Oberliga Süd
Christian Sommerer: der neue Eisbären-Dirigent
12. Februar 2018, 15:33 Uhr aktualisiert am 12. Februar 2018, 15:33 Uhr
Christian Sommerer war bislang beruflich vor allem in der Musikbranche tätig. Nun soll er beim Eishockey-Club Eisbären Regensburg Strukturen schaffen und für eine positive Zukunft sorgen.
Der 15. Mai 1994 - dieser Tag hat sich im Gedächtnis von Christian Sommerer eingebrannt. Die New York Rangers spielen gegen die New Jersey Devils im Finale der Eastern Conference in den Playoffs der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Es ist das erste Eishockey-Spiel, das Sommerer, zu dieser Zeit als Jazz-Student in New York, live im Stadion sieht. Die Rangers verlieren zwar das Spiel mit 3:4, gewinnen aber die dramatische Serie, ziehen ins Endspiel der NHL ein und holen sich später den Stanley Cup durch einen knappen 3:2-Sieg im siebten Spiel gegen die Vancouver Canucks. Sommerer hat alle Spiele live verfolgt und die Liebe zum Eishockey war entfacht.
Bis zu diesen Spielen hatte sich Sommerer für den Sport im Allgemeinen und das Eishockey im Speziellen eigentlich gar nicht interessiert. Seine Leidenschaft galt der Musik. Doch durch diesen Erfolg, als Sommerer hautnah erlebte, wie "eine Stadt kollektiv ausrastete" konnte er sich fortan auch für die schnellste Mannschaftssportart der Welt begeistern. "Das war prägend und der Sport hat mich danach nicht mehr losgelassen", erzählt er. Der gebürtige Regensburger musste es also nach New York reisen, um vom Eishockey-Virus infiziert zu werden.
1995 war Sommerer auch erstmals beim EVR - an der Nibelungenbrücke gegen die Bietigheim Steelers. Ab 2001 war er Gesellschafter der damaligen Eisbären-GmbH - und erlebte den Konkurs 2008 hautnah mit. "Das war sehr schlimm und hat bei mir noch jahrelang nachgewirkt. Ich habe mich ein paar Jahre mit Eishockey gar nicht mehr beschäftigt, sondern nur noch Musik gemacht", blickt er zurück.
"Es lässt einen halt doch nicht los"
In den vergangenen Jahren schaute sich Sommerer Eishockey bei den New York Rangers und beim schwedischen Verein Lulea Hockey an, bei beiden Clubs besitzt oder besaß er eine Dauerkarte. Als im vergangenen Frühjahr die neue Eisbären-GmbH gegründet worden ist, war Sommerer nach einiger Zeit des Überlegens doch wieder mit an Bord. "Es lässt einen halt doch nicht los, wenn man diesen Sport einfach liebt", so seine Begründung.
Nun also wieder Regensburg - und zwar intensiver als zunächst gedacht. Denn seit November ist Sommerer nicht nur Gesellschafter sondern auch Geschäftsführer bei den Eisbären - nachdem das Kapitel mit Stefan Liebergesell schon nach wenigen Monaten beendet worden ist. Als er gefragt wurde, habe er gar nicht viel überlegt, sondern es einfach gemacht, erzählt Sommerer.
Seine Arbeit in der Musikbranche - Sommerer betreut mit seiner Firma weltweit Jazz-Orchester und Big-Bands - hilft ihm in seiner neuen Tätigkeit. "Ob man einen Spieltag oder ein Konzert vermarktet, das ist relativ ähnlich", vergleicht Sommerer. Es gehe jeweils um Marketing und Organisation. Die Abläufe seien vergleichbar und in vielen Punkten sei es "gleich chaotisch". Die Geschäftsstelle eines Eishockey-Vereins vergleicht Sommerer mit einem künstlerisch-technischen Betriebsbüro in der Musik-Branche: "Es geht jeweils darum, rund 20 Individualisten zu betreuen." Die Mechanismen seien ähnlich. "Wenn ein Team oder im Orchester etwas nicht funktioniert, dann sind die Gründe meistens dieselben", so Sommerer.
Die ersten Monate in neuer Funktion waren laut Sommerer zwar stressig, sie hätten ihm aber vor allem auch wahnsinnig viel Spaß gemacht. Als erstes musste er sich ins Tagesgeschäft einarbeiten, die Strukturen und Leute kennenlernen. Weil von fünf Tagen nur einer wie geplant verlaufe und normalerweise immer neue Aufgaben warten, müsse man immer auch einen Plan B und meist auch noch einen Plan C in der Tasche haben.
Für die Situation in dieser Saison mit dem Chaos im Umfeld und Platz sieben in der Tabelle kann Sommerer nichts und dennoch muss er nun schauen, dass er das Schiff wieder in die richtige Richtung lenkt. Er ist der Meinung, dass die Fehler, die zur aktuellen Lage geführt haben, bereits im Frühjahr bei der Übergabe der GmbH gemacht worden sind. Man musste sich um die Lizenzierung kümmern und war spät dran, später stand man zunächst ohne Trainer und Mannschaft da und auch die Strukturen in der Geschäftsstelle waren nicht vorhanden. Sommerer glaubt, dass die Situation auch ein Stück weit unterschätzt worden ist.
Sportlich neu ausrichten und Strukturen schaffen
Eine der ersten Amtshandlungen Sommerers war eine sportliche Neuausrichtung. Trainer Peppi Heiß musste mit dem Ablauf der Hauptrunde gehen und Igor Pavlov übernahm. Dazu wurde DNL-Trainer Stefan Schnabl als Sportlicher Leiter installiert. Auch ein Zeichen, dass die Profiabteilung und der Stammverein wieder enger zusammenrücken. Zwischendurch herrschte eine Eiszeit zwischen den beiden Seiten. "Diese wollten wir unbedingt wieder durchbrechen", betont Sommerer. "Wir können nicht ohne den Hauptverein und der Hauptverein kann nicht ohne eine funktionierende Profiabteilung. Das Regensburger Eishockey funktioniert nur, wenn beide Seiten zusammenarbeiten."
Warum der Kontakt zwischenzeitlich kaum vorhanden war? "Ich denke, es war von meinem Vorgänger nicht gewollt", sagt Sommerer. Das sei nun wieder vorbei und zuletzt halfen auch wieder DNL-Spieler fleißig beim verletzungsgeplagten Oberligisten aus. "Und wenn dann, wie zuletzt, mit Filip Reisnecker ein 16-Jähriger aus unserem Nachwuchs in der Oberliga ein Tor schießt, dann ist das doch einfach geil", freut sich Sommerer, dass die Zusammenarbeit wieder besser läuft.
Die Planungen für die neue Saison laufen bereits, auch wenn Sommerer die Mannschaft für die aktuelle Saison noch nicht aufgegeben hat. Igor Pavolov, unter dem laut Sommerer "deutlich mehr Zug im Training" ist, und Stefan Schnabl werden den Kader für die kommende Saison zusammenstellen. Sommerer vertritt die Ansicht, dass er sich als Geschäftsführer nicht in die sportlichen Belange einmischen sollte.
Hauptaufgabe: Strukturen schaffen
Aber auch abseits des Eises tut sich einiges. Als Sommerer Ende November das Ruder übernommen hatte, waren zwar schon Grundstrukturen vorhanden, "wirklich funktioniert" habe es allerdings noch nicht. Die Mitarbeiter, die auch jetzt noch da sind, hätten den Laden in der Übergangsphase überhaupt am Laufen gehalten.
Deshalb verwundert es nicht, dass die Hauptaufgabe Sommerers in Zukunft sein wird, Strukturen zu schaffen. "Es muss sich alles professionalisieren, die Strukturen müssen sauber und solide wachsen und wir müssen uns breit aufstellen", sagt Sommerer. Das Ziel sei, dass Strukturen entstehen, die unabhängig von personellen Wechseln funktionieren. In der Regensburger Eishockey-Geschichte sei es nämlich immer wieder vorgekommen, dass alle paar Jahre die komplette Führung gewechselt wurde und man in der Folge wieder von vorne anfangen musste. "Das wirft dich immer zwei, drei Jahre zurück", sagt Sommerer und fordert für die Zukunft mehr Weitblick.
Harakiri Aktionen werde es unter ihm nicht geben. "Du kannst den sportlichen Erfolg nicht erzwingen oder erkaufen - das endet immer in einem Desaster", so seine Überzeugung. Deshalb will Sommerer Ruhe und Beständigkeit in den Verein bringen, mit Bedacht agieren. "Wenn die Strukturen stimmen, dann ist auch die Grundlage für sportlichen Erfolg geschaffen", sagt er.
Damit Ruhe in den Verein kommt, wurde auch beschlossen, dass Sommerer nicht nur interimsmäßig, wie zunächst angedacht, sondern erst einmal auf unbestimmte Zeit die Geschäfte führt. Schließlich will man nicht innerhalb eines Jahres den vierten Geschäftsführer präsentieren und damit ein weiteres Mal neu anfangen. In seinem eigentlichen Job habe er mehr Aufgaben an seine Mitarbeiter übergeben. Er werde zwar weiter auch Musik machen, sein Fokus liege aktuell aber erst einmal auf dem Eishockey. "Wenn dann irgendwann die Strukturen stehen und wir ein gutes Gefühl haben, dann kann es auch sein, dass wir uns für den Posten wieder jemanden suchen. Und dann mache ich eben wieder Musik", sagt Sommerer und lacht.