elf den Vorsprung in der zweiten Hälfte nur noch, Russland kam zu Chancen, Löw erkannte "wieder etwas Kuddelmuddel".

Der Gesamteindruck war aber dieser: Löw hat sich ein Stück weit neu erfunden - mit der Dreierkette in der Abwehr etwa sowie dem Turbo-Angriff Sané, Gnabry und Timo Werner. Und: Er geht den alternativlosen Weg des Umbruchs nun konsequent. "Es sind Spieler, die sich lange kennen und dauerhaft das Gerüst bilden können", sagte Löw über die Jungstars um Kimmich oder den starken Spielmacher Kai Havertz, die im Nationalteam immer wichtiger werden - und die die Weltmeister von 2014 allmählich verdrängen.

Einzig Manuel Neuer, mit 32 Jahren der Herbergsvater im Team, und Matthias Ginter gehörten aus der Russland-Startelf schon vor mehr als vier Jahren zum Weltmeister-Kader. Löws Verjüngungskur. "Das sind alles gestandene Spieler, die spielen bei Topvereinen, auch international", sagte Kapitän Neuer: "Jeder junge Spieler ist sehr hungrig. Das ist sehr positiv, sie haben viel Potenzial, darauf können wir aufbauen."

Die alte Achse des FC Bayern, die aus Neuer, Mats Hummels, Jérôme Boateng sowie Thomas Müller bestand (dazu Real-Star Toni Kroos) verwandelt sich gerade in eine neue Bayern-Achse: Neuer wird als Torwart Nummer eins weiter zum Stamm gehören, in der Abwehr allerdings ist Süle (23) der Boss der Zukunft.

Boateng und Hummels müssen um ihren Platz bangen

Boateng, der diesmal gar nicht nominiert war, und Hummels, der 90 Minuten auf der Bank saß, müssen um ihren Platz bangen.

Im Mittelfeld gibt es ebenfalls Verschiebungen. Kimmich wird immer mehr zum Leader, auch Leon Goretzka, der zu einem Kurzeinsatz kam, soll für den Neuanfang stehen. Ein Verlierer des Umbruchs ist Thomas Müller. Laut Löw verhalte sich der Münchner zwar wie Hummels "wahnsinnig professionell" und gehe "voran".

Eine tragende Rolle ist für Müller aber wohl nicht mehr vorgesehen - eher eine, die Lukas Podolski jahrelang ausfüllte. Löw hat andere Kreativlinge gefunden, "kleine Mopeds", wie Süle über Gnabry, Sané und Co. sagt. Auch Dortmunds Marco Reus (29) gehört dazu.

Und so ist durchaus wieder ein optimistischer Blick in die Zukunft erlaubt, unabhängig davon, dass die Nations League, die mit der Partie gegen die Niederlande am Montag abgeschlossen wird, enttäuschend verlaufen ist. Löw denkt schon an die EM 2020. Und er scheint einen Plan zu haben.

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