Wahlradar 2018: Jungpolitiker im Interview

Migration: Schaffen wir das und wie?


Der Wahlsonntag steht vor der Tür. Viele Menschen im Freistaat erhoffen sich von den Wahlen positive Veränderungen. Doch welche

Der Wahlsonntag steht vor der Tür. Viele Menschen im Freistaat erhoffen sich von den Wahlen positive Veränderungen. Doch welche Partei, welches Bündnis könnte die bringen? idowa verschafft Klarheit - denn bei uns müssen die Jungpolitiker aus allen Gruppierungen Klartext sprechen - kurz, knapp, auf den Punkt.

Von Redaktion idowa

Seit drei Jahren sehen sich Deutschland und der Freistaat Bayern einer großen Einwanderung aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum gegenüber. Aus Willkommenskultur und "Wir schaffen das" ist bei vielen Skepsis und Ablehnung geworden. Und tatsächlich: Die Politik hat sich nicht immer geschickt verhalten im Umgang mit der Flüchtlingssituation.

Was aber sind jetzt die Antworten? Was sollten die vornehmlichen Ziele der Migrationspolitik sein? Wir haben unsere Jungpolitiker gefragt - im idowa Wahlradar 2018.

Wahlradar 2018 - Migration: Schaffen wir das und wie?

Der Wahlsonntag steht vor der Tür. Viele Menschen im Freistaat erhoffen sich von den Wahlen positive Veränderungen. Doch welche Partei, welches Bündnis könnte die bringen? idowa verschafft Klarheit - denn bei uns müssen die Jungpolitiker aus allen Gruppierungen Klartext sprechen - kurz, knapp, auf den Punkt. Aus Willkommenskultur und "Wir schaffen das" sind bei vielen Skepsis und Ablehnung geworden. Was aber sind jetzt die Antworten? Was sollten die vornehmlichen Ziele der Migrationspolitik sein? Wir haben nachgefragt!

Marina Triebswetter

Die Jungpolitiker schriftlich im Wortlaut



David Berends (Junge Liberale, FDP):



Stefan Karl: Ein Thema, an dem wir nicht vorbeikommen, es zieht tiefe Gräben durch die Gesellschaft. Dort scheint es nur noch Extreme zu geben. Zwischen diesen verhärteten Fronten sind die Geflüchteten selbst, mit einer teilweise trüben Zukunft. Wie schaffen wir die Herausforderung, die die Migration an uns stellt?

David Berends: Die schaffen wir dadurch, dass wir nicht noch mehr Steine in den Weg legen. Man muss a) den Leuten vermitteln, dass es keine Gefahr ist, wenn neue Menschen zu uns kommen. Aber das bedeutet auch, dass man den Leuten vermitteln muss, dass die Regierung die ganze Sache in der Hand hat, was eben eine lange Zeit nicht der Fall war. B) bedeutet das, dass man Perspektiven schaffen muss, dass man den Leuten klar sagen muss: Gut, ihr habt hier Asyl oder ihr seid hier als Flüchtling anerkannt. Das bedeutet aber, dass, sobald die Situation sich entschärft, ihr wieder zurück müsst. Das bedeutet aber auch, dass wir einen dritten Weg gehen müssen, der momentan komplett vergessen wird: Das ist der Weg der Einwanderung. Wenn ich jetzt jemanden hier habe, der als Flüchtling hier hin kommt, sich als Bäckermeister, als Metzgermeister oder so etwas ausbilden lässt und wirklich eine gute Arbeit leistet und auch in die Kassen einzahlt, und unserem Fachkräftemangel sogar noch entgegenwirken kann - gerade dann gilt es doch, den hierzubehalten.

Marius Brey (linksjugend ['solid], Die Linke)

Isabel Klingseisen: Die Linken sind gegen Abschiebungen und für den Familiennachzug. Allgemein: Wie wollen die Linken die Asylpolitik gestalten?

Marius Brey: Wir wollen eine Asylpolitik, die sowohl menschlich wie auch rational nachvollziehbar ist. Weil im Grunde ist sie das in Bayern und in Deutschland nicht mehr. Es kommen jeden Tag so etwa fünf Flüchtlinge nach Deutschland. Gleichzeitig rüstet die CSU die bayerischen Grenzen auf mit einer eigenen Grenzpolizei, 500 Mann stark, davon werden 250 einfach woanders abgezogen, was dann für Sicherheit sorgen soll. Wir wollen eine Politik, die jeden Menschen mitnimmt, ganz gleich, woher er kommt. Eigentlich hat der Freistaat zu Beginn eine Sache ganz richtig gemacht, nämlich mit der "Zwei-Plus-Drei-Regelung", dass man gesagt hat: Die Menschen dürfen eine Ausbildung machen und dann drei Jahre lang bleiben. Die Wirtschaft hat dann ganz viel Geld in die Hand genommen und hat die Menschen ausgebildet, hat sich verarscht gefühlt, als die Leute dann trotzdem abgeschoben wurden. Eigentlich können wir sowohl aus wirtschaftlicher Sicht wie auch kulturell betrachtet wahnsinnig von den Menschen profitieren. Das sieht auch die Mehrheit der Menschen in Bayern und in Deutschland so und genau für die Menschen wollen wir uns einsetzen.

Paul Linsmaier, (Junge Union, CSU)

Stefan Karl: Die CSU hat die Migrationspolitik der vergangenen Jahre mitgetragen, natürlich zuweilen unter Kritik und auch unter Protest. Wie geht's in den kommenden Jahren weiter und was für Antworten hat die CSU, die andere Parteien rechts von der CSU nicht anbieten können?

Paul Linsmaier: Für uns ist entscheidend: Wir haben immer das große Ganze im Blick. Es sind zwei Dinge notwendig: Einerseits muss der Staat immer in der Lage sein, Herr über seine eigenen Grenzen zu sein und in der Lage zu sein [zu wissen,] wer im Land ist, welchen Status derjenige hat und wir haben gerade in Bayern und insbesondere in Niederbayern bewiesen, dass wir mit diesen Herausforderungen auch auf der menschlichen Seite sehr gut umgehen können. Ich komme selber aus Deggendorf, das war ein Riesen-Thema in Passau, an den Grenzübergängen - also, ich glaube, wir haben da schon eine gute Arbeit geleistet, da ist von anderen nichts gekommen, während wir gearbeitet haben. Auf der anderen Seite haben wir aber auch die europäische Lösung im Blick. Es kann in dieser Frage nur eine gemeinsame Lösung geben. Wir sind mitten in Europa das stärkste Land und da brauchen wir eine gemeinsame Antwort. Das rein nationale Denken ist zu einfach gedacht.

Felix Locke (Junge Freie Wähler, Freie Wähler)

Stefan Karl: Irgendwo zwischen Überfremdungsangst und Willkommenskultur muss sich jede Partei positionieren. Wo finden sich die Freien Wähler da?

Felix Locke: Hier muss man unterscheiden zwischen Asylpolitik und Migration, also Einwanderung. Asylpolitik - da gibt's für uns überhaupt keinen Grund, dran zu wackeln. Wer politisch verfolgt wird, wem Gefängnis oder sogar Tod droht, der hat hier für die Dauer des Krieges oder dieser politischen Verfolgung, ein Bleiberecht. Hier müssen einfach nur das geltende Recht besser ansetzen. Es ist wie im Sport: Wenn der Schiedsrichter bei einem Fußballspiel die Zügel zu locker hält, dann probieren immer mehr Spieler, brutaler zu spielen. Genau das passiert: Immer mehr Menschen versuchen hier in unser Land reinzukommen unter dem Scheinaspekt Asyl. Das wird natürlich kontrovers diskutiert und das gibt anderen Parteien eine Plattform für plumpe Propaganda. Hier wollen wir einfach, dass der Freistaat und auch das Land Deutschland einfach die geltenden Rechte und Gesetze stärker umsetzen. Das andere Thema ist Einwanderung. Hier fordern wir ein Gesetz ähnlich dem kanadischen System. Das bedeutet: Wir haben ein "Matching" - was braucht Deutschland an Arbeitern und Kräften und was bieten aktuell einwanderungswillige Bürgerinnen und Bürger. Nur mal ganz grob gesagt, in der Realität ist es komplizierter. So schaut man: Okay, wir haben Fachkräftemangel in der IT, wir haben hier Menschen aus anderen Ländern, die IT-Spezialisten sind - die können gerne kommen, unter der Prämisse, sie wollen sich integrieren und wollen nicht unseren Staat nur ausnutzen.

Marlene Schönberger (Grüne Jugend, Bündnis '90 Die Grünen)

Isabel Klingseisen: Laut Wahlkampfslogan sind sie "grenzenlos solidarisch". Das bedeutet: Sie sind auch klar gegen Abschiebungen, gegen Ankerzentren und kritisieren auch den Kurs der CSU stark. Wie wollen Sie eine Asylpolitik in Bayern und in Deutschland gestalten?

Marlene Schönberger: Wir wollen Menschlichkeit in den Vordergrund stellen anstatt Angst und Hetze, wie es zurzeit oft passiert. Wir wollen wieder hin zu dezentraler Unterbringung. Wir möchten, dass Geflüchtete in Deutschland vom ersten Tag an Deutschkurse bekommen. Wir möchten, dass sie in die Schule gehen können, dass sie arbeiten gehen können, dass sie Zugang zur Gesundheitsversorgung haben. Es ist wichtig, dass Geflüchtete nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden - wir möchten sie an unserer Gesellschaft teilhaben lassen.

Benjamin Nolte (Junge Alternative, AfD)

Andreas Seidl: Wie ist denn Ihre Position zur Migration. Welche Aufgaben sehen Sie hier und wie wollen Sie das lösen?

Benjamin Nolte: Zum Thema Migration und Zuwanderung: So viel wie nötig. Es ist klar, wir können nicht sämtlichen Menschen den Weg nach Deutschland verbauen, die sich eine Zukunft aufbauen wollen. Armutsmigration und Asylmissbrauch brauchen wir nicht, dazu sagen wir ganz klar: Nein.

Andreas Seidl: Über Sie persönlich ist in diesem Zusammenhang zu lesen, dass Sie eine Verbindung zu [Münchner] Studentenverbindung Danubia haben. Diese wird vom Verfassungsschutz beobachtet, ist das richtig?

Benjamin Nolte: Es ist so, dass sie als Verdachtsfall in diesen Berichten geführt wird.

Andreas Seidl: Über Sie sind noch ein paar andere Dinge zu lesen im Netz. Beispielsweise, dass Sie ein dunkelhäutiges Mitglied einer anderen Studentenverbindung mit einer Banane begrüßt hätten

Benjamin Nolte: Das ist nicht zutreffend. Dieses dunkelhäutige Mitglied hat diese Banane nie gesehen. Es war ein Bekannter dieses dunkelhäutigen Mitglieds, der mir auch im positiven Sinne bekannt war, und es war einfach ein Scherz aus einer Bierlaune heraus. Und ich denke, wir haben in diesem Land wichtigere Probleme, als uns über zehn Jahre alte Studentenscherze zu unterhalten.

Marvin Kliem (Jungsozialisten, SPD)

Stefan Karl: Was ist der Plan der SPD, wie mit den neuen Menschen zu verfahren und dabei für gesellschaftliche Akzeptanz zu sorgen?

Marvin Kliem: Generell ist die Ansage: Die bayerische Sozialdemokratie kämpft dafür, dass Bayern ein weltoffenes und tolerantes Land ist. Wir als bayerische SPD wollen in Bayern ein Integrations- und Partizipationsgesetz schaffen, wo wir festlegen, dass die Geflüchteten, die zu uns gekommen sind in Arbeit kommen, in Ausbildung kommen, denn für uns ist der Schlüssel zur Integration Arbeit und Ausbildung, da müssen wir was machen. Und das nächste ist natürlich, dass wir mehr Bildung an den Schulen und mehr Sensibilisierung für diese Thematik machen müssen, mehr Demokratie-Bildung an den Schulen, um zu zeigen: Die Menschen, die zu uns kommen, sind aus Krieg und Zerstörung fliehen, wir müssen mit diesen Menschen jetzt umgehen, wir müssen die Menschen bei uns integrieren, das ist das A und O und nicht irgendwelche Parolen rausschreien.