Büchertipps

Regensburg feiert Johannes Keplers 450. Geburtstag


Johannes Kepler

Johannes Kepler

Johannes Kepler war ein bedeutender Mathematiker, Astronom und Physiker zu Beginn der frühen Neuzeit, der mit zeitgenössischen Wissenschaftskollegen wie Galileo Galilei die Beobachtung und den Beweisbefund ins Zentrum naturwissenschaftlichen Strebens stellte.

Das war eine wesentliche Neuerung in der Weltgeschichte, die zusammen mit den Weltumseglungen der Entdecker und der permanenten Verbesserung des Buchdrucks das Ende der mittelalterlichen Welt bedeutete.Zugleich gilt die Medienrevolution des Buchdrucks als Brandbeschleuniger für die Hass säende religiöse Spaltung ihrer Zeit. Beide christlichen Kirchenströmungen wiederum bekämpften die neuen wissenschaftlichen Befunde, wenn die in ihr theologisches Welterklärungssystem eingriffen. Besonders umstritten: das sogenannte heliozentrische Weltbild, also die Erkenntnis, dass alle Planeten inklusive Erde sich um die Sonne drehen.

Zwar ließ sich das damals schon ganz anschaulich beweisen, aber die durch Fernrohr und Mathematik verifizierbare Theorie verstieß gegen biblische Glaubensgrundsätze.Kepler wurde am 27. Dezember 1571, vor nun bald 450 Jahren, in Weil der Stadt geboren, eine damals Freie Reichsstadt, die heute im Bereich des S-Bahn-Netzes von Stuttgart liegt. Gestorben ist er am 15. November 1630 in Regensburg. Dort hatten er und seine Familie am Ende seines Lebens des Öfteren Aufenthalt bei guten Bekannten gefunden. Er hatte sich auf einem Reiseritt schwer erkältet und starb mit 58 Jahren in jenem Haus, in dem heute das Kepler Gedächtnishaus ist.

Dieses zeitgenössisches Gemälde zeigt Kepler

Dieses zeitgenössisches Gemälde zeigt Kepler

Kepler, einandersdenkender Anecker

Zudem gibt es in der Stadt ein Kepler Monument an der Fürst-Anselm-Allee. Und es gibt in der Stadt heuer diverse Veranstaltungen, die auf den großen Wissenschaftler hinweisen - so an diesem Mittwoch ab 19 Uhr im Runtingersaal: Da gibt es einen Büchertisch zum Thema Kepler (siehe Beispiele anbei).

Keplers Leben war spannend und vielschichtig; nicht nur, weil er einen guten Teil seines Lebens in der chaotischen Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zubringen musste. Für ihn war das Dasein immer auch ein Lavieren zwischen einander feindlich gegenüberstehenden Gruppen. So ist er - ein Anhänger der evangelischen Religion - in seinen Stationen in Graz, Prag und Linz immer wieder bei den Katholiken oder auch andersdenkenden Protestanten angeeckt.

In seinen Forschungen - neben seinen astronomischen Arbeiten beschäftigte ihn etwa die Optik oder der Aufbau und die Schönheit der Schneekristalle - befand er sich an der Nahtstelle der Moderne: zwischen sinnlich Erfahrbarem und übersinnlich Bedrohlichem.So waren Astronomen damals immer auch Astrologen, die guten Zahlern die Zukunft aus den Sternen deuteten - in seinen letzten Lebensjahren war Kepler deshalb beim äußerst abergläubischen Kriegsherrn Wallenstein angestellt. Kepler genoss auch lange den Titel eines kaiserlichen Hofmathematikers in Prag, aber Kaiser Rudolf II. hat ihn kaum bezahlt. Kepler war unter anderem auch deshalb nach Regensburg gereist, um beim dortigen Reichstag ausstehendes Gehalt einzufordern.

Info

Die Teilnahme im Runtingersaal ist kostenlos. Anmeldungen sind in der Buchhandlung am Kohlenmarkt oder per E-Mail unter Pfarramt.neupfarrkirche.r@elkb.de möglich. Weitere Veranstaltungen unter www.regensburg.de/kultur.

Drei Buchtipps

Der Astronom und die Hexe

Der Astronom und die Hexe

Der Astronom und die Hexe

Die Autorin: Ulinka Rublack, 1967 geboren, lehrt Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit am Saint John's College.

Darum geht's: Johannes Keplers Mutter Katharina wird von Nachbarn und Behörden im württembergischen Leonberg der Hexerei bezichtigt. Ein schlimmer Vorwurf in einer von Angst und Unsicherheit geprägten Gesellschaft. Der Wissenschaftler muss all sein Kennen und Können auffahren, um seine Mutter zu verteidigen - trotzdem steht es Spitz auf Knopf.

Wie erzählt wird: Ulinka Rublack berichtet Geschichte, indem sie nah an den Quellen entlang erzählt und nicht ins Spekulieren gerät. Zugleich berichtet sie in verschiedenen Schichten von den jeweiligen Zeitumständen, die für das Verständnis von Katharina Keplers Hexenprozess notwendig sind.

Ein zentraler Satz: "Kepler vertrat die Ansicht, dass weder die Sterne noch die Vererbung eine Persönlichkeit vollständig bestimmten. Soziale Faktoren, das biologische Geschlecht und individuelle moralische Entscheidungen waren der Schlüsse, um zu erklären, wie es zur Anklage gegen seine Mutter gekommen sei."

Das Buch: Klett-Cotta Taschenbuch, 409 Seiten, 12 Euro.

Nachts unter der steinernen Brücke

Nachts unter der steinernen Brücke

Nachts unter der steinernen Brücke

Der Autor: Leo Perutz lebte von 1882 bis 1957. Sein Werk umfasst zahlreiche Romane und Erzählungen; darin ging es oft um historische Stoffe.

Darum geht's: Prag an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Die Zeiten sind schlecht, es herrschen Hunger und Krankheit und Geldknappheit in der kaiserlichen Hofschatulle. Eine ganze Reihe von Zeitgenossen - vom Kaiser über seinen Hofmathematiker Johannes Kepler und Adlige bis hin zum berühmten Rabbi Loew und armen und reichen Juden - leben gemeinsam in der Stadt.

Wie erzählt wird: Leo Perutz verschränkt kunstvoll in 14 anekdotenhaften Geschichten und einem Epilog einzelne Schicksale so miteinander, dass am Schluss das Bild einer Stadt entsteht, die vor allem geprägt wird durch die Menschen in ihr - und die sie beeinflussenden Schatten des Schicksals.

Ein zentraler Satz, Kepler zugeschrieben: "An den Streitigkeiten der Theologen will ich nicht teilhaben. Was ich sage, schreibe und tue, das sage schreibe und tue ich als ein der Mathematik Beflissener. Die Sache der Kirche aber lasse ich ungestört."

Das Buch: dtv, 268 Seiten, 10,90 Euro.

Das Weltgeheimnis

Das Weltgeheimnis

Das Weltgeheimnis

Der Autor: Thomas de Padova, 1965 geboren, Physiker und Astronom, Wissenschaftsredakteur und Sachbuchautor

Darum geht's: Johannes Kepler und Galileo Galilei haben sich beide "der Vermessung des Himmels" verschrieben, wie das Buch im Untertitel heißt. Dabei hatten sie trotzdem unterschiedliche Vorgehensweisen. Auch hatten sie unterschiedliche Temperamente. Kepler war mehr der Theoretiker, Galilei der Praktiker. De Padova stützt sich unter anderem auf den Briefwechsel der beiden Forscher.

Wie erzählt wird: Der Autor schneidet abwechselnd Kapitel für Kapitel die Schicksale, Ansichten und Lebensweisen seiner Protagonisten gegeneinander. So entsteht ein munterer Eindruck, wie zwei Menschen, die ungefähr dasselbe wollen, doch in vielen Dingen trotzdem völlig konträr zu einander stehen können.

Ein zentraler Satz: "In der Geschichte der Naturwissenschaften gibt es Phasen, in denen es zu einem durchgreifenden Umbau von Theorien kommt, die lange Zeit allgemein anerkannt waren. Das erste Drittel des 17. Jahrhunderts ist eine solche Periode."

Das Buch: Piper Taschenbuch, 352 Seiten, 12 Euro.